„Es sind sehr ernste Zeiten“

von Redaktion

Bei der anstehenden Europawahl dürfen 16-Jährige erstmals wählen. Die EU-Abgeordneten aus der Region und der EVP-Vorsitzende Manfred Weber haben große Hoffnungen in die Neuwähler. Aber auch die Sorge um einen europäischen Rechtsruck beschäftigt sie.

Straßburg/Rosenheim – Bei der anstehenden Europawahl am 9. Juni gibt es eine gravierende Änderung: In diesem Jahr sind deutlich mehr Menschen wahlberechtigt.

Grund dafür ist eine Entscheidung des Bundestags aus dem Jahr 2022. Damals haben sich die Abgeordneten auf eine Absenkung des Wahlalters von 18 Jahren auf 16 Jahre geeinigt. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass das bestehende Wahlalter „Menschen vom Wahlrecht ausschließe, die an zahlreichen Stellen in der Gesellschaft Verantwortung übernehmen und sich in den politischen Prozess einbringen können und wollen.“

„Große Chance für
die junge Generation“

Im EU-Parlament steht man dieser Änderung größtenteils positiv gegenüber. „Das ist jetzt eine große Chance für die junge Generation“, sagt Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP) im OVB-Interview. „Wir hatten bei den Jungen bisher leider eine unterdurchschnittliche Wahlbeteiligung. Deswegen setze ich sehr auf die 16-Jährigen“, sagt Weber. Er hofft, dass sie ihr Wahlrecht auch wahrnehmen. „Es geht um ihre Zukunft in Europa.“

Ähnlich sieht es Webers Parteikollegin Angelika Niebler. „Ich glaube, in jeder Altersgruppe gibt es politisch Interessierte, sowohl bei den Senioren als auch bei den ganz Jungen“, sagt sie im OVB-Interview im EU-Parlament in Straßburg. Sie hat allerdings auch Bedenken: „Mir ist es wichtig, dass die Regelungen zusammenpassen. In Deutschland ist man erst ab 18 Jahren voll geschäftsfähig. Rechte und Pflichten sollten miteinander einhergehen.“

Auch die SPD-Europaabgeordnete Maria Noichl steht dem neuen Wahlrecht auf EU-Ebene positiv gegenüber. „Es gibt keine politische Ebene, die so spannend für die Jugend ist, wie die EU“, sagt sie. Und sie geht sogar noch einen Schritt weiter: „Ich würde mir auch in der Kommunalpolitik oder bei den Bundestagswahlen ein Wahlrecht ab 16 wünschen.“

Wichtige Abstimmung für die Demokratie

Allerdings appelliert sie auch an die Verantwortung der jungen Erstwähler. Sie hofft, dass nicht nur die Rechtsextremen wählen gehen. „Ich würde mir wünschen, dass viele junge Menschen schlicht und einfach für Demokratie abstimmen.“ Auch Niebler und Weber wünschen sich, dass viele sich für eine pro-europäische Partei entscheiden.

Schließlich macht der Rechtsruck in Deutschland auch vor der EU nicht halt. Durch Aussagen des AfD-Politikers Björn Höcke wie „Dieses Europa muss sterben“, wird klar, dass die Wahl rechtsextremer Parteien zu einer Gefahr für die Handlungsfähigkeit der EU werden könnte. Sollten anti-europäische Parteien viele Stimmen bekommen, könnten sie eine Blockadehaltung im Parlament einnehmen und so wichtige Entscheidungen verhindern. Laut Weber geht es bei dieser Wahl auch um die „Grundsatzfrage, ob wir weiter partnerschaftlich zusammenarbeiten, oder ob wir in dumpfen Nationalsozialismus zurückkehren.“

Jetzt sei es wichtig, Werte zu verteidigen. „Es sind sehr ernste Zeiten. Es geht um viel. Wir sind leider wieder in Zeiten des Konflikts“, sagt Weber. Der EVP-Vorsitzende glaubt nicht, dass man junge Leute nun mit bestimmten Themen für die Wahl begeistern muss. Auch den jungen Wählern seien die derzeit diskutierten Themen wie Klima- und Umweltschutz oder ein offenes Europa wichtig. „Ich glaube nicht, dass man als Politiker hip oder jugendlich sein muss“, sagt Weber.

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