Spürnasen auf Sondermission

von Redaktion

Ob Drogen, Handys oder Vermisste: Die feine Hundenase kommt in den verschiedensten Bereichen zum Einsatz – sogar im Naturschutz. Die Spürhunde Louis und Wast sind auf Käfer trainiert, die die Wälder der Region bedrohen.

Rosenheim – Wast hegt einen Verdacht. Mit voller Konzentration schnuppert der Hund an jedem der gefällten Baumstämme, die aufeinandergestapelt auf dem Waldboden liegen. Gelegentlich bleibt er stehen und streckt seine Schnauze in die Luft. Ein Geruch steigt ihm in die Nase. Langsam folgt er der Duftspur – dann bleibt er stehen. Die Vorderpfoten stützt er auf einem der Baumstämme ab und kratzt an der Rinde, um sein Frauchen auf sich aufmerksam zu machen.

Wast ist kein gewöhnlicher Vierbeiner: Der speziell ausgebildete Käfer-Spürhund hat die wichtige Aufgabe, die Bekämpfung und Ausrottung invasiver Käferarten voranzutreiben. Er ist sowohl auf den Asiatischen Laubholzbockkäfer (ALB) als auch den Zitrusbockkäfer trainiert.

Diese Schädlinge stellen eine erhebliche Bedrohung für die Wälder der Region dar. Vor allem der ALB hat seit dem erstmaligen Befall in Bayern im Jahr 2004 großflächige Schäden an Bäumen verursacht. Der Ahorn, die Birke, die Rosskastanie und die Weide gehören zu seiner Leibspeise. Diese Arten machen einen Großteil der heimischen Bäume aus – und sind damit gefährdet.

Intensives Training
mit lebenden Käfern

Geführt wird Wast von Katharina Weinberger. Sie ist Spezialistin für Greifvögel und Fledermäuse bei der Unteren Naturschutzbehörde im Landkreis Traunstein. Im Landkreis Rosenheim ist sie außerdem für die Wiesenbrüter zuständig. Mit ihnen im Käfer-Spürhundeteam: Gerhard Kraus von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und sein Spürhund Louis. Weinberger und Kraus sind auch ehrenamtlich bei der Naturschutzwacht der Unteren Naturschutzbehörde des Rosenheimer Landratsamts tätig.

Wast und Louis sind französische „Epagneul Bretons“, die die Wälder regelmäßig nach den Schädlingen absuchen. Dafür mussten die Hunde, gemeinsam mit ihren Hundeführern, zunächst ein aufwendiges Ausbildungsprogramm in Österreich absolvieren. Denn, um einen ALB-Befall eindeutig identifizieren zu können, braucht es viel Übung. Damit sich der Vierbeiner den Geruch der Schädlinge einprägen kann, werde er als Erstes mit frischem Material in Kontakt gebracht.

Dabei wird dem Hund meist ein fest verschlossenes Glas unter die Nase gehalten, in dem sich ein lebender Käfer befindet. Nach und nach lernt er, den Duft bei allen Varianten des Käfers – ob Ein- und Ausbohrlöcher in der Baumrinde, Eiablagen oder Larven – und unter unterschiedlichen Bedingungen wiederzuerkennen. „Im Laufe der Ausbildung muss der Hund beispielsweise lernen, dass sich das Käferloch unter Umständen in fünf Metern Höhe befinden kann“, sagt Weinberger.

Gelingt es dem Hund, den Käfergeruch aufzuspüren und seinem Hundeführer den Fund – zum Beispiel durch Kratzen, Hinlegen oder Bellen – mitzuteilen, wird er ausgiebig gelobt und belohnt. Diese positive Bestätigung sorgt dafür, dass der Hund nach der Ausbildung Spaß und Freude an der Käfersuche hat. Über mehrere Monate hinweg üben Hund und Hundeführer die Suche dann mehrmals täglich. Nach einigen intensiven Trainingseinheiten steht zum Schluss eine Prüfung an.

Die Ausbildung von Wast zum zertifizierten Käfer-Spürhund liegt nun gut sieben Jahre zurück. Mittlerweile sind er und Louis echte Profis. Kaum ein Asiatischer Laubholzbockkäfer sei vor ihnen sicher. „Die Hundenase ist sehr, sehr zuverlässig“, sagt Kraus. Der Hund rieche nämlich nicht nur in den drei Dimensionen Länge, Breite und Höhe – sondern auch in der Zeit und in der Dauer. Zum Beispiel könne er allein anhand des Geruches erkennen, wie lange ein Käferbefall etwa her ist.

Durch ihren herausragenden Geruchssinn ergänzen die Spürhunde unter anderem die visuelle Kontrolle zur Schädlingsbekämpfung, die regelmäßig von der LfL durchgeführt wird. Dazu gehört das Monitoring, bei dem ein Mitarbeiter den Baum vom Boden aus, meist mithilfe eines Fernglases, begutachtet. Besteht der Verdacht auf einen Befall, steigt ein ausgebildeter Baumkletterer auf die Baumkrone und nimmt eine Holzprobe.

Dann kommt der Hund zum Einsatz. Dieser schnüffelt an der Probe und signalisiert seinem Hundeführer, ob der Baum tatsächlich vom ALB befallen wurde oder, ob es sich beispielsweise nur um die Eiablage eines harmlosen Käfers handelt. „Die Wahrscheinlichkeit, dass der Hund recht hat, liegt bei weit über 90 Prozent“, sagt Kraus. Zum Vergleich: Beim Monitoring ohne Hund liegt die Erfolgsquote laut Kraus lediglich bei 50 Prozent. Die Spürhunde werden aber nicht nur beim Monitoring, sondern auch bei abgeschlossenen Fällungen eingesetzt. Hat sich der Asiatische Laubholzbockkäfer nämlich durch einen Baum gefressen, müssen alle benachbarten Bäume im Umkreis von 100 Metern gefällt werden. Bei solchen Kontrollen seien manchmal bis zu zehn Hunde beschäftigt.

Entscheidend sei dabei die enge Zusammenarbeit von Mensch und Hund. „Nur als Team funktionieren wir“, sagt Kraus. Da jeder Spürhund auf seine eigene Art auf seinen Fund aufmerksam mache, muss der Hundeführer seinen Vierbeiner in- und auswendig kennen. „Wenn mein Hund den Geruch des Käfers in die Nase bekommt, weiß ich sofort Bescheid“, erklärt Kraus. „Ich bin der Einzige, der das richtig erkennen kann, soll und muss.“ Der Hund darf den Spaß und die Motivation bei der Suche aber unter keinen Umständen verlieren. Deshalb müssen die Hunde zwischendurch genügend Pausen einlegen. „Das ist das A und O“, sagt Weinberger.

Denn sonst könne der Vierbeiner maßlos überfordert – und sogar schwer verletzt werden. „Der Hund bemerkt meist selber nicht, wann es für ihn gefährlich wird“, erklärt Kraus. „Wenn ich als Hundeführer nicht aufpasse und den Hund bei Temperaturen von 30 Grad eine Viertelstunde lang intensiv arbeiten lasse, kann er irreparable Schäden im Hirn davon tragen.“ Deshalb muss sich der Hundeführer seiner Verantwortung bewusst sein und abwägen, wann der Hund eine Auszeit braucht.

Allgemein hänge der Erfolg bei der Spürhundesuche stark von der Witterung ab. Bei kräftigem Wind können die Geruchsmoleküle so weit weggeblasen werden, dass der Hund sie nicht mehr erschnüffeln kann. Auch bei extremer Kälte mache der Einsatz der Hunde wenig Sinn – auch, weil das Risiko zu groß sei, dass ein ALB-Befall übersehen wird. Bei steilen Hängen oder in der Nähe von gefährlichen Verkehrswegen findet die Käfersuche zur Sicherheit von Mensch und Hund ebenso nicht statt.

Viel Zeit und viel
Geld gespart

Dank Einsatz der Spürhunde hat man die Sucharbeiten laut Kraus mittlerweile erfolgreich abschließen können. „In Bayern hatten wir es mit insgesamt sieben ALB-Befallsgebieten zu tun. In allen sieben haben wir den Käfer erfolgreich bekämpfen können“, sagt Kraus. „Die Spürhunde haben uns sehr viel Zeit und Geld eingespart, da wir sonst noch viel mehr Arbeitskräfte gebraucht hätten.“

Miesbach sei nun das letzte Gebiet, in dem der ALB-Befall noch bis Ende des Jahres im Auge behalten werden muss. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass der Asiatische Laubholzbockkäfer in Bayern ausgerottet ist.“

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