Die ersten Minuten oder Stunden sind entscheidend

von Redaktion

Tag der vermissten Kinder – In der Region drastischer Anstieg verzeichnet – „Lieber einmal mehr die Polizei anrufen“

Rosenheim – Der „Tag der vermissten Kinder“ am heutigen Samstag soll darauf aufmerksam machen, dass immer wieder Kinder verschwinden. Auch in der Region kommt es vermehrt zu Vermisstenfällen – und die Entwicklung in den vergangenen Jahren ist erschreckend.

16500: So viele Kinder bis einschließlich 13 Jahre wurden im vergangenen Jahr in Deutschland als vermisst gemeldet. Das geht aus Zahlen des Bundeskriminalamtes (BKA) hervor. Immer wieder kommt es vor, dass ein Kind nicht wie verabredet nach Hause kommt, oder auch auf dem Schulweg verloren geht. Doch nur selten enden diese Vermisstenfälle dramatisch. In den vergangenen Jahren lag die bundesweite Aufklärungsquote laut BKA bei 99,6 Prozent.

Auch in unserer Region gibt es immer wieder Fälle von vermissten Kindern – und die Zahl ist in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen. Im Jahr 2015 registrierte das Polizeipräsidium Oberbayern Süd lediglich acht vermisste Kinder im Alter von einem bis 13 Jahren. 2021 waren es dann bereits 42 Fälle und im folgenden Jahr stieg die Zahl dann sprunghaft auf 210 Fälle an. Im Jahr 2023 sank sie ein wenig auf immer noch 163 Fälle. Zum Anstieg aus dem Jahr 2021 heißt es aus dem Präsidium auf OVB-Anfrage: „Ob dieser auf die damals steigende Zahl von ‚unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen’ oder auf eine mögliche Änderung der Erfassung zurückzuführen ist, kann nicht gesagt werden.“

Auch wie lange die Kinder vermisst waren, ob und wann sie wieder aufgefunden wurden, geht aus den Daten der Polizei nicht hervor. „Zumeist handelt es sich bei vermissten Kindern um solche, die sich beispielsweise im näheren Umfeld versteckt haben und spätestens bei der ersten Absuche wieder aufgefunden werden“, erklärt ein Pressesprecher des Polizeipräsidiums. „Oftmals sind Kinder auf dem Weg zur Schule abgängig“, führt er weiter aus. „Hier handelt es sich um sogenannte Schulschwänzer, welche in der Regel schnell wieder aufgegriffen werden.“

Wie die Suche bei einer Vermisstenmeldung abläuft, ist von Fall zu Fall unterschiedlich, wie Polizeihauptkommissar Robert Maurer von der Polizeiinspektion Rosenheim auf OVB-Anfrage erklärt. „Es gibt keine 24-Stunden-Regeln, wie man sie vielleicht aus Filmen kennt“, sagt er. Sobald ein Kind oder ein Jugendlicher sein normales Lebensumfeld verlassen hat, gilt es als vermisst. „Bei Personen über 18 Jahren muss man Hinweise darauf haben, dass die Person ihr Lebensumfeld mit Absicht verlassen hat“, erklärt Maurer.

Im Anschluss werde in der Regel derjenige befragt, der die Person als vermisst gemeldet hat. Aber auch das direkte Umfeld – also Verwandte und Bekannte – werden befragt und ein gewisser Bereich abgeklappert. „Es sind immer absolute Einzelfallentscheidungen“, erklärt Maurer. Ein konkretes Schema, welches auf alle Vermissungen anwendbar ist, gebe es nicht.

Sollten die ersten Maßnahmen noch nicht zum Erfolg führen, können Polizeihubschrauber, Polizeireiter oder auch Personenspürhunde zusätzlich zu den Beamten der Dienststellen angefordert werden. Aber auch Feuerwehr oder das Technische Hilfswerk (THW) sind ab und an bei Vermisstensuchen beteiligt. Für Maurer ist im Fall einer Vermisstensuche klar: „Lieber fährt man in diesem Fall einmal einen Einsatz höher. Die ersten Minuten und Stunden sind meiner Erfahrung nach sehr, sehr wichtig. Hier braucht man Manpower.“ Besonders, wenn Kinder und Jugendliche abgängig sind, gelte dies sofort. Eltern, die in eine solche Situation geraten, kann Maurer besonders einen Rat mitgeben: „Lieber einmal zu viel die Polizei anrufen.“ Er wisse, dass es für Eltern schwierig sei, gerade wenn das Kind nur fünf Minuten später nach Hause kommt, als ursprünglich verabredet. „Da wird kein Erziehungsberechtigter bei uns anrufen.“ Er vertraut hier auf das Gespür der Eltern. „Wenn man ein komisches Bauchgefühl hat, unbedingt die Polizei rufen“, appelliert er.

Patricia Huber

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