Was die Spürhunde witterten

von Redaktion

Wissenswertes über Suchhunde und wackelige Filmaufnahmen von Laufstrecken durch Aschau: Der 26. Verhandlungstag im Mordprozess um den gewaltsamen Tod von Hanna W. in Traunstein brachte nur vordergründig wenige Erkenntnisse. Nähert sich der Prozess früher als erwartet seinem Abschluss?

Aschau/Traunstein – Mitunter lernt man bei Gericht fürs Leben. Wissenswertes über Hunde gab es zum Beispiel am gestrigen Dienstag am Landgericht in Traunstein zu hören. Mantrailer, Suchhunde, werden zwei Jahre lang ausgebildet. Sie haben auch mal Urlaub. Und sie verfügen über sehr, sehr feine Nasen. So fein, dass Kleidung, die in einem Auto an ihnen vorbei transportiert wird, sie auf eine Fährte locken kann. Bei geschlossenen Autofenstern, allein durch die Partikelchen, die der Luftstrom der Lüftung vom Innenraum hinaus auf die Straße trägt.

Aussagen von
Hundeführern

All dies erfuhr man an Tag 26 des Mordprozesses um den gewaltsamen Tod von Hanna W. in Aschau. Die junge Frau war am Nachmittag des 3. Oktober 2022 tot in der Prien gefunden worden. Zu Tode gekommen war sie nach dem Besuch des Clubs „Eiskeller“, am frühen Morgen des 3. Oktober 2022, wohl kurz nach drei Uhr. Durch einen Unfall, wie die Verteidigung annimmt? Oder doch nach einem tätlichen Angriff von Sebastian T., der sich seit 12. Oktober 2023 in Traunstein wegen Mordes verantworten muss?

Die Aussagen von Hundeführern und Polizeibeamten, die im Gespann mit insgesamt vier Hunden in der fatalen Nacht und am Tag danach nach Spuren von Hanna W. suchten, brachten keinerlei Aufschluss. Interessantes über die Arbeit von Hundeführern und ihren vierbeinigen Partnern, gewiss. Aber offenbar nichts, was Gericht und Zaungäste der Klärung der Angelegenheit näherbrachte.

Blutspuren zum Beispiel hätten auf einen Tatort hinweisen können, die Abwesenheit von Blut hätte die These unterstützen können, dass Hanna sich erst im Fluss ihre Verletzungen zuzog. Nur – Mantrailer zeigen Blutspuren eben nicht eigens an, wie einer der Zeugen aussagte.

Wenig Verwertbares brachte die Aussage eines Zeugen, der in der fraglichen Nacht auf der Heimfahrt Sebastian T. beim Joggen gesehen haben will, um kurz nach zwei Uhr nachts auf dem Weg neben der Kampenwandstraße, von Aschau aus in Richtung Hohenaschau laufend. Drei andere Zeugen hatten ebenfalls von Sebastian T. und seinem Outfit als Jogger berichtet.

Der Unterschied: Die drei Zeugen sprachen von einem Läufer in kurzen Hosen. Der neue Zeuge aber sah einen Läufer in langen Hosen, „Leggings vielleicht“.

Waren zwei Läufer zu nachtschlafener Zeit unterwegs? Der Zeuge, der zuvor mit Freunden und Schwester im „Eiskeller“ gewesen war, berichtet von großer Verwunderung in seinem Auto. „Da kam schon die Frage auf, wer um zwei Uhr in der Früh joggen geht.“

Und wieder trat der Datenforensiker vom LKA in München vor der Zweiten. Jugendkammer auf. Er bestätigte, dass der Notruf von Hannas Handy um 2:32 Uhr an die eingespeicherte Nummer des Elternhauses bei gesperrtem Bildschirm getätigt worden war. Und äußerte sich über die Temperaturkurven, die Hannas Handy registrierte.

Videoclips über
mögliche Laufstrecken

Um 2:33 Uhr stürzte die Kurve ab – wohl, weil das Handy im Wasser des Bärbachs gelandet war. Zu einem anderen Zeitpunkt der Verhandlung war die Rede von 2:37 Uhr gewesen, eine Differenz, die Anwältin Regina Rick auf den Plan gerufen hatte. Kann es sein, dass Hanna das Gerät doch länger in der Hand hielt? Nach Auskunft des Sachverständigen registrierte das Gerät zwei unterschiedliche Datentypen – und zwar zeitversetzt. Regina Ricks Theorie ist damit hinfällig.

Und weiter arbeitet das Gericht Beweisanträge ab, geduldig und für Zuschauer nur in Phasen nachvollziehbar. Videoaufnahmen gab es auch wieder zu sehen, von Polizeibeamten angefertigt, die angebliche Laufstrecken von Sebastian T. und den Heimweg von Hanna abgelaufen und abgegangen waren. Im Rhythmus des Laufens auf und ab hüpfende Bilder vom verregneten Aschau: Brachten sie Erkenntnisgewinn?

Es lässt sich damit vieles sagen, vielleicht aber auch gar nichts. Schließlich gibt es nur die Aussagen, die der Angeklagte seinerzeit noch als Zeuge bei der Polizei getätigt hatte. Aber stimmen die Wege, die er da angab? Ausgerechnet bei diesem Lauf hatte T. weder Smartphone noch einen Fitness-Tracker dabei, dessen GPS-Daten einen bestimmten Laufweg hätten belegen können.

So bleiben nur die Videoaufzeichnungen vom „Chalet“, wo er um 2.08 Uhr durchs Bild huscht. Und die Aussagen der Zeugen, die ihn über den Parkplatz bei der Festhalle laufen sahen. Und die neue Zeugenaussage, die von seinem Auftauchen auf der Höhe des Wiesengeländes zwischen Aschau und Hohenaschau berichtet. Mehr lässt sich derzeit kaum belegen.

Festzustehen scheint: Sollte Sebastian T. Hanna um kurz nach halb drei Morgens überfallen haben, hätte er die paar Hundert Meter zum Elternhaus in vier Minuten zurücklaufen können. Er hätte dann auch Zeit genug gehabt, „Clash of Clans“ auf seinem Smartphone aufzurufen und zu spielen – sollte er der Täter sein, wäre er nicht der erste, der beim Daddeln seine Nerven beruhigt.

Immer wieder ist von Anträgen ins Blaue hinein die Rede, wenn Regina Rick ihre Beweisanträge stellt.

Ein Antrag auf
Steinsuche

So auch ihr neuestes Begehr: Man solle doch klären, ob sich „in 50 Metern Umkreis“ des angenommenen Schauplatzes nahe von Bärbach und Kampenwandstraße überhaupt Steine finden lassen, die als Tatwaffe in Frage kommen. Schließlich sei die Ecke ja nicht gerade „steinreich“. Ein Antrag, der Richterin Aßbichler nur kurz irritierte. Steine könnten schließlich immer wieder mal ihren Standort wechseln, gab sie zu verstehen, erst recht innerhalb der langen Zeit, die seit dem 3. Oktober 2022 vergangen sei.

Am Donnerstag, 25. Januar, kommen nochmals Zeugen zu Wort, wie von der Verteidigung gewünscht. Unter anderem drei „Eiskeller“-Gäste, die sich am 3. Oktober 2022 auf dem Weg zum Club verfahren hatten und einige Meter nach der Einmündung in die Schlossbergstraße ihren Wagen wendeten. Können die drei etwas gesehen haben, was dazu dient, die Vorgänge um Hannas Tod zu erhellen? So oder so – es verdichten sich die Hinweise, dass der Prozess schon bald seinem Ende zugehen könnte.

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