Der neue König ist ein Bugatti-Fan

von Redaktion

Oldtimer-Fans erinnern sich an eine ungewöhnliche Begegnung mit Frederik

Traunstein – Eine besondere Erinnerung an den neuen dänischen König Frederik hat Michael Strohhammer: Es war der 17. Mai 2015. Ein Sonntag, an dem Frederik mit einem Bugatti-Rennwagen in die Oldtimerwerkstatt der Strohhammers nach Kammer kam und von Michael nach Traunstein zum Bahnhof chauffiert wurde. Wenige Wochen später sah der Michi den Hobby-Rennfahrer im Fernsehen in einem Bericht über dessen Staatsbesuch in München. Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, dass sein damaliger Kunde Frederik, mit dem er sich selbstverständlich geduzt hat, kein Geringerer als der jetzige König Dänemarks gewesen ist.

Wie ein normaler
Kunde mit einem Tee

Die Autowerkstatt der Strohhammers ist auf Oldtimer, vor allem auf solche der Marke Bugatti, spezialisiert. Einer ihrer vielen Kunden ist Peter Zinck, der in Kopenhagen und zeitweise in München lebt. Der brachte Anfang Mai 2015 seinen Bugatti T40, Baujahr 1928, nach Kammer, damit er hier für die Oldtimer-Rallye Mille Miglia hergerichtet wird.

Die traditionsreiche Veranstaltung ist eine große Herausforderung für Fahrer, Beifahrer und Material, führt sie doch über 1000 Kilometer von Brescia nach Rom und wieder zurück. Die Anfahrt von Kopenhagen in den Chiemgau ist allein schon eine Strapaze für den Fahrer und ein Härtetest für den fast 90 Jahre alten Sportwagen, denn die Wegstrecke beträgt mehr als 1000 Kilometer. Und von Kammer nach Brescia sind es noch einmal rund 500 Kilometer. Dann wird es aber erst richtig strapaziös, wenn es im Renntempo die 1000 Meilen nach Rom und wieder zurück geht. Als die Rallye absolviert ist, Peter Zinck mit seinem Co-Piloten Frederik das Ziel passiert hat und beide auf Platz 260 gelandet sind, wird es noch einmal richtig anstrengend. Zinck muss dringend heimfliegen, Frederik steuert den Rennwagen zur Überholung nach Kammer – so ist es ausgemacht. Michael Strohhammer wartet daheim auf den Anruf seines Kunden. Das Telefon klingelt erst um 21 Uhr am Abend. Es meldet sich Frederik: Am Brenner hat’s geschneit, aber in einer halben Stunde werde er in Kammer sein.

Der junge Strohhammer setzt sich auf sein Radl und fährt die knapp zwei Kilometer in die Werkstatt nach Neukammer, wo schon bald darauf der Bugatti mit seinem dumpfen Motordröhnen vorfährt. „O mei, wie schaust denn du aus“, entfährt es ihm, als Frederik aussteigt: 500 Kilometer auf der Autobahn im offenen Cabrio bei Schneefall – da ist keine weitere Erklärung nötig.

Einen Wasserkocher gibt’s in der Werkstatt und ein paar Teebeutel. Der Kunde ist dankbar – dafür, dass er sich an der Teetasse die Finger und mit dem Getränk den Magen wärmen kann. Wo der nächste Bahnhof sei und ob er ihn dort hinfahren könne, fragt der durchgefrorene Bugatti-Fahrer.

Schnell den alten Werkstattwagen, einen Lancia Kombi, Baujahr 1988, soweit ausgeräumt, dass wenigstens am Beifahrersitz Platz ist – und ab geht’s Richtung Bahnhof Traunstein. Unterwegs erzählt der Frederik, er werde nach München fahren und von dort nach Kopenhagen fliegen.

Strohhammer bezweifelt, dass der andere so spät in der Nacht noch einen Flug nach Dänemark bekommt. Sein Fahrgast ist jedoch zuversichtlich: „Ich bekomme immer einen Flug.“ In die Oldtimerwerkstatt nach Kammer kommen viele vermögende Kunden, für die es selbstverständlich ist, dass sie ein Privatflugzeug haben. Also denkt sich Michael Strohhammer nichts bei der optimistischen Aussage seines Beifahrers.

Zur Zeit dieser Begegnung hat Michael Strohhammer geheiratet. Als Brautwagen nutzte er, wie sich das für einen Oldtimerspezialisten gehört, automobiles Kulturgut, nämlich einen NSU Prinz. Der fast 50 Jahre alte Kleinwagen hatte jedoch einen Motorschaden. Die Strohhammers schafften es, den Motor zu reparieren und die „Nuckelpinne“, wie man das Modell NSU-Prinz früher liebevoll nannte, wieder zum Laufen zu bringen.

Einen Tag nachdem Frederik in Traunstein in den Zug gestiegen war: Bugatti-Besitzer Peter Zinck ruft bei den Strohhammers an und fragt, wie es ihnen mit dem Prinz ergangen sei. „Der läuft schon wieder“, antwortet Michael wahrheitsgemäß, ohne darüber nachzudenken, woher sein Kunde wissen konnte, dass man gerade den NSU-Prinz erfolgreich repariert hat.

„Der Prinz läuft
schon wieder“

Wieder ein paar Wochen später: Daheim bei den Strohhammers laufen nach dem Abendessen die Nachrichten im Fernsehen: Fürstin Gloria von Thurn und Taxis, Herzog Franz von Bayern, Ministerpräsident Horst Seehofer, alle festlich gekleidet stehen vor der Münchner Residenz und warten. Der Mann, den sie begrüßen und um den sich alles dreht, kommt dem Strohhammer Michi verdammt bekannt vor. Und es fällt ihm wie Schuppen von den Augen, wer jener Frederik im Bugatti vor ein Paar Wochen wirklich war.

Während sie sich noch wundern, schüttelt die Oma den Kopf: „Den muss man doch kennen. Der war letzte Woche auf der Titelseite der Bunten.“ Das wird er vermutlich nach seiner Krönung zum König von Dänemark öfter sein. Und nicht nur die Oma, sondern die ganze Familie Strohhammer wird sich an die Episode erinnern, als der neue König von Dänemark am 17. Mai 2015 in Kammer war.

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