„Wasserstoff ist die Zukunft“

von Redaktion

Liegt die Lösung der großen Energie-Probleme im kleinen Unterreit? Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger ist davon überzeugt. Warum er auf Wasserstoff setzt und welche Rolle bei der Entwicklung ein bundesweit einmaliges Forschungsprojekt in Bierwang spielt. Ein Ortsbesuch mit dem Minister.

Unterreit/Bierwang – „Wasserstoff ist die Zukunft“: Davon ist Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger überzeugt. Das hat er bei der Werksbegehung des Erdgasspeichers, der vom Konzern „Uniper“ in Bierwang bei Unterreit (Landkreis Mühldorf) betrieben wird, bekräftigt. Der gut gelaunte und sichtlich entspannt wirkende Wirtschaftsminister war bei der Vorstellung der Zwischenergebnisse zum Forschungsprojekt „HyStorage“ zugegen. Ziel des Projekts: die Untersuchung der Wasserstoff-Tauglichkeit von Porenspeichern.

Anders als im Norden Deutschlands sei im Süden der Republik keine Speicherung in Salz-Kavernenspeichern – große, künstlich angelegte Hohlräume in unterirdischen Salzformationen – möglich. In Bayern werde auf sogenannte Porenspeicher zurückgegriffen, „die ein enormes Potenzial für die Flexibilität des entstehenden Wasserstoff-Marktes bergen“, so Holger Kreetz, Chief Operating Officer (COO) von Uniper. „Das Projekt ‚HyStorage‘ dient der Vorbereitung kommerzieller Speicherprojekte. Es ist einmalig in Deutschland“, erläuterte er.

Sechs Kilometer
langer Speicher

Projektleiter Christian Kosack erläuterte „die Dimension des Erdgasspeichers“. „Bei Ihrer Anreise von Holzgaden (Unterreit) bis zu dem Versuchs-Bohrplatz in Oberbierwang (Babensham) sind Sie die ganze Zeit über den Erdgasspeicher gefahren. Das sind rund sechs Kilometer, das ist also ein wirklich großer Porenspeicher“, erklärte er.

„Porenspeicher bedeutet, dass das Gas hier in Sandstein, beziehungsweise in den Zwischenräumen, gespeichert wird. Im Gegensatz zu den Salz-Kavernen haben wir hier eine sehr große Oberfläche, auf der unter anderem auch Mikrobakterien leben können. Diese haben Wechselwirkungen – auch auf den Wasserstoff. Die Auswirkungen sind nicht vorhersehbar“, so Kosack. „Bei dem Projekt beobachten wir, wie sich das Gas auf den Untergrund auswirkt und was dort passiert“, erklärte der Projektleiter. „So wollen wir herausfinden, ob man Wasserstoff im Porenspeicher lagern kann und welche Prozesse unterirdisch stattfinden“, sagte Kosack.

Der Versuch werde in drei Phasen mit jeweils steigender Wasserstoff-Konzentration aufgeteilt. Stufe eins sei gerade beendet worden und was die Ergebnisse angehe „vielversprechend“, meinte der Projektleiter. „In einem Zeitraum von zwei Wochen wurde Gas in den Untergrund eingepresst. Danach wurde drei Monate pausiert, um dem Gemisch Zeit zu geben, mit der Lagerstätte zu interagieren“, führte Kosack aus. Anschließend sei das Gas wieder herausgefördert worden. „90 Prozent des Wasserstoffs konnten zurückgewonnen werden, die Lagerstätte wurde durch den Versuch nicht beeinträchtigt. Materialtests haben keinen Einfluss auf Wasserstoff-Korrosion gezeigt“, so Kosack.

Aiwanger zeigte sich „als bekennender Wasserstoff-Fan“ begeistert von den Zwischenergebnissen des Projekts. „Mit Spannung“ habe er seit seinem Besuch bei Uniper im vergangenen Jahr darauf gewartet. Ein Teil des Wasserstoffs, der benötigt werde, könne so in Bayern selbst erzeugt werden, „aber noch mehr muss importiert werden“, sagte der Wirtschaftsminister. Geplant sei – mit Zuschuss des Bundes – unter anderem der Bau von Wasserstoff-Teststationen, beispielsweise für den Lkw-Betrieb. Aiwanger ist „nach wie vor“ der Meinung, dass Wasserstoff „die Lösung für viele Probleme“ ist. „Wenn wir fossile Energieträger reduzieren wollen, führt daran kein Weg vorbei“, zeigte er sich überzeugt. Nachdem der Bund dem Vorhaben einige Jahre „ablehnend“ gegenüber gestanden habe, gehe die Regierung „endlich in diese Richtung“ und packe das Kernnetz „massiv an“. „Das geht nicht auf Knopfdruck. Wir können nicht den Hebel umlegen und von der Erdgas- in die Wasserstoffwelt umswitchen. Es wird eine jahrzehntelange Parallelwelt sein“, meinte der Wirtschaftsminister.

„Wir erleben momentan eine Ernüchterung im E-Mobilitätsbereich. Ab 2035 wird Deutschland keine Verbrennermotoren mehr produzieren. Das war eine politische Fehleinschätzung. Wenn wir sie nicht mehr herstellen, werden es andere tun“, prophezeite er. „Verbrennermotoren werden weiterhin eingesetzt werden müssen. Mit Elektro-Mobilität allein kommen wir nicht ans Ziel.“ Deswegen sei er „ein Freund von Technologie-Offenheit“. Auch Windräder seien ein Teil der Energiewende. Aiwanger hoffe, dass diese in Zukunft „vermehrt auch in Bayern“ aufgestellt werden.

Ernstzunehmende
Alternative

Auch im Hinblick auf die Installation von Wärmepumpen sei eine „gewisse Ernüchterung“ eingekehrt. „Bei einigen Gebäudetypen funktioniert das einfach nicht, wie bei Wohnblöcken aus den 70er-Jahren. Sie sind aufgrund physikalischer Bauvoraussetzungen dafür nicht geeignet“, führte Aiwanger aus. Hier sei Wasserstoff eine „ernstzunehmende Alternative“ für private Hausbesitzer, die an Erdgasleitungen angeschlossen seien.

Das Thema Wasserstoff müsse „bundesweit gepusht“ und finanziell gefördert werden. „Wir können diejenigen, die diese Umswitch-Prozesse organisieren und dafür viel Geld ausgeben, nicht verbluten lassen. Wenn wir den Weg der De-Karbonisierung gehen wollen, ohne zu deindustrialisieren, dann muss sich die Bundesregierung daran finanziell beteiligen“, forderte er. Trotzdem wolle er nicht „die bösen Erdgas-Menschen politisch zur Strecke bringen“, im Gegenteil. Sie sollten als Partner der Bundesregierung bei der Transformation in neue, regenerative Energiesysteme angesehen werden, weil diese Fachkräfte „dringend gebraucht werden“, schloss Aiwanger.

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