Ergebnis der Hausdurchsuchung erwartet

von Redaktion

Fall Hanna Am 30. Tag des Prozesses gegen Sebastian T. läuft eine wichtige Frist ab

Aschau/Traunstein – Wenn’s denn der Wahrheitsfindung dient: Den Spruch kennt jeder – als Stoßseufzer. Gericht und Ermittler nehmen ihn im Fall Hanna ernst. So haben Beamte Ende Januar das Elternhaus des Angeklagten Sebastian T. in Aschau durchsucht. Ziel der Durchsuchung waren vermutlich Mobilfunktelefone beziehungsweise die Zugangsdaten. Wohl um festzustellen, was auf welchem Handy, zu welcher Uhrzeit gemacht wurde. An Tag 30 des Mordprozesses um den gewaltsamen Tod von Hanna soll es um die Ergebnisse der Durchsuchung gehen.

Es war eine der vielen überraschenden Wendungen dieser Verhandlung gewesen. Das Gericht hatte die Zugangsdaten von den Eltern ersucht; beide, Vater wie Mutter, verweigerten daraufhin die Herausgabe. Man müsse nur eins und eins zusammenzählen, „dann weiß man, warum die Staatsanwaltschaft die Maßnahme veranlasst hat“, sagte Walter Holderle, Anwalt der Eltern von Hanna W.

Zehn Minuten, die
den Mordprozess entscheiden können

Warum die Eltern die Daten nicht herausgeben wollten? Das ist eine der Fragen, die am heutigen Donnerstag beantwortet werden könnte. Nur anhand des Mobiltelefons könnte theoretisch geklärt werden, ob Sebastian T. zum mutmaßlichen Tatzeitpunkt im Internet unterwegs war – und somit Hanna nicht angegriffen haben kann.

Denn es geht wieder mal um Minuten. Genauer: Um die gut zehn Minuten, die zwischen dem Angriff auf Hanna W. und dem Zeitpunkt liegen, da der Angeklagte Sebastian T. ein Handy-Spiel wieder aufgenommen zu haben scheint. Am 3. Oktober 2022 um 2.32 Uhr setzte Hanna einen letzten Notruf ab. Um 2.42 Uhr wurde auf Sebastian T.s Handy übers heimische
W-Lan das Spiel „Clash of Clans“ gestartet. Diese Information ergab ein Anruf bei den finnischen Spiele-Entwicklern. Um vom mutmaßlichen Tatort nahe dem Parkplatz der Kampenwand-Bergbahn zum Wohnhaus der Familie des Angeklagten zu laufen und ein Handy-Spiel zu starten, sind zehn Minuten mehr als ausreichend. Aber, und da hakte Anwältin Regina Rick immer wieder ein: Lässt sich wirklich ausschließen, dass Sebastian T. schon zuvor mit seinem Mobiltelefon hantiert hat? Es wäre so etwas wie ein Alibi.

Darum könnte es an Verhandlungstag Nr. 30, also am heutigen Donnerstag vor der Zweiten Jugendkammer am Landgericht Traunstein gehen. Sollte nachzuweisen sein, dass sich Sebastian T. bereits in den Minuten vor „Clash of Clans“ eingeloggt hatte, würde das Zweifel daran säen, dass er am Bärbach in Aschau eine Gewalttat verübte.

Mit dem heutigen
Tag endet die Frist
für Beweisanträge

Mit Spannung erwarten Beobachter den Prozesstag auch deswegen, weil mit ihm eine Frist endet. Bis einschließlich heute können Beweisanträge eingereicht werden, das hat Richterin Jacqueline Aßbichler kürzlich erklärt. Anwältin Regina Rick hatte immer wieder betont, noch einige Anträge in der „Pipeline“ zu haben, allerdings am jüngsten Verhandlungstag (1. Februar 2024) keine Anträge gestellt.

Aßbichler wiederum wies immer wieder auf das Beschleunigungsgebot hin: Auch im Interesse des Angeklagten sei eine Verhandlung nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Rechtsanwalt Holderle kritisierte, dass Regina Rick immer wieder blockiere. Kommt da noch was? Zuletzt (1. Februar) wies das Gericht drei Beweisanträge ab. Nach bald vier Monaten der Verhandlung scheint dem Gericht eine Rekonstruktion der fatalen Nacht möglich. Auch Pflichtverteidiger Harald Baumgärtl sieht „sehr, sehr viel herausgearbeitet“.

Anwalt der Eltern
glaubt nicht an schnelles Prozessende

Allerdings sei noch die eine oder andere Frage offen, die im Zuge eines Beweisantrags geklärt werden könne. An eine lange Dauer des Prozesses glaubt zumindest Baumgärtl aber nicht mehr. Termine bis 5. März seien anberaumt, im Rahmen dieses Zeitplans könne das Verfahren durchaus abgeschlossen werden.

Ein baldiger Abschluss? Das wäre sicher im Sinne der Eltern von Hanna. „Die wollen Sachaufklärung, keine juristischen Spiele“, betonte Nebenkläger-Vertreter Holderle. Er klingt dennoch ein wenig skeptisch. Auch weil Wahlverteidigerin Regina Rick noch weitere Anträge angekündigt und auf eine Fristverlängerung gedrängt habe. „Ich lasse mich überraschen“, meint Holderle.

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