Neue Oberlandhalle krönt Lebenswerk

von Redaktion

Ehemaliger Zuchtverbandsvorsitzender Balthasar Biechl wird 75 Jahre alt

Feldkirchen-Westerham – Mehr als ein Jahrzehnt stand Balthasar Biechl aus Hofberg in der Gemeinde Feldkirchen-Westerham an der Spitze des Zuchtverbandes Miesbach. Am heutigen Dienstag wird er 75 Jahre alt. Seine Amtszeit krönte er mit dem Neubau der Miesbacher Oberlandhalle als modernes Zentrum für Viehvermarktung. Der Einsturz der Eishalle in Bad Reichenhall spielte dabei eine Schlüsselrolle.

Der schmucke Hof oberhalb des Lauser Weihers, in dem das Geburtstagskind zusammen mit seiner Frau Annemarie im Austrag lebt, war seit jeher der Mittelpunkt in Biechls Leben. Er wuchs dort mit drei Geschwistern auf. Schon früh war für seine Eltern klar, dass er als ältester Sohn den Hof übernehmen soll. Die Übergabe erfolgte, als er im Jahr 1973 seine Frau heiratete. Aus der Ehe mit der ehemaligen Landtagsabgeordneten und heutigen Ehrenlandesbäuerin gingen zwei Töchter und ein Sohn hervor. Elf Enkelkinder sind mittlerweile nicht nur der ganze Stolz des Opas.

Ein Bauer mit
Leib und Seele

Wenn er es nach der Hofübergabe an seinen Sohn und dem Rückzug von der Verbandsarbeit auch etwas ruhiger angehen lässt, ist er im Grunde seines Herzens noch immer ein Bauer mit Leib und Seele. Nicht selten ist er schon um 5 Uhr in der Früh als Erster aus der Familie im Stall zu finden. „Ich helfe gerne da mit, wo ich gebraucht werde“, sagt Biechl in seiner bescheidenen Art, die ihm in all den Jahren, in denen er Verantwortung für den Zuchtverband trug, viel Sympathie einbrachte.

Der „Zuchtverband für oberbayerisches Alpenfleckvieh Miesbach e. V.“, so der offizielle Name, wurde 1892 als bäuerliche Selbsthilfeorganisation gegründet, die den Landwirten bei der Viehvermarktung half. Gehörten ihm nach Biechls Erinnerung zu Hochzeiten etwa 1800 Betriebe an, sind es laut Homepage des Verbandes heute noch 1347. Sie verfügen über insgesamt 58999 Herdbuchkühe.

„Der Strukturwandel in der Landwirtschaft macht sich auch bei uns bemerkbar“, hat der Jubilar eine einfache Erklärung für den Rückgang. Dennoch gehörten die Tiermärkte in Miesbach weiter zu den bedeutendsten in Deutschland. Daran habe der Rückgang der Mitgliedsbetriebe nichts geändert, so Biechl.

Etwas mehr als 30000 Kälber wechseln derzeit pro Jahr in Miesbach den Besitzer. Bei den Großviehmärkten werden laut Biechl regelmäßig zwischen 100 und 150 Jungkühe sowie 30 bis 50 Stiere aufgetrieben.

Noch immer ist der Verband der größte in ganz Bayern. Acht Viehzuchtgenossenschaften – neben Miesbach sind dies München, Bad Tölz, Wolfratshausen, Tegernsee, Rosenheim, Wasserburg und Bad Aibling – zeugen von dessen tiefer regionalen Verwurzelung.

Standort-Suche nach
Eishallen-Einsturz

In Berührung mit dem Verband kam Biechl bereits relativ früh. Ein Kontakt, der sich nach seiner Hofübernahme fast zwangsläufig ergab. „Der Betrieb war schon Mitglied, als ihn meine Eltern noch führten“, erinnert er sich. Seit 1992 gehörte er dem Vorstand des Verbandes an, an dessen Spitze stand er von 2002 bis 2018.

Die Suche nach einem neuen Standort für die Vermarktung hatte schon begonnen, ehe Biechl als Vorsitzender gewählt wurde. Nahezu dramatische Züge nahm sie jedoch urplötzlich an, als am 2. Januar 2006 die Eishalle in Bad Reichenhall einstürzte. Ein tragisches Unglück, das 15 Tote und 34 Verletzte gefordert hatte.

Plötzlich rückten Gebäude in den Fokus der Behörden, die eine ähnliche Dachkonstruktion wie das Objekt in Bad Reichenhall aufwiesen. Die ehemalige Viehvermarktungshalle des Verbandes auf der Miesbacher Volksfestwiese gehörte dazu. Ein statisches Gutachten listete etliche sicherheitsrelevante Mängel auf, die Halle wurde kurzfristig gesperrt.

Erst als Stützungsmaßnahmen das Gebälk stabilisiert hatten, war der Marktbetrieb fortan unter erschwerten Bedingungen wieder möglich. „Das ging an die Substanz. Wie ein Damoklesschwert schwebte damals das endgültige Aus für die Halle über uns“, erinnert sich Biechl an die schwierigste Phase seiner Amtszeit.

Ein langer, steiniger
Weg zur neuen Halle

Eines war ihm klar: Nur ein Neubau konnte die Zukunft des Verbandes sichern. Unabhängig von den Sicherheitsfragen entsprachen nämlich auch die technischen und räumlichen Voraussetzungen der alten Halle nicht mehr den aktuellen Anforderungen zur Viehvermarktung. Als er die Bedenkenträger im Vorstand von seinen Plänen überzeugt hatte und das Gremium grünes Licht für den Neubau gab, wusste der Vorsitzende noch nicht, wie viele Hürden zu überwinden waren.

„Der lange Weg zur neuen Halle“ lautet der Titel einer im Januar 2017 erschienenen Broschüre. Auf 60 Seiten zeigt das Geburtstagskind darin auf, welch große Anzahl an Steinen beseitigt werden musste, ehe das 9,4 Millionen Euro teure Bauwerk in Betrieb gehen konnte. Als am 4. Januar 2014 dort der erste Markt stattfand, fiel nicht nur Balthasar Biechl ein Stern vom Herzen. „Das war ein Freudentag für alle Verbandsmitglieder“, sagt er.

Hinter ihm lag eine Zeit schwieriger Verhandlungen wegen des Verkaufs des ursprünglichen Grundstückes in Miesbach und der Sicherung des Areals für den neuen Standort vor den Toren der Kreisstadt. Hinzu kamen nicht ganz einfache Genehmigungsverfahren und nicht zuletzt ein Bürgerentscheid, mit dem das Vorhaben gekippt werden sollte. Noch heute freut sich Biechl darüber, dass rund 74 Prozent der Menschen, die abgestimmt hatten, dem Zuchtverband die Zukunft nicht verbauen wollten.

Die Stimmen der Kritiker des Bauwerks von einst sind längst verstummt, den Zuchtverband plagen mittlerweile andere Sorgen. In erster Linie spielt Biechl dabei auf die „überzogene Reglementierungswut“ an, die Züchtern und Vermarktern das Leben schwer mache. „Wenn angebliche Tier- und Umweltschützer, die oft keine Ahnung haben, immer mehr ins politische Geschehen eingreifen, dann haben wir irgendwann keine Chance mehr“, warnt er. Er spielt damit auf Vorwürfe der jüngeren Vergangenheit an, der Zuchtverband achte bei den Tiertransporten nicht ausreichend auf das Wohl des Viehs.

Handeln war
immer „tiergerecht“

„Wir haben immer tiergerecht gehandelt“, erwidert Biechl. Dies gelte auch für die Tiertransporte, die teilweise auch in ferne Länder geführt hätten. Vieh aus Miesbach wurde unter anderem nach Usbekistan, Kasachstan, in die Türkei und die Ukraine sowie nach Äthiopien verkauft. Als nicht gerechtfertigt weist er auch Vorwürfe der Tierschutzorganisation „PETA“ zurück, die den Verband im Vorjahr wegen angeblicher Misshandlung von Tieren bei Viehmärkten angezeigt hatte.

Wenn er seit seinem Rückzug aus dem Amt des Vorsitzenden auch bei den Weichenstellungen für die Zukunft nicht mehr mitwirkt, Biechls Bindung zum Verband ist nach wie vor eng. Und Biechls Sohn Martin folgt den Spuren des Vaters beim Zuchtverband. Er ist seit kurzem Stellvertreter des heutigen Vorsitzenden Markus Dinzenhofer.

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