Haft für Drogenhändler

von Redaktion

Deals in der Region – Mitangeklagte unter Mordverdacht

Traunstein/Rosenheim – Einen 15-fach vorbestraften 38-Jährigen mit mehrjähriger Hafterfahrung verurteilte die Erste Strafkammer am Landgericht Traunstein mit Vorsitzender Richterin Heike Will jüngst wegen dutzender Betäubungsmitteldelikte zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren unter Vorwegvollzug von acht Monaten im Gefängnis. Zudem ordnete das Gericht die Unterbringung zum Alkohol- und Drogenentzug in einer Fachklinik an. Der Angeklagte hatte zwischen Herbst 2022 bis Februar 2023 im Raum Rosenheim schwunghaften Rauschgifthandel, insbesondere mit Kokain und Marihuana, betrieben.

Ursprünglich sollte gegen zwei Angeklagte verhandelt werden. Doch eine der Beihilfe zu einigen Drogendeals beschuldigte 23-jährige Frau aus Kolbermoor war „verhindert“, sitzt sie doch seit Ende Oktober 2023 in einem Gefängnis in Wien in Untersuchungshaft – wegen Mordverdachts. Die Auslieferung nur für die Verhandlung in Traunstein wäre hinsichtlich der zu erwartenden Strafe zu aufwendig gewesen. Das Gericht trennte das Verfahren ab.

Die Anklage von Staatsanwältin Anna Reis umfasste bei dem 38-Jährigen gewerbsmäßiges verbotenes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, teils in nicht geringer Menge, in über 40 Fällen, dazu Abgabe von Drogen an Minderjährige, bewaffnetes Handeltreiben und weitere Vorwürfe. In 15 Fällen des Handeltreibens mit Drogen in nicht geringer Menge und bei der Sache mit einem Messer sollte die 23-jährige Bekannte Helferin gewesen sein. Der 38-Jährige legte über seinen Verteidiger ein volles Geständnis ab. Dazu Beisitzende Richterin Dr. Nicola Grundmann: „Das Geständnis war überschießend. Wir haben deutlich mehr erfahren als erwartet.“ Einige Taten stellte die Kammer auf Antrag der Staatsanwältin mit Blick auf das strafrechtliche Gewicht der verbleibenden Fälle ein. Das bei der in Österreich inhaftierten Frau gefundene Messer rechnete die Erste Strafkammer nicht dem Angeklagten zu. Damit entfiel der Vorwurf des „bewaffneten Handeltreibens“.

Ein Leben im Zeichen
des Rauschgifts

Der psychiatrische Sachverständige, Oberarzt Rainer Gerth vom Bezirksklinikum in Gabersee, schilderte ein von Jugend an durch Alkohol und Drogen geprägtes Leben des 38-Jährigen. Etwa fünf Jahre sei er, häufig wegen Betäubungsmittelstraftaten, im Gefängnis gesessen. Vor der Inhaftierung im Februar 2023 habe der Angeklagte von Hartz VI und Gewinnen aus Rauschgiftverkäufen gelebt. Trotz gewisser Auffälligkeiten sei der Mann voll schuldfähig, habe er doch trotz Drogenkonsum ein „nicht immer einfaches Leben führen können“. Der Sachverständige bejahte einen „Hang“ zu Suchtmitteln. Die Voraussetzungen für Unterbringung in einer Entziehungsanstalt seien erfüllt. Die Therapiedauer bezifferte der Gutachter mit zwei Jahren. Der Empfehlung auf Unterbringung folgten alle Prozessbeteiligten in den Plädoyers und im Urteil.

Staatsanwältin Anna Reis plädierte auf eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten. Das Geständnis habe eine umfangreiche Beweisaufnahme erspart. Strafschärfend wirkten die Vorstrafen, die Drogenmengen, die Vielzahl der Taten, die hohe kriminelle Energie, das gewerbsmäßige Vorgehen und die herausragend gute Qualität des Rauschgifts. Verteidiger Jörg Sklebitz aus München hob im Schlussantrag auf drei Jahre Freiheitsstrafe heraus, in rechtlicher Hinsicht habe sich einiges gegenüber der Anklageschrift geändert. Die Einstufungen der Staatsanwaltschaft stimmten mit seinen überein. In einigen Punkten seien „minderschwere“ Fälle anzunehmen. So sei niemand „zu Drogen verführt worden“. Die Abnehmer hätten bereits der Drogenszene angehört. Der Verteidiger bat, eine Strafe ohne Vorwegvollzug in einer Haftanstalt auszusprechen. Dem schloss sich der Angeklagte im „letzten Wort“ an: „Im Gefängnis ist die Verlockung groß. Viele Substanzen sind dort unterwegs.“

Im Urteil erläuterte Vorsitzende Richterin Heike Will, bei den Einzelstrafen sei die Kammer nach Art und Menge der Drogen vorgegangen. Zu in den Plädoyers bereits genannten Aspekten zur Höhe der Strafe ergänzte Frau Will, einen erheblichen Teil der Drogen habe der Angeklagte selbst konsumiert, mit den Verkäufen teils auch seinen Eigenkonsum finanziert. Die Qualität des Rauschgifts zeige, dass der 38-Jährige entsprechende Lieferanten gehabt habe. Zudem sei er nicht lange vor den Taten zu einer Haftstrafe verurteilt worden. „Man sollte Ihnen nochmals eine Chance einräumen“, unterstrich die Vorsitzende Richterin zum Thema Unterbringung. Sie verwies auf die schon angeschlagene Gesundheit des Mannes: „Wir hoffen, Sie haben verstanden, dass Sie sich umbringen, wenn Sie so weitermachen. Sie haben hinreichende Therapieaussichten. Hoffentlich haben Sie begriffen, dass das der einzige Weg für Sie ist.“ Der Angeklagte nickte. Mit Zustimmung der Staatsanwältin wurde das Urteil sofort rechtskräftig.

Artikel 8 von 10