Die Zigarette gerät außer Mode, es boomt die E-Zigarette. Ist das zu begrüßen? Und was ist von der Cannabis-Freigabe zu halten? Prof. Dr. Stephan Budweiser von Romed in Rosenheim hat als Lungenexperte eine klare Meinung zu den Trends in Sachen Sucht.
E-Zigaretten scheinen in Mode, während das klassische Tabakrauchen eher seltener wird. Verbesserung oder Irrweg?
Man muss unterscheiden. Verwendet man die E-Zigaretten oder das Dampfen zur Entwöhnung – oder probiert man es als Genussmittel wie die Zigarette?
Viele Fachleute stellen diese Unterscheidung nur offenbar ungern an.
Grundsätzlich sind E-Zigaretten weniger schädlich, was den prozentualen Anteil der Schadstoffe im Vergleich zur Zigarette betrifft. Das ist schon richtig. Die medizinischen Gesellschaften haben sich aber gegen den Gebrauch der E-Zigarette ausgesprochen, auch als Mittel der Entwöhnung.
Warum denn das?
Zu sehen ist, dass man langfristig eben damit nicht wegkommt vom Suchtstoff. Da versprechen Nikotin-Ersatzpräparate mehr Erfolg. Die Rückfallquote bei E-Zigaretten ist eher höher, weil man nie vom Rauchen selbst wegkommt.
Es gibt viele Leute, die schon seit Jahren „dampfen“, aber auch nicht so wirken, als würden sie die E-Zigarette demnächst weglegen.
Genau. Und es sind nach wie vor viele Schadstoffe auch in der E-Zigarette enthalten. Es werden darüber hinaus Duftstoffe beigemischt, die noch nicht wirklich erforscht sind.
Die sind gerade bei Jugendlichen beliebt.
Genau, das ist eine regelrechte Mode geworden. Er wird als relativ harmlos eingeschätzt, und ich denke, das ist ein gefährlicher Trend. Und gefährlich ist es auch, die E-Zigarette als harmlos darzustellen und als sozusagen „gesunde Alternative“ zu propagieren.
Was gibt es denn da für Schadstoffe?
Im Wesentlichen die, die Sie auch in einer Zigarette finden könnten. Also auch toxische Stoffe, und dazu mutagene Stoffe, die Zellen verändern und damit Krebs auslösen können.
Als harmlos stellen viele Menschen ja auch Cannabis dar. Was halten Sie denn davon?
Nichts. Ich denke, die Abgabe von Cannabis sollte einer Kontrolle unterzogen werden. Ich denke schon, dass Cannabis – es gibt da eine Vielzahl von Derivaten, die unterschiedliche Wirkungen haben – Symptome einiger Krankheiten abschwächt, also zum Beispiel Übelkeit bei Chemotherapie. Es kann auch krampflösend wirken, es kann Schmerzen lindern, hat anti-entzündliche Effekte, je nachdem, welche Sub-Art man anwendet. Aber ich denke, es sollte immer von einem Mediziner verordnet werden, der Kenntnis hat von den Wirkungen der einzelnen Substanzen.
Was den Konsum zum Entspannen ja eigentlich schon ausschließt.
Es sollte jedenfalls nicht beliebig angewendet werden. Insbesondere, weil bekannt ist, dass bei jungen Menschen die Reifung des Gehirns beeinträchtigt werden kann. Die Gefahr ist ja, dass vor allem Jugendliche oder jüngere Menschen in den Besitz dieser Drogen kommen, wenn es legalisiert wird. Und das halte ich für problematisch, auch wenn es erst ab 18 erhältlich sein soll. Aber die Reifung des Gehirns ist eben auch erst mit 25 abgeschlossen.
Zumal sich eine Clique nur grob nach Alter organisiert. Da werden neben 18-Jährigen sicher auch mal 15- oder 16-Jährige zu finden sein.
Auch das wird sich kaum ausschließen lassen, ja.
Beeinträchtigt Cannabis die intellektuelle Leistung? Macht es – dumm?
Man muss sich klarmachen, dass die Wirkung von Cannabis noch nicht bis ins Letzte verstanden wird. Der Wirkstoff dockt an bestimmte Rezeptoren an, und es scheint so zu sein, dass sich Nervenzellen dann nicht mehr weiterentwickeln können.
Wäre es mit einer Anhebung der Altersgrenze getan?
Ich denke, dass es grundsätzlich nicht gut ist, Rauschmittel im großen Stil freizugeben. Das ist ja schon für Alkohol nicht unproblematisch. Und wir sehen, wie viel Leid schon durch Alkohol entsteht.
Wollen Sie also uns Bayern das Bier auch verbieten?
Nein, sicher nicht. Aber negative Aspekte in der Gesellschaft sollte man trotzdem nicht übersehen. Es ist gesellschaftsfähig. Aber unproblematisch ist es nicht. Interview: Michael Weiser