Rosenheim/Oberaudorf – Tünnes streckt seine Nase in die Luft. Er wittert einen Geruch. Bellend jagt er der frischen Fährte hinterher, knapp hinter ihm seine Hundeführerin Judith Pöppinghaus. Die beiden sind Teil der Rettungshundestaffel Einsatz-Mantrailer aus Oberaudorf und ein eingespieltes Team.
Leckeres
als Finderlohn
Mit einer Geruchsprobe kann Tünnes die Fährte eines Menschen über Kilometer nachverfolgen – an diesem Nachmittag sind es aber nur ein paar Hundert Meter. Die Fährte führt die beiden in ein Parkhaus. Unbeirrt von den vielen Gerüchen dort, verfolgt Tünnes mit lautem Gebell weiter die Spur. Sie führt ihn die Rampe hinauf bis zu einer Tür.
Er ist mittlerweile ganz aufgeregt – zerrt und zieht an seiner Leine. Pöppinghaus macht die Türe auf, wenige Augenblicke später findet er die gesuchte Person. Uta Rainer-Weitzbauer, ebenfalls Teil der Hundestaffel, hat sich für die Trainingseinheit versteckt. Als Finderlohn bekommt Tünnes etwas Leckeres zu essen und eine kleine Streicheleinheit. „Für den Hund ist das wie jagen gehen“, erklärt Judith Pöppinghaus: „Es ist wichtig, dass er zum Schluss auch seine Beute in Form von einer Belohnung bekommt.“
Zweimal die Woche trifft sich die Rettungshundestaffel Einsatz-Mantrailer, um zu trainieren. An diesem Tag stand Motivationstraining auf dem Programm. „Im Einsatz sind die Hunde oft richtungsweisend für die Suche, finden aber selten dann auch wirklich die Person“, sagt Pöppinghaus. Deshalb müssen die Hunde im Training motiviert werden. „Es ist wichtig, dass wir die Hunde regelmäßig kürzere Strecken gehen lassen, dass es am Ende ein Erfolgserlebnis gibt.“
Als beispielsweise der Bewohner einer Rehaklinik verschwunden ist, wurden die Mantrailer gerufen. Mehrere Hunde der Staffel waren mit ihren Führern vor Ort. Bevor sie mit der Suche nach der Person beginnen konnten, bekamen die Hunde eine steril verpackte Geruchsprobe des Vermissten. „Einmal kurz riechen reicht, und die Hunde können sich den Geruch über Stunden einprägen“, sagt die Hundeführerin. Mit dem Geruch in der Nase haben sie alle Ausgänge rund um das Heim abgesucht, ohne eine Fährte zu entdecken.
Daraus konnte geschlossen werden, dass der Vermisste das Gelände zu Fuß nicht verlassen hat. Die Rettungskräfte haben daraufhin das Heim genauestens durchsucht und ihn schließlich unbeschadet in den Räumlichkeiten gefunden. „Das war ein tolles Beispiel, wie wir im Ernstfall mit den Rettungskräften zusammenarbeiten“, sagt Pöppinghaus.
Gerufen werden die Staffeln immer über die integrierte Dienststelle des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd.
Die Rettungshundestaffel von Judith Pöppinghaus besteht aus sechs ausgebildeten Hunden, drei befinden sich noch in der Ausbildung. Daneben gibt es 17 weitere Rettungshundestaffeln mit über 100 geprüften Hunden im Bezirk des Polizeipräsidiums.
Sie unterstützen die Polizei und den Diensthundeführer bei der Suche nach vermissten Personen. Pöppinghaus sagt, dass die Polizei mit Vertretern der Staffel und weiteren Rettungskräften engmaschig die Einsatztaktik abspricht.
Die Staffel von Pöppinghaus wurde 2023 zu 36 Einsätzen gerufen. 80 Prozent der Einsätze sind bei Nacht. Das machen alle Mitglieder komplett ehrenamtlich. „Wer bei uns mitmachen will, der muss das mit voller Hingabe tun.“ Es gibt viele Interessenten, die mit ihrem Hund gerne mitmachen würden, aber nur wenige bleiben.
„Die meisten unterschätzen den enormen Aufwand“, sagt Pöppinghaus. Wer trotzdem dabei bleibt, durchläuft zuerst ein halbes Jahr Probezeit, bevor er die Ausbildung zum Mantrailer antreten darf. Je nach Hund und Hundeführer dauert diese zwischen zwei und vier Jahre.
Anspruchsvolle
Prüfung
Am Ende steht eine anspruchsvolle Prüfung, die keineswegs alle Hunde beim ersten Versuch bestehen, versichert die Hundeführerin.
Die Ausbildung und die Einsätze finanzieren die Mantrailer aus der eigenen Kasse, deshalb freuen sie sich über jede Spende, damit ihre Hunde auch in Zukunft vermisste Personen erschnüffeln können.