Rosenheim – Die Zahl der hilfsbedürftigen Menschen in Stadt und Landkreis Rosenheim steigt kontinuierlich. Gesetzliche Berufsbetreuer sind dafür zuständig, die rechtlichen Angelegenheiten dieser Personen zu regeln und als deren Stellvertreter in Dingen zu fungieren, die die Menschen aus psychischen, geistigen, seelischen oder anderen gesundheitlichen Gründen nicht selbst erledigen können. Stadt und Landkreis hatten kürzlich zum Vernetzungstreffen geladen. Durch die Rechtsreform Anfang 2023 konnte die Betreuungsstelle im Landkreis Rosenheim ihr Personal aufstocken. Austausch und Vernetzung der Berufsbetreuer sollen stärker gefördert werden. Aktuell arbeiten die Betreuungsstellen mit 75 registrierten Berufsbetreuern zusammen. Etwa 40 von ihnen nahmen an der Veranstaltung teil, darunter 15 Betreuer, die neu dabei sind.
Robert Birk von der koordinierenden „Fachstelle für Pathologisches Horten“ der Diakonie Rosenheim stellte bei dieser Gelegenheit die neue Fachstelle vor. Er beleuchtete die Form der Zwangserkrankung, zu der das „Messi-Syndrom“ und das „Vermüllungssyndrom“ zählen. Den Betreuern begegnen fast täglich Formen des pathologischen Hortens und desorganisierten Wohnens. Die Fachstelle schätzt, dass bis zu 9000 Personen in Stadt und Landkreis betroffen sind.
Der Wunsch nach mehr Austausch zwischen Berufsbetreuern und Gericht sowie Rechtspflegern war in der Vergangenheit gewachsen. Michaela Limbrunner, Gruppenleiterin der Rechtspfleger am Amtsgericht Rosenheim, sprach über Aufgabenbereiche, die Einschränkung und Aufhebung von Betreuungen sowie über Betreuerwechsel. Die Betreuungsstelle berät über „rechtliche Betreuung“, „Vorsorgevollmacht“ und „Betreuungsverfügung“. Sie wirkt in Verfahren mit, in denen das Amtsgericht über die Bestellung eines Betreuers als gesetzlichen Vertreter zu entscheiden hat. In der Betreuungsstelle erfolgt auch die Beglaubigung von Unterschriften und Handzeichen bei Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen. Stefan Scherer von der Betreuungsstelle des Landkreises rät den Bürgern, bereits im Vorfeld für den Ernstfall mit einer Vollmacht vorzusorgen, um ein Betreuungsverfahren im Krankheitsfall zu vermeiden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Vorsorge: die Vollmacht, die Betreuungsverfügung und die Patientenverfügung.
Die Berufsbetreuer kümmern sich jährlich um über 3500 Fälle im Landkreis. Davon sind über 2000 Fälle neu. Auch wenn Betreuungen aufgehoben werden, nicht mehr nötig sind oder Betroffene versterben, wächst der Bedarf. Die Betreuungsstellen suchen deshalb Berufsbetreuer. Angelika Lindl von der Betreuungsstelle des Landkreises Rosenheim erklärte: „Viele denken als Erstes an pflegende Tätigkeiten, wenn sie den Begriff Betreuer hören. Das entspricht nicht den Aufgaben und Pflichten von Berufsbetreuern. Ganz viel Arbeit wird auch im Backoffice von den gesetzlichen Betreuern geleistet. Dazu zählen unter anderem das Stellen von Anträgen und weitere Verwaltungsaufgaben.“ Vor allem Menschen mit einem Psychologie- oder Pädagogikstudium, aber auch Menschen aus sozialen Berufen, Interessierte mit Verwaltungsausbildung oder mit Jura- oder BWL-Studium kommen für das Führen von rechtlichen Betreuungen in Betracht. Neben Engagement, Flexibilität und Belastbarkeit sind Geduld und Einfühlungsvermögen Voraussetzung. Das nächste Vernetzungstreffen findet im Herbst 2024 statt.