Es ist, als sei seitdem eine Ewigkeit vergangen: Zu Beginn der Verhandlung hatte Richterin Aßbichler prophezeit, dass man einem komplizierten Indizienprozess entgegensehe. Es gelte, viele, viele Steinchen zu sammeln und sie zu einem Mosaik zusammenzufügen. Um ein Bild zu gewinnen, davon, wie Hanna W. am frühen Morgen des 3. Oktober 2022 zu Tode kam. Gestern stellte Jacqueline Aßbichler das Ergebnis vor. Es ist ein Bild mit scharfen Konturen. Es stellt plausibel dar, was Hanna mit hoher Wahrscheinlichkeit widerfuhr: Ein junger Mann traf auf die junge Frau, schlug sie nieder, warf sie in einen Bach, wo sie ertrank. Er griff an aus Frust, er tötete aus Angst. Aus Angst, als Angreifer identifiziert zu werden.
So kurz die Schilderung hier ausfällt – es war alles andere als kurzer Prozess, was dem Angeklagten zuteil wurde. Die Ermittlungsarbeit der Polizei könnte in die Kriminalgeschichte eingehen. Und auch die Jugendkammer unter dem Vorsitz von Richterin Aßbichler ging Spuren, Aussagen und Anträgen gewissenhaft nach. Die Stimmung vor Gericht: manchmal eisig, manchmal hitzig. Es wurde hart gerungen, mit mehr Erbitterung als üblich, an den Grenzen und darüber hinaus. Die Verhandlung war nicht nur anstrengend. Sie hinterlässt Wunden.
Bringt dieses Urteil nun wenigstens vollkommene Gerechtigkeit? Als wäre das nach einer so sinnlosen, traurigen Tat möglich. Wie will man sie vergelten? Und wie kann man gutmachen, was damit Freunden und Angehörigen von Hanna widerfuhr? Vielleicht bringt der Prozess ein Stück Frieden. Hannas Eltern wirkten erleichtert. Nicht, weil da ein junger Mann hinter Gitter muss. Sondern weil sie nun Gewissheit haben. Jedoch, die Trauer bleibt. Wie auch die Einsicht, dass auch der Rechtsstaat seine Grenzen hat.