„Es tut mir so leid, dass wir für Ihre Frau nichts mehr tun konnten! Wir haben alles versucht“, sagt der Notarzt und meint das aufrichtig. Es gehört zu seinem Beruf, dass er hier wieder einmal Zeuge der Grenzen menschlichen Lebens geworden ist. Er packt seinen Koffer und ist froh, dass die Notfallseelsorgerin mittlerweile angekommen ist, denn der Ehemann sitzt kopfschüttelnd und mit starrem Blick auf dem Sofa.
Der Arzt, der alles gegeben hat, muss jetzt wieder fahren. Jemand aber muss bleiben. In der Notfallseelsorge bin ich für das Gebiet unserer Pfarrgemeinden nur vor Ort da. Andere Kollegen sind für eine ganze Woche und für ein großes Gebiet bereit für den nächsten Einsatz. Der Anruf kommt immer unvermittelt. Bei einer scheinbar wichtigen Arbeit am Schreibtisch, mitten in einer Sitzung oder am freien Tag zuhause.
Auch nach Jahren habe ich großen Respekt vor dieser Aufgabe, und das ist auch gut so. Trotzdem spüre ich am Abend eines Einsatztages immer, wie wichtig es war, vor Ort gewesen zu sein. „Komm und zögere nicht!“ Diese Worte aus der Apostelgeschichte der Bibel standen damals als Leitwort über dem ersten Tag meiner Ausbildung zur Notfallseelsorgerin. Diese Worte sage ich mir tatsächlich auch heute noch jedes Mal leise zu, bevor ich ins Auto steige und ausrücke.
Auch das ist ein Dienst der Kirchen: Da sein, ohne Ausnahme für jeden und in Situationen, in denen ich den mitgehenden Gott nur erfahrbar machen kann, in dem ich dableibe, zuhöre, mitgehe und aushalte. Es kann nicht jeder wieder fahren. Jemand muss auch bleiben.