Mühldorf – 13 Wohnungen in den beiden Landkreisen Mühldorf und Altötting wurden am frühen Dienstagmorgen in einer großangelegten Aktion von über 20 Beamten der Kripo Mühldorf und Traunstein unter die Lupe genommen. Die Staatsanwaltschaft Traunstein hatte beim Ermittlungsrichter gegen 13 Personen Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt. Sie alle stehen unter dem Verdacht des Besitzes und der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte. Bei dieser Razzia wurden Beweismittel sichergestellt, Festnahmen gab es keine (wir berichteten).
Jüngster Verdächtiger ist erst 16 Jahre alt
„Wir ermitteln hier nicht gegen einen Kinderpornoring“, erläutert Traunsteins Oberstaatsanwalt und Pressesprecher Dr. Rainer Vietze gegenüber den OVB-Heimatzeitungen. „Es handelt sich um 13 einzelne Fälle, die nichts miteinander zu tun haben.“ Darin unterscheide sich die aktuelle konzertierte Aktion nicht von früheren Razzien wie etwa der aus dem Januar. Auch damals wurden Beschuldigte in den Landkreisen Mühldorf und Altötting unter die Lupe genommen, Ermittlungsergebnisse dazu liegen noch nicht vor.
Im aktuellen Fall ist der jüngste Beschuldigte gerade mal 16 Jahre alt, der älteste 70 Jahre. „Aber nicht jeder Beschuldigte ist auch der Täter“, schränkt Vietze ein. „Der Anfangsverdacht richtet sich immer gegen den von uns festgestellten Anschlussinhaber der Internetverbindung. Das kann auch die Mutter sein, die den Anschluss an ihren Sohn weitergibt. Und im schlimmsten Fall eine böse Überraschung erlebt.“ Erst weitere Ermittlungen führen zum wahren Täter.
„Die Durchsuchungen fanden in den Gemeindebereichen von Mühldorf, Waldkraiburg, Kraiburg und Mettenheim sowie Altötting, Burghausen und Garching statt“, gibt Pressesprecher Alexander Huber vom Polizeipräsidium Oberbayern Süd Auskunft.
In den Wohnungen der Beschuldigten stellten die Ermittler Beweismaterial wie Mobiltelefone, Laptops und Speichermedien sicher, die nun von IT-Forensikern ausgelesen und ausgewertet werden müssen. Bei einem Tatverdächtigen stellte die Polizei zusätzlich eine geringe Menge an Betäubungsmitteln sicher. Die weitergehenden Ermittlungen werden von der Kriminalpolizei Mühldorf unter Sachleitung der Staatsanwaltschaft Traunstein geführt.
Fast jede Woche finden im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Traunstein Durchsuchungen wegen Kinderpornografie statt. „Meist können wir mehrere Fälle sammeln und die Durchsuchungen an nur einem Tag ansetzen“, so Vietze. Diese Tage werden von Staatsanwalt und Polizei als „Action Days“ bezeichnet. „Wir berichten längst nicht über jede Durchsuchung, nur noch über außergewöhnliche und größere Aktionen“, stellt der Polizeisprecher fest. Die Zahl der Fälle von Kinderpornografie kennt seinen Worten nach nur eine Richtung: Sie geht steil nach oben.
„Nach Rücksprache mit den zuständigen Staatsanwältinnen handelt es sich bei der überwiegenden Anzahl der aktuellen Ermittlungsverfahren von Dienstag um sogenannte NCMEC-Verfahren“, erklärt Oberstaatsanwalt Vietze. „Dabei wurden die Beschuldigten über eine Mitteilung von Internetanbietern aus den USA an die Organisation ‚National Center for Missing & Exploited Children‘, Abkürzung: NCMEC, bekannt.“
Die NCMEC-Organisation – ausgesprochen: Neckmeck – leitet einen sogenannten „CyberTipline“-Report an die zuständigen Ermittlungsbehörden in den USA. „CyberTipline“-Reports mit Bezug zu Deutschland werden an das Bundeskriminalamt weitergeleitet.
Nach Prüfung der strafrechtlichen Relevanz und Feststellung der örtlichen Zuständigkeit in Deutschland leitet das BKA die Vorgänge an die Landeskriminalämter weiter. Von dort gehen sie an die zuständigen Kriminalpolizeiinspektionen. Die Kripo Mühldorf hat die Fälle an die Staatsanwaltschaft Traunstein weitergeleitet.
Zahlreiche Meldungen kommen aus den USA
„Wir haben nach Überprüfung und rechtlicher Bewertung die Durchsuchungsbeschlüsse beim Ermittlungsrichter am Amtsgericht Traunstein erwirkt“, resümiert Vietze. „Wir bekommen sehr viele solcher Meldungen aus den USA, dort scheinen andere Datenschutzregeln zu gelten als bei uns.“ Mithilfe von NCMEC kämen die deutschen Staatsanwälte „vielen auf die Schliche.“
Das vorläufige Ergebnis der Aktion von Dienstag werten Staatsanwaltschaft und Polizei als Erfolg im Kampf gegen Kinder- und Jugendpornografie. „Den Tatverdächtigen wurde deutlich aufgezeigt, dass sie sich in der vermeintlichen Anonymität des Internets nicht sicherfühlen dürfen“, warnt Polizeisprecher Huber.