Urteil im Streit um die „Hochzeit im Sturm“

von Redaktion

11500 Euro Schadensersatz für vom Unwetter ruiniertes Fest im Schloss Amang

Traunstein – Hochzeitsgesellschaften feiern gerne – wie im Internet angepriesen – im überdachten Innenhof von Schloss Amerang im Landkreis Rosenheim, der für seine idyllische Atmosphäre bekannt ist. Doch am 7. August 2021 wurde der „schönste Tag im Leben“ für ein Brautpaar aus dem Landkreis Traunstein zum Albtraum. Ein heftiges Unwetter ließ das Dach des Innenhofs undicht werden, und die Feier fiel buchstäblich ins Wasser. Das Paar erhob vergangenes Jahr Schadensersatzklage gegen den Schlossherrn vor dem Landgericht Traunstein.

Die Fünfte Zivilkammer unter der Leitung von Richterin Melanie Bartschat sprach dem Paar kürzlich 11507,11 Euro von den beantragten 23066 Euro zu. Zunächst hatte die Richterin versucht, die Parteien zu einem Vergleich zu bewegen. Da sich die Prozessbeteiligten jedoch nicht auf die Höhe des tatsächlichen Schadens einigen konnten und der Vergleichsvorschlag des Gerichts abgelehnt wurde, schätzte die Richterin den Schaden im Urteil. Die Kammer entschied außerdem, dass den Klägern kein Schmerzensgeld zusteht. Weiterhin muss der Beklagte die Hälfte der vereinnahmten Miete zurückerstatten. Auf der Homepage der denkmalgeschützten Schlossanlage war vor rund vier Jahren noch „absolute Regensicherheit“ für die begehrte Eventlocation im Hof versprochen worden. Dieser Passus wurde zwischenzeitlich gestrichen. Die festliche Feier an jenem Abend wurde zum Fiasko. Eine Sturmfront zog über den Landkreis, insbesondere über Halfing/Amerang und den Bereich des Chiemsees. Straßen wurden überflutet, Bahnlinien blockiert, und die Feuerwehren mussten Dutzende von Einsätzen bewältigen.

Auch auf Schloss Amerang prasselten ungeheure Wasserfluten nieder. Die Gäste samt Brautpaar und Musikkapelle mussten in eine Remise flüchten und dort mit einer langen Tafel und Klappstühlen vorliebnehmen. Die Tischdekoration war nicht mehr zu gebrauchen, und das liebevoll ausgesuchte Hochzeitsmenü wurde zwar in die Remise nachgebracht, war aber kalt. Die Kläger waren damals außer sich. Die Braut weinte an jenem Abend unentwegt und war gar nicht mehr ansprechbar, wie der Beklagte vor Gericht schilderte.

Das Paar erhob nach der missglückten Feier im November 2023 Klage gegen den Schlosseigentümer und berief sich auf die vertraglich fixierte „absolute Regensicherheit“ im geschützten Innenhof. Hochzeiten werden in Amerang drinnen wie im Freien seit 1966 veranstaltet. Probleme mit der besagten Überdachung gab es nach Angaben des Beklagten nie vor jenem Abend im Sommer 2021. In der mündlichen Verhandlung zeigte er sich zu einem Schadensausgleich grundsätzlich bereit. Die Krux war: Die Haftpflichtversicherung des Freiherrn wollte nicht den kompletten Schaden ausgleichen, da das Unwetter als „höhere Gewalt“ eingestuft wurde, für die sie nicht einspringe. Den Rest hätte der Beklagte aus eigener Tasche zahlen müssen.

Das Gericht ging der Frage, ob das Unwetter außergewöhnlich heftig war, intensiv nach. Mehrere Zeugen wurden angehört und Wetterstatistiken zugezogen. Von allen Seiten, darunter Feuerwehrleuten, hieß es, der Sturm sei äußerst stark verlaufen. Damit sei nur selten zu rechnen. Dennoch wisse man seit 2020, dass man sich auch hierzulande auf derartige Ereignisse einstellen müsse. Mit dem Klimawandel würden solch gewaltige Unwetter noch zunehmen. Dazu konstatierte ein damaliger Kreisbrandmeister im Zeugenstand: „Das Wetter wird immer unkalkulierbarer. Man sieht Wolken. Fünf bis zehn Minuten später herrscht Weltuntergang.“ Ob und wie der Beklagte letztlich mit seiner Versicherung klarkam, war nicht zu erfahren. Monika Kretzmer-Diepold

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