„Klimaschädlichstes Straßenbauprojekt“

von Redaktion

Die A8 zwischen Achenmühle und dem Bernauer Berg soll ausgebaut werden. So viel ist bekannt. Am Umfang der Maßnahme aber – da scheiden sich die Geister. Gegen die Pläne eines sechsspurigen Ausbaus will der Bund Naturschutz klagen.

Rosenheim – Ende Februar hat die Regierung von Oberbayern den sechsstreifigen Ausbau der A8 zwischen Rosenheim und Salzburg im Abschnitt zwischen der Anschlussstelle Achenmühle und dem Bernauer Berg durch Planfeststellungsbeschluss genehmigt. Für die eine Seite eine dringend notwendige Entscheidung. „Dieser Planfeststellungsbeschluss ist ein erster Meilenstein für den dringend notwendigen Ausbau der Autobahn und ein großer Erfolg für unseren Planungsdialog“, so die Rosenheimer CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig.

Ruf nach
dem Ausbau

Der sechsstreifige Ausbau der A8 sei dringender denn je. „Wir brauchen ihn, um die steigende Verkehrsbelastung zu bewältigen und unsere Gemeinden entlang der Autobahn zu Stauzeiten zu entlasten. Der bisherige Zustand der A8 – zweispurig und ohne Standspuren – ist in puncto Verkehrssicherheit auch nicht mehr hinnehmbar”, so Ludwig anlässlich der Genehmigung.

Andere sehen den Ausbau der A8 sehr viel kritischer. Zu teuer, zu große Versiegelung des Bodens, erhöhte Lärmbelastung, zu großer CO2-Ausstoß während der Bauarbeiten. Die Liste der Gegenargumente ist lang. Der Bund Naturschutz (BN) hat Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern zum ersten Ausbauabschnitt der A8-Ost zwischen Achenmühle und Bernauer Berg beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingereicht. Der BN sieht in dem Beschluss erhebliche inhaltliche und formale Mängel. Der gesamte A8-Ausbau ist laut BN das klimaschädlichste bayerische Projekt im Bundesverkehrswegeplan, das noch nicht umgesetzt ist. Zudem würde der Ausbau sensible Schutzgebiete schädigen und hohe Baukosten verursachen.

„Der geplante A8-Ausbau gleicht einem Straßenbaudinosaurier aus der Urzeit. Es wird keinerlei Rücksicht auf den Flächen- und Klimaschutz genommen“, erläutert Martin Geilhufe, Landesbeauftragter des BN. „Bundesverkehrsminister Volker Wissing ist aufgefordert, solche völlig überdimensionierten Straßenbauprojekte auch im Hinblick auf die Kostenentwicklung sofort zu stoppen und das frei werdende Geld in die Sanierung und Elektrifizierung des Eisenbahnnetzes oder in die Sanierung maroder Brücken zu stecken.“ Alleine die Kosten für notwendige Brückensanierungen würden sich auf fünfeinhalb Milliarden Euro belaufen, so Geilhufe.

Der Ausbau der A8 von Rosenheim bis zur Landesgrenze von bislang vier auf sechs Spuren plus Standstreifen wurde 2017 mit knapp 1,8 Milliarden Euro veranschlagt, die Kosten dürften mittlerweile deutlich höher liegen. „Eine gute Alternative wäre ein vier plus zwei Ausbau”, sagte Rainer Auer, der Vorsitzende der Bund Naturschutz Kreisgruppe in Rosenheim. Gemeint ist damit zwei Fahrspuren pro Richtung und einen Pannenstreifen. „Dadurch würden wir einen verbesserten Verkehrsfluss erwarten. Auch eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 120 Kilometer pro Stunde würde eine Verbesserung bedeuten.” Er vermisse eine Alternativprüfung zu den genehmigten Plänen.

Das Bundesverkehrsministerium geht von einem zusätzlichen Klimagasausstoß von circa 36000 Tonnen CO2 pro Jahr für den gesamten Ausbau aus. Gründe dafür sind unter anderem der Mehrverkehr und der enorme Aufwand in Bau und Betrieb der Autobahn. Der BN geht von noch deutlich höheren Emissionen aus, da viele klimaschädliche Aspekte wie Waldrodungen oder Bodenzerstörungen noch gar nicht eingerechnet sind. Laut Bundesklimaschutzgesetz müssen die CO2-Emissionen aus dem Verkehr zwischen 2020 und 2030 um fast 50 Prozent reduziert werden.

„Der Klimaschutz ist im Planfeststellungsbeschluss nicht in der gebotenen Weise behandelt worden, obwohl es hier mittlerweile klare Vorgaben der Gerichte gibt. Der Straßenausbau generiert neuen, vermeidbaren Verkehr, der gemeinsam mit den Bauwerken massive CO2-Emissionen verursacht“, erläutert Geilhufe weiter. „Die Fahrbahnerweiterung auf sechs Spuren stellt eine Katastrophe für die Tier- und Pflanzenwelt und den Flächen- und Gewässerschutz dar. Die Einschätzungen im Bundesverkehrswegeplan zu den Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt basieren auf über zehn Jahre alten Kartierungen, das widerspricht den Methodenstandards des Habitat- und Artenschutzes“, erklärt die stellvertretende Vorsitzende des BN und Vorsitzende der Kreisgruppe Traunstein, Beate Rutkowski. „Wenn der erste Abschnitt in dieser überdimensionierten Bauweise erst einmal in Bau ist, wird es immer schwieriger, die massiven Eingriffe auch in den anderen Abschnitten zu verhindern.“

Spätestens am kommenden Montag soll die Klage eingereicht werden. Danach hat der Bund Naturschutz zehn Wochen Zeit, diese Klage auch zu begründen. „Wir sehen gute Chancen auf einen Erfolg der Klage”, sagte Annemarie Räder, BN-Regionalreferentin für Oberbayern. „Wir arbeiten mit einer Kanzlei in Leipzig zusammen und haben mit deren Hilfe schon viele Klagen gewonnen.”

Gute Aussichten
auf Erfolg

Derzeit betreibe der Bund Naturschutz 50 verschiedene Klagen. Gute Aussichten auf Erfolg sieht auch Martin Geilhufe. „Durch frühere Urteile ist der Klimaschutz bereits gestärkt worden. Die Klage um die A8 ist dabei prädestiniert in Bezug auf den Umfang und den CO2-Ausstoß des Projekts.”

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