Tödlicher Messerangriff in Wasserburg

von Redaktion

Krankenhausarzt erliegt Verletzungen – 40-Jähriger Mann festgenommen – Mordermittlungen laufen

Wasserburg – Unfassbare Tat in Wasserburg: Hier ist am Montagabend ein Oberarzt (64) auf dem Gelände des kbo-Inn-Salzach-Klinikums getötet worden. Ein laut Kriminalpolizei „dringend tatverdächtiger Mann“ wurde in Tatortnähe festgenommen. Die Staatsanwaltschaft und die Kripo ermitteln wegen Mordes gegen den 40-Jährigen, der aus Norddeutschland stammt. Gegen 18 Uhr waren Polizeibeamte, die sich wegen eines anderen Einsatzes auf dem Klinikgelände befanden, von einem Zeugen auf den schwer verletzten Arzt aufmerksam gemacht worden. Trotz sofortiger Ersthilfe verstarb der 64-Jährige noch vor Ort, so das Polizeipräsidium. Die mutmaßliche Tatwaffe, ein Küchenmesser, sei sichergestellt worden.

In der Klinikfamilie
herrscht völlige Fassungslosigkeit

Die Stimmung auf dem Gabersee-Gelände war am gestrigen Dienstag eisig und bedrückt. Die Mienen beim Personal, das auf dem Gelände zu sehen war: wie erstarrt. Denn das Opfer war hier schon seit langer Zeit tätig. Der Forensiker gilt als sehr beliebt, sehr erfahren, sehr engagiert.

„Klinikleitung, Mitarbeitende und auch der Bezirk Oberbayern als Träger der Klinik sind fassungslos angesichts dieser unbegreiflichen Tat. Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind beim Opfer und bei seinen Angehörigen. Wir stehen unter Schock und versuchen, das Unbegreifliche zu erfassen“, teilte die Pressestelle des Bezirks auf Anfrage in einer ersten Stellungnahme mit. Den Klinikmitarbeitenden werde in „dieser absoluten Ausnahmesituation“ Kriseninterventionsbegleitung oder seelsorgerische Hilfe angeboten. Niemand könne sich erinnern, dass es schon einmal eine derartige Tat in der Klinikgeschichte gegeben habe, so Pressesprecherin Susanne Büllesbach. „Dass es so eskaliert, das hat es noch nie gegeben“, sagt auch Wolfgang Schmid, Leiter des Gabersee-Museums. Schmid hat 45 Jahre lang in der Pflege und als Lehrer in der Ausbildung sowie als Betriebs- und Personalrat im Inn-Salzach-Klinikum gearbeitet. Zu Übergriffen könne es vor allem in der Forensik, wo psychisch kranke Rechtsbrecher behandelt werden, kommen. „Doch das, was am Montagabend passiert ist, hat eine neue Dimension.“ Schmid ist sichtlich geschockt, mehr will er derzeit zu seiner Gefühlslage nicht sagen. Wasserburgs Dritte Bürgermeisterin Edith Stürmlinger ist ebenfalls so entsetzt, dass sie kaum Worte finden kann. „Wir sind alle schrecklich bestürzt“, sagt sie. Die Stadträtin, die in diesen Tagen Rathauschef Michael Kölbl vertritt, spricht von einer großen Ratlosigkeit angesichts „dieser unglaublichen Tragik“. Denn das Inn-Salzach-Klinikum öffne sich bewusst nach außen, um die Barrieren gegenüber psychisch kranken Menschen abzubauen. „Das ist auch richtig so“, findet sie nach wie vor. „Das Klinikgelände ist ein offenes, frei zugängliches Areal. Dies entspricht zutiefst unserem Ansatz einer menschlichen Psychiatrie. Einer Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen möchten wir damit entgegenwirken. Auf unserem Areal von 40 Hektar verlaufen öffentliche Spazier- und Radwege. Dementsprechend gibt es auch kein Sicherheitspersonal und keine Taschen- oder Besucherkontrollen auf dem freien Gelände. Wie überall sind Waffen aber selbstverständlich verboten“, so die Pressestelle des Bezirks zur derzeit diskutierten Frage der Sicherheit auf dem Klinikgelände. Stürmlinger ist in Gedanken auch bei der Familie des Opfers, die in Wasserburg lebt und hier sehr bekannt ist. Und bei Chefarzt Dr. Stefan Gerl, Leiter des Maßregelvollzugs, der seinen wichtigsten Mitarbeiter durch die Tat verloren habe. „Das ist sicherlich ein schwerer Schlag für die Forensik“, ist sie überzeugt.

Zwischen Opfer und Tatverdächtigem
gab es wohl Kontakt

Gerüchte machen in Gabersee die Runde, nach denen der mutmaßliche Täter dem Oberarzt gezielt aufgelauert habe. Ein „Rache-Akt“ soll es gewesen sein, heißt es. Der ermordete Mediziner soll in der Nähe des Tatortes wohnen. Dieser befindet sich nach ersten Erkenntnissen nicht weit entfernt vom Forensik-Bau in einem Areal mit großen Grünflächen und Baumbestand. Die Klinik für Forensische Psychiatrie wird intensiv gesichert, sie ist abgesperrt. Hier gibt es geschlossene Bereiche, aber auch Freigänger.

Der Tatverdächtige, der sich laut Polizeipräsidium widerstandslos festnehmen ließ, wurde in eine forensische Fachklinik im Landkreis München gebracht. Hier werde er von der Polizei durchgehend bewacht. Aufgrund der ersten Ermittlungen liegen Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei Hinweise darauf vor, dass zwischen dem Opfer und dem mutmaßlichen Täter vor einigen Jahren ein berufsbedingter Kontakt bestand.

Die schnelle Festnahme war auch der Tatsache zu verdanken, dass sich Polizeibeamte aufgrund eines anderen Einsatzes vor Ort befanden. Wasserburgs Dritte Bürgermeisterin würdigt in diesem Zusammenhang die „großartige Leistung“ von Mitarbeitenden des Klinikums, die sehr gut auf die Extremsituation reagiert hätten, und der Polizisten aus der Inspektion Wasserburg. Deren Einsatz sei als „sehr professionell“ gelobt worden, so Stürmlinger.

Das Kriseninterventionsteam kümmert sich seit Montagabend um Angehörige des Opfers und Mitarbeiter. Sechs Kräfte waren laut Johanniter-Sprecher Gerhard Bieber am Tatabend im Einsatz: von der ökumenischen Seelsorge, dem Bayerischen Roten Kreuz (BRK) und den Johannitern. Die Einsatzleitung hatte das BRK.

Artikel 4 von 11