Rosenheim – „Eine beeindruckende Erfahrung.“ So beschreibt die 16-jährige Sophia Fritz vom Ludwig-Thoma-Gymnasium in Prien ihr Gespräch mit den CSU-Politikern Angelika Niebler, Ilse Aigner und Alexander Dobrindt. OVB Media hat ihr und zwei weiteren Schülern in einer Europa-Runde die Möglichkeit gegeben, den Politikern vor der Europawahl am 9. Juni mit ihren Fragen auf den Zahn zu fühlen. Dabei wurde deutlich: Die Interessen der Schüler sind breit gefächert – und die Themen, die sie bewegen, für alle relevant.
Nach Angriff auf Ecke:
Aigner mit klarer
Position
Das Gespräch begann mit einem ernsten Thema: Gewalt gegen Politiker. Der Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke hinterlässt viele Fragen. Verroht unsere Gesellschaft? Müssen Politiker um ihre Sicherheit fürchten? „Es sind Tendenzen, die mir sehr zu denken geben“, sagt Ilse Aigner, Präsidentin des bayerischen Landtags. „Gewalt ist nie ein politisches Mittel der Auseinandersetzung.“ Auch an den Schulen sind politische Konflikte ein Thema. „Gerade im Zuge des Nahostkonfliktes scheint auch an Schulen und Universitäten Antisemitismus zuzunehmen. Sehen Sie das als ernst zu nehmende Bedrohung?“, fragt Sophia Fritz die Politiker. „Wehret den Anfängen“, entgegnet Angelika Niebler. „Unsere Gesellschaft muss jetzt achtsam sein und aufpassen.“ Auf europäischer Ebene habe man hier bereits versucht, gegen Antisemitismus im Netz vorzugehen, indem man die Anbieter in die Pflicht nimmt.
„Die Googles dieser Welt müssen darauf achten, was über ihr Netz läuft und gegen antisemitische Parolen vorgehen.“ Aigner betont schließlich, dass Kritik an einer Regierung immer möglich ist. Allerdings sei es nicht okay, dass beispielsweise Studierende wegen ihrer Religion angegriffen werden. „Das haben wir leider bei uns im Land schon einmal gehabt“, sagt Aigner. „Das darf bei uns nie wieder sein.“
Auch dem 18-jährigen Oscar Wagner aus Holzkirchen bereiten die Entwicklungen in der Gesellschaft Sorgen. Er möchte von den Politikern wissen, ob die Brandmauer zur AfD steht. Und er fragt, ob die CSU weiter versprechen kann, dass es keine Koalition mit der AfD geben wird. Hierbei sind sich Niebler, Aigner und der Landesgruppen-Chef Dobrindt einig: Die Brandmauer steht und eine Zusammenarbeit ist ausgeschlossen. „Die AfD ist eine zutiefst radikale, rechtsradikale Partei – nicht nur in ihren Sprüchen und Äußerungen. Sie will auch ein ganz anderes Europa“, sagt Dobrindt. Die AfD wolle sich laut Aussagen von Alice Weidel „Putins eurasischer Union zuwenden“ und von der EU und der NATO abwenden. „Wer so eine These vertritt, will sich offensichtlich einem Diktator unterwerfen. Das hat mit Patriotismus nichts zu tun. Ich glaube, dass das Landesverrat ist“, sagt Dobrindt.
Angesichts der Aggression Russlands fragt sich Oscar auch, ob die Sicherheit in Europa überhaupt noch gewährleistet ist. „Mit diesem brutalen Einmarsch in die Ukraine ist die Welt eine andere und wir müssen uns jetzt in Europa einfach ganz anders aufstellen“, sagt Niebler. Es sei nun besonders wichtig, Synergien zu schaffen und die Kräfte in Europa zu bündeln.
„Auch wenn das kein schönes Thema ist, wird eine große Aufgabe in den nächsten Jahren sein, dass wir uns um unsere eigene Sicherheit kümmern.“
Kräfte bündeln, gemeinsame Grundlagen schaffen: Das ist auch beim Thema künstliche Intelligenz (KI) der Tenor. Hierfür interessiert sich Stefanie Öllerer besonders. Die 19-jährige aus Petting macht derzeit eine Ausbildung zur Fachinformatikerin und interessiert sich daher besonders für das neue KI-Gesetz der EU, welches kürzlich verabschiedet wurde. Öllerer ist sich sicher, dass eine Regulierung von KI dringend notwendig ist. „Wir haben ein ganz ordentliches Gesetz verabschiedet“, sagt Niebler. Die größte Herausforderung sei es allerdings gewesen, die Regeln nicht zu streng zu machen, sodass junge Start-up-Unternehmen nicht nach Großbritannien oder in die USA abwandern. Man wolle in der EU nicht zu viel Bürokratie beim Thema KI, aber „ohne Regeln geht es nicht“.
Niebler hat auch eine Gegenfrage an die drei Erstwähler. Die Politikerin möchte wissen, ob es denn nötig ist, mit KI generierte Fotos und Videos gesondert zu kennzeichnen – auch um Falschmeldungen vorzubeugen. Für Öllerer ist die Antwort hier klar. Personen vom Fach würden zwar bestimmte Merkmale von KI erkennen, doch für Laien sei dies oft kaum zu bemerken. „Dadurch verbreiten sich schnell Fake News“, sagt die 19-Jährige. Auch Sophia Fritz ist sich der Gefahr etwa von Deepfakes bewusst: „Wer kriminelle Absichten hat oder Klassenkameraden fertigmachen will, kann so etwas ganz schnell erstellen und verbreiten.“
Neben KI gibt es ein weiteres großes Thema, welches Stefanie Öllerer beschäftigt. Da sie als Frau in der IT in einer männerdominierten Branche arbeitet, sieht sie eine gewisse Verbindung zu Ilse Aigner und Angelika Niebler. Schließlich seien die beiden Frauen in ihrer Karriere sehr weit gekommen, „und mit Sicherheit war das nicht immer leicht“. Daher bittet sie um einen Tipp für eine junge Frau, die sich in einer von Männern dominierten Welt durchsetzen möchten. Für Aigner ist die Antwort klar: „Das Wichtigste ist immer das gesunde Selbstvertrauen.“ Man solle sich nicht einreden lassen, dass man als Frau etwas nicht könne. Sie habe selbst früh mit Vorurteilen zu kämpfen gehabt, als sie nach ihrem Schulabschluss eine Ausbildung zur Fernseh- und Radiotechnikerin gemacht hat. Niebler hat außerdem noch einen weiteren Ratschlag: Man solle sich als Frau nicht so schnell unterkriegen lassen, wenn man nicht beim ersten Versuch erfolgreich ist.
Die junge Generation beschäftigt auch, warum sie denn so oft mit Vorurteilen kämpfen muss. Immer wieder wird der „Gen Z“ nachgesagt, sie sei faul. Sophia Fritz möchte daher von den CSU-Politikern wissen, ob sie darin eine Wohlstandsgefährdung sehen. Alexander Dobrindt sieht keine mangelnde Arbeitsbereitschaft bei der Generation Z.
Arbeitswelt wird
sich verändern
„Die Arbeit wird anders erledigt, und das ist auch ein Teilergebnis einer digitalisierten Welt“, sagt er. Einen Wohlstandsverlust fürchtet er dadurch nicht. Man müsse sich lediglich mehr auf eine flexiblere Arbeitswelt der jüngeren Generation einstellen. Hier stimmt Fritz ihm zu. Sie findet die Kritik an ihrer Generation „überzogen“. Und auch Niebler erlebt bei der jungen Generation eine „extrem hohe Leistungsbereitschaft“. Zum Ende der Gesprächsrunde zwischen Politikern und Erstwählern ist besonders eine Forderung deutlich: „Gebt der Jugend eine Chance“, sagt Öllerer. Sophia, Stefanie und Oscar sind sich einig: Die Jugend möchte gehört und ernst genommen werden.