Sind sie in not?

Moderne Krisenhilfe – gerade zu Ostern

von Redaktion

Interview Diakon Thomas Jablowsky über den richtigen Umgang mit dem Thema Tod

Rosenheim – Der Tod Jesu war ein erschütterndes Erlebnis für die Menschen seiner Zeit. Und noch heute gedenken wir der Kreuzigung. Wie wir uns an Ostern mit dem Thema Tod beschäftigen sollten, und wie Notfallseelsorger damals den Jüngern hätten helfen können, erklärt Diakon Thomas Jablowsky, der Landkreisbeauftragte der katholischen Notfallseelsorge Rosenheim, im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen.

Am Karfreitag gedenken wir der Kreuzigung Jesu. Damals gab es noch keine Notfallseelsorger oder Kriseninterventionsteams. Aber wenn doch: Wie hätten Sie geholfen?

Wenn es zur Zeit Jesu schon Notfallseelsorge oder Krisenintervention gegeben hätte, wäre es gut gewesen. Wir wären da gewesen für die Jünger und die Frauen, die am Kreuz dabei waren. Den Jüngern ging es so wie auch vielen Menschen in der heutigen Zeit, wenn sie mit einem plötzlichen Tod konfrontiert werden. Jesu Tod war zwar nicht ganz unerwartet, aber sie konnten es auch nicht glauben.

Und das ist genau das Phänomen. Die Menschen wollen es nicht wahrhaben, dass ein Mensch gestorben ist und reden sich ein, dass das nicht sein kann. Sie denken, sie seien in einem Traum. In dem Moment sind wir, egal ob jetzt Notfallseelsorge oder Kriseninterventionsteam, diejenigen, die genug Abstand haben und sagen können, doch, es ist wahr. Und diese Endgültigkeit des Todes, was Härteres gibt es nicht im Leben.

Bei ganz vielen Dingen im Leben kann man sagen, ja, das renkt sich wieder ein, da kann man mit leben. Aber der Tod ist endgültig für den, der stirbt.

Aber bei Jesus war das anders. Er ist nach drei Tagen auferstanden.

Ja, und das bringt in der heutigen Zeit Herausforderungen. Wir glauben an die Auferstehung Jesu, aber nicht daran, dass heute jemand stirbt und trotzdem wieder in sein Leben in der Weise zurückkehrt, wie er es vorher hatte. Und das ist eigentlich die große Chance von Karfreitag. Wir würden ja ohne die Auferstehung nicht den Tod Jesu begehen, ihm feierlich in einer Karfreitags-Liturgie gedenken. Das ist auch bei uns so. Wir halten den Gedenktag eines verstorbenen Menschen, das ist eher der Geburtstag als der Sterbetag, in Erinnerung. Aber an Karfreitag sollten wir uns dennoch mit dem Thema Tod auseinandersetzen. Nur eine Trauermiene aufsetzen und den Karfreitag nicht so ernst nehmen ist schlecht, wenn wir dann mal mit dem Tod konfrontiert werden.

Weil wir uns sonst nicht bewusst sind, wie es weitergehen soll?

Ja. Ich habe mich neulich mit Freunden unterhalten. Da ist jemand gestorben und dann war das Thema Beerdigung eines der ersten. Aber das ist nur eine Flucht vor der Frage, wie es wirklich für einen selbst weitergeht. Auch die Jünger haben sich an Karfreitag diese Frage gestellt. Jesus hat uns so eine tolle Botschaft gegeben, soll das alles umsonst gewesen sein? Wir haben unser ganzes Leben auf diesen Mann und seine Botschaft gesetzt. Es muss doch irgendwie weitergehen, aber wie? Und zu der Frage, unabhängig jetzt von Jesus und Glauben, wollen wir von der Notfallseelsorge auch hinführen.

Es geht darum, die Leute wieder handlungsfähig zu bekommen. Und sich genau diese Frage zu stellen, nämlich wie geht es weiter. Und wenn die Leute anfangen zu denken, wenn sie uns zum Beispiel einen Kaffee oder Tee anbieten wollen, dann merken wir, die Leute kommen zurück in eine Spur, wo sie wieder über das normale Leben weiterdenken können. Und darauf kommt es an, Menschen in dieser ersten Trauer so zu begleiten, dass sie bereit sind, darüber nachzudenken, wie ein Leben ohne diesen Menschen trotzdem lebenswert sein kann.

Wie sollten wir uns denn an Karfreitag mit dem Thema Tod auseinandersetzen?

Eigene Todeserfahrungen in der Verwandtschaft, oder was immer es an Erfahrungen gibt, herbeiholen, abgleichen und diese Endgültigkeit des Todes neben den Tod Jesu stellen. Und sagen: Du bist gestorben und viele andere auch. Du warst wirklich Mensch. Und dann sollten wir uns mit dem Tod beschäftigen.

Blicken wir auch auf den Ostersonntag: Sollten wir uns da speziell mit der Auferstehung befassen?

Ja, unbedingt. Wenn wir nur sagen, dass alles gut ist, denn es ist Ostern, dann ist das zu wenig. Ostern ist jedes Jahr die Erfahrung: Wie geht Weiterleben nach diesem Tod Jesu? Wenn ich mich hineinversetze in diese Verzweiflung der Jünger, dann muss ich mich auch fragen: Was ist meine Rolle in diesem großen Spiel der Weitergabe des Glaubens, der Weitergabe der Hoffnung und der Weitergabe der Liebe? Und gerade Hoffnung ist aktuell so wichtig, nach diesen ganzen Krisenerfahrungen und jetzt den Kriegen. Wir müssen doch als Christen Hoffnungsspender sein, nicht nur Glauben weitergeben, sondern auch ganz viel Hoffnung. Und wie das dann konkret aussieht, das können wir dann an den Jüngern lernen.

Was haben die gemacht?

Sie sind dann zueinander gegangen, haben sich wieder, wo sie vorher zerstreut waren, gesammelt und sich gegenseitig gestärkt. Sie haben sich gegenseitig unterstützt, eben genau in dieser Hoffnung. Sie haben sich gestärkt in dem, was jetzt getan werden muss.

Das bedeutet, wir müssen uns auch Gefährten suchen für die Hoffnung, für den Glauben. Wir müssen miteinander schauen, wie kann es weitergehen.

Interview: Manuel Hinmüller

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