Landkreis Rosenheim – Den Landwirten in der Region reicht es. Seit Wochenbeginn machen sie ihrem Ärger über die Bundesregierung Luft. Grund dafür sind von der Ampel-Koalition beschlossene Streichungen steuerlicher Vorteile für Landwirte. Neben einer großen Protestaktion in München gab es auch Fahrten mit Plakaten und Hupkonzerten in der Region. Doch nicht nur Traktoren waren unterwegs, ebenso Lastwagen. Auch die Transport- und Logistikbranche ist mit der aktuellen Regierung unzufrieden und will die Landwirte unterstützen. Aber nicht nur das: Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) sowie der Landesverband bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT) rufen zu einer Lkw-Protestaktion auf. Heute ist dazu von 11.30 Uhr bis 13.30 Uhr eine Kundgebung auf der Münchner Theresienwiese geplant. LBT erwartet allein dort rund 800 Lkw.
Mehrere Gruppen kommen zusammen
Auch Unternehmen aus der Region nehmen teil. So etwa die Firma Dettendorfer aus Nußdorf, wie Georg Dettendorfer von der Geschäftsleitung auf OVB-Nachfrage mitteilt. „Wir werden da mit ein paar Lastwagen hochfahren.“ Ebenso die Firma Huber Kran in Bad Feilnbach. Geschäftsführer Markus Huber plant hier allerdings Größeres.
Wie er berichtet, habe er sich auch in den vergangenen Tagen an Aktionen beteiligt, um die Landwirte zu unterstützen. Dabei haben sich einzelne Gruppen zusammengeschlossen, die sich dann am heutigen Freitag um 5 Uhr an der ehemaligen Kaserne Bad Aibling treffen wollen. „Unser Ziel ist, dass wir weit über 1000 Fahrzeuge zusammenbringen, und dann die Demofahrt nach München starten“, sagt Huber. Er weist darauf hin, dass sich an der Fahrt von Bad Aibling aus jeder mit seinem Fahrzeug beteiligen könne, auch mit Traktor oder Auto.
Mitmach-Aufruf
an die Bevölkerung
„Wir haben in den vergangenen Tagen gemerkt, dass auch die Bevölkerung stark hinter uns steht“, betont Huber. „Und es wäre schön, wenn sich die Leute uns anschließen, anstatt irgendwelche unerlaubten Blockaden oder Ähnliches zu veranstalten.“
Die Forderungen der Verbände: Sie verlangen die Einhaltung der Koalitionszusage zur Vermeidung einer doppelten CO2-Bepreisung bei Maut plus Diesel und eine Verdopplung der Mautharmonisierungsprogramme auf 900 Millionen Euro. Ebenso soll die Bundesregierung mehr Geld für intakte Straßen und Brücken, Lkw-Stellplätze und verlässliche Förderprogramme für einen klimafreundlichen Straßengüterverkehr in die Hand nehmen. So heißt es in einer Pressemitteilung des BGL. „Zu diesen Problemen fanden bereits viele Gespräche mit der Politik statt“, erklärt Huber, „aber uns wird doch nicht zugehört.“ Das bekräftigt auch Georg Dettendorfer. Er fordert, dass sich dringend etwas ändern muss, und wünscht sich zudem mehr Wertschätzung gegenüber der Branche: „Während Corona waren wir die Helden, weil wir die Versorgung aufrechterhalten haben, jetzt sind wir wieder die Buhmänner, weil wir den Verkehr behindern und die Umwelt verpesten würden.“
Sieben Fahrer aus Albaching dabei
Ähnlich sieht das auch Markus Tauschek, Mitarbeiter der Firma Huber Logistik in Albaching. Bei der Kundgebung, die der Landesverband Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen heute auf der Theresienwiese in München organisiert, nehmen nach seinen Angaben sieben Vertreter der Firma teil.
Das Unternehmen beschäftige insgesamt 200 Mitarbeiter, 150 davon seien Fahrer, so Tauschek. Der Betrieb laufe also uneingeschränkt weiter, erklärt er. „Wir sind uns unserer Verantwortung gegenüber unseren Kunden und der Gesellschaft bewusst. Wir tragen maßgeblich mit bei zur Versorgung mit Lebensmitteln, Getränken, Artikeln des alltäglichen Bedarfs und Pharmaprodukten“, sagt er.
Die Einführung der Maut sei für Huber Logistik nur die Spitze des Eisbergs. Die sieben Mitarbeiter würden unter anderem demonstrieren wegen der „explodierenden Belastung durch Steuern und Abgaben für die Wirtschaft und die Gesellschaft, insbesondere der arbeitenden Gesellschaft, welche unter fadenscheinigsten Argumentationen seitens der Politik ‚verkauft‘ werden“, sagt Tauschek. Außerdem würden die Fahrer an der Kundgebung teilnehmen, „wegen der auf breiter Front völlig desolaten Politik der aktuellen Bundesregierung, die jedoch unter Merkel begonnen wurde“, so der Mitarbeiter von Huber Logistik.
Die Erhöhung der Maut ab Juli 2024 sei für das Unternehmen eine Steigerung der Abgaben um etwa 83 Prozent. „Im Jahr 2023 haben wir rund 1,5 Millionen Euro an Maut an die deutsche Staatskasse abgeführt. Im Jahr 2024 werden es bei identischer Fahrleistung circa 2,75 Millionen Euro sein“, so Tauschek.
„Weder Huber Logistik, noch ein anderes Transport- oder Logistikunternehmen kann generell die Maut, beziehungsweise diese Mehrkosten tragen“, erklärt er. Somit müssten die Kosten an die Kunden weitergegeben werden. „Die Maut ist eine ‚indirekte‘ Steuer, die immer vom Bürger letztendlich im Supermarkt, im Baumarkt, im Bekleidungsgeschäft, beim Kauf von Baumaterial oder beim Online-Shopping mit dem Kaufpreis bezahlt wird“, verdeutlicht er. „Wir Transportunternehmen treiben diese Abgabe für den Staatshaushalt lediglich ein“, erklärt er.
Inflation am Beispiel Joghurt erklärt
Tauschek nennt ein Beispiel. Für einen einzigen Joghurt werde zehnmal Maut fällig: Beim Transport der Milch vom Bauernhof zur Molkerei, beim Transport der Zutaten für den Joghurt, wie beispielsweise Früchte, beim Transport des Joghurtbechers zur Molkerei, beim Transport des Deckels für den Joghurtbecher zur Molkerei, beim Transport des Kartons für die Joghurtbecher zur Molkerei, beim Transport des fertigen Joghurts von der Molkerei zum Lebensmittel-Verteilzentrum, beim Transport des Joghurts vom Lebensmittel-Verteilzentrum zum Supermarkt, beim Transport des Kunststoffs (Joghurtbecher) zum Recycling, beim Transport des Deckels des Joghurtbechers (meist Alu) zum Recycling und beim Transport des Kartons für die Joghurtbecher zur Wiederverwertung: Jedes einzelne Mal müsse das Transportunternehmen Maut bezahlen, erklärt Tauschek.
Teuerung „politisch bewusst erzeugt“
Somit wirke sich die Erhöhung für den Bürger beim Einkauf eines Produkts nicht nur einmal aus, sondern vielfach – wie bei dem konkreten Beispiel des Joghurts zehnfach. „Preissteigerungen und die dadurch künstlich hochgetriebene Inflationsrate werden politisch bewusst erzeugt“, ist er überzeugt. „Eine Mauterhöhung, und somit indirekte Steuererhöhung, lässt sich gegenüber der Bevölkerung seitens der Regierung einfacher verkaufen als beispielsweise eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Die Mehrbelastung für den Bürger hat dann einfach nur einen anderen Namen, jedoch mit dem identischen Ergebnis: Es kostet einfach deutlich mehr.
Auch die Lkw-Spedition Lettl aus Wasserburg nimmt an der heutigen Kundgebung teil. „Wir möchten bei der Protestaktion unseren Unmut gegenüber der Regierung zeigen und die Gesellschaft darauf aufmerksam machen“, so Geschäftsführer Stephan Lettl. „Bei der aktuellen Politik werden vor allem der deutsche Mittelstand und insbesondere auch die allgemeine arbeitende Gesellschaft mit explodierenden Kosten und Abgaben belastet“, sagt Lettl. „Die Mauterhöhung ab Juli 2024 ist ein Punkt davon. Die CO2-Maut für Lkw wurde bereits zum 1. Dezember 2023 eingeführt“, erklärt der Geschäftsführer. „Des Weiteren fordern wir: weniger Bürokratie, mehr Investitionen in Infrastruktur, verlässliche Fördermaßnahmen, Verzicht auf Sonderbelastungen einzelner Branchen, kein steuerpolitisches Hin und Her mit den Anliegen der Transport- und Logistikunternehmen“, betont der Geschäftsführer.
„Am Ende zahlt alles der einzelne Bürger“
Die Erhöhung der Maut schlägt auch bei der Lkw-Spedition Lettl zu Buche: „Unser Unternehmen hat in 2023 über eine Million Euro Maut bezahlt, durch die Anpassung von über 83 Prozent werden wir in 2024 Maut in Höhe von 1,8 Millionen Euro an die Staatskasse zahlen“, rechnet Lettl vor. „Die Transportunternehmen treiben die Abgabe für den Staat ein und legen diese mit der Transportdienstleistung auf die Kunden um. Diese legen die Maut wiederum auf ihre Produkte um. Am Ende bezahlt alles der einzelne Bürger.“