Von einer quirligen Großfamilie habe ich gelesen, dass diese im eigenen Haus einen sogenannten „Stillesessel“ eingerichtet hat. Wer dort Platz nimmt, hat das Recht, von allen anderen in Ruhe gelassen zu werden. Vielleicht gar keine so schlechte Idee, denn in einer lauten Umgebung braucht jeder Orte und Zeiten, um ganz bei sich sein zu können.
Im Beruf müssen viele immer noch mehr leisten, und das, was tagtäglich an medialen Eindrücken ununterbrochen auf uns einstürmt, kann kein normaler Mensch mehr verarbeiten. Die rasant ansteigende Anzahl von Singlehaushalten in der jüngeren Generation ist ein Ausdruck für das Bedürfnis nach einem Stilleraum im eigenen Leben. Dass jeder nur für sich lebt, kann aber keine Lösung sein. Ein Individuum braucht zum Alleinsein auch die Gemeinschaft, die Reibung und die Korrektur durch andere, sonst werden wir zu einer Gesellschaft von verschrobenen Eigenbrötlern.
Die Bibel erzählt immer wieder davon, dass Jesus abseits in die Stille geht. Selbst da, wo noch nicht alle Arbeit getan ist und Menschen auf ihn warten. Eine Ermutigung, das auch für uns so in Anspruch nehmen zu dürfen. Die Fastenzeit ist eine Gelegenheit, über einen sprichwörtlichen „Stillesessel“ für die eigene Seele nachzudenken. Die Mystikerin Teresa von Avila spricht bildhaft sogar von einer inneren Burg, in der Gott wartet, um dort von uns gefunden zu werden.
Erfülltes Leben bedeutet mehr als nur zu existieren, nämlich auch wachsen, reifen und neu werden zu können. In unseren Pfarrkirchen laden wir zu Räumen der Stille ein.