Rosenheim – Dass das kein gewöhnlicher Tag in Rosenheim ist, ist schon in der Früh zu merken. Für einen Freitagvormittag ist es bemerkenswert ruhig in der Stadt. So, als ob etwas anders wäre als sonst. „Rosenheim hat einen seiner ganz großen Söhne verloren“, sagt Gabriele Leicht, Dritte Bürgermeisterin der Stadt. Sie und mehrere Hundert Menschen sind auf dem städtischen Friedhof zusammengekommen – um Abschied von Franz Steegmüller zu nehmen. Der Senior-chef der Flötzinger Brauerei ist am 12. Mai im Alter von 87 Jahren friedlich im Kreise seiner Familie eingeschlafen. Nun wurde er neben seiner Frau Martha Steegmüller beigesetzt.
Beeindruckende
Charakterzüge
Rund um die Familien-Grabstätte liegen in allen Farben Blumenkränze und Gedenkbänder. Die Menschen stehen im Halbkreis um den Sarg, der mit einer Vielzahl von roten Blumen bedeckt ist. Es wird viel geweint, kaum einer spricht. Dann ergreift Andreas Pyhrr, langjähriger Geschäftsführer der Brauerei, der sehr eng mit der Familie Steegmüller verbunden ist, das Wort. „Kennengelernt habe ich Franz Steegmüller im Frühsommer 2001 in einem Bierzelt, wie könnte es anders sein.“ An dem Tag sei er dem Brauereichef als neuer Freund der Tochter Marisa Steegmüller vorgestellt worden. „Zur allgemeinen Überraschung verfiel das erste Gespräch nicht in das befürchtete Schweigen, sondern wurde recht schnell ein intensives Gespräch“, sagt Pyhrr. Für einen kurzen Moment verschwindet die bedrückte Stimmung, auch gelacht wird ein wenig.
Dann wird wieder die große Trauer spürbar. Neben den Jagdfreunden von Franz Steegmüller, die ihm – wie auf den vielen gemeinsamen Jagdreisen – ein letztes Mal „Gute Nacht“ sagen, verabschieden sich auch die Mitarbeiter der Brauerei von ihrem Chef. „Er besaß Charakterzüge, die in der heutigen Zeit so mancher Chef leider vermissen lässt: Ehrlichkeit, Beständigkeit, Glaubwürdigkeit und eine große Disziplin“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Stephan Heinke. Zudem sei er immer für die Mitarbeiter da gewesen. „Er hat sich immer für uns Zeit genommen, wenn es ein Problem gegeben hat“, sagt Heinke. Deshalb werde die nächste Zeit mit Sicherheit keine einfache werden. In der Trauer liege allerdings auch ein Trost: „Und zwar sein Vermächtnis“, sagt der Betriebsratsvorsitzende. Dazu gehöre auch das Flötzinger-Zelt auf dem Rosenheimer Herbstfest. Passend dazu werden die Beisetzung und der Trauergottesdienst, der davor in der Christkönigkirche stattfand, von der Dreder Musi begleitet. Jene Musikkapelle, die seit vielen Jahren im Flötzinger-Zelt spielt.
Unvergessen bleibe, wie der Seniorchef immer zusammen mit seiner Frau Martha das Zelt am Abend Hand in Hand verließ. Genauso wie der Einzug auf die Loretowiese in der Festkutsche. „Dieser Platz bleibt heuer leider leer“, bedauert Gabriele Leicht.
Neben der Dritten Bürgermeisterin erwiesen auch viele langjährige Weggefährten von Franz Steegmüller aus der Kommunalpolitik, Wirtschaft, Verbandssprecher und Vertreter der Vereine aus der Region dem Senior-chef der Brauerei die letzte Ehre. „Alle, die hier Abschied nehmen, hat mit Franz Steegmüller etwas verbunden“, sagt Stadtpfarrer Monsignore Thomas Schlichting. Eine Beziehung lebe aber immer weiter, so der Trost des Seelsorgers.
Wie groß die Lücke sein muss, die Franz Steegmüller in seiner Familie hinterlässt, wird deutlich, als Sophie Steegmüller sich von ihrem Opa verabschiedet. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr uns dein Verlust schmerzt“, sagt sie. Man merkt ihr an, wie schwer es ihr fällt, darüber zu sprechen. „Seit ich lebe, warst du stets mit Rat und Tat an meiner Seite, an hellen und auch an allen dunklen Tagen.“
Ein Blumenstrauß
für den Opa
Um ihrem geliebten Opa nochmal ganz nahe zu sein, sei sie extra in der Früh auf die Felder hinausgefahren und habe ihm frische Blumen gepflückt. „Dabei habe ich mich daran erinnert, wie oft wir zusammen über die Wiesen und durch die Wälder geschlendert sind. Opa, ich vermisse diese gemeinsamen Stunden mit dir“, sagt sie mit brüchiger Stimme. Nun solle er im Himmel „auf die Oma aufpassen.“