Rosenheim/Kolbermoor – Familie, Freunde und Wasserski-Begeisterte aus der ganzen Region trauern um Dr. Günther Ludwig, Ehrenmitglied des Wasserskiclubs Kiefersfelden-Rosenheim, der kürzlich im Alter von 85 Jahren verstorben ist.
1938 in Weiden geboren, kam Günther Ludwig nach dem Ende des Krieges nach Rosenheim, wo seine Eltern eine Spedition aufbauten. Nach dem Abitur am Sebastian-Finsterwalder-Gymnasium studierte er in Österreich Wirtschaftswissenschaften und promovierte dort auch. Gleichzeitig fuhr er Transporte im elterlichen Unternehmen. Nebenbei verdiente er sich sein Studium als Pianist in der Tanzband „Zenith“. Schon als Schüler war Ludwig sportlich aktiv, war bei den Turnern und ein erfolgreicher Sprinter in der Leichtathletikabteilung des TSV 1860 Rosenheim.
Der alles verändernde Punkt in seinem Leben war Ende der 60er-Jahre, als er durch Bekannte, die ein Motorboot besaßen, mit dem Wasserskisport in Berührung kam. Von nun an bestimmte dieser Sport seine Freizeit und schon zwei Jahre nach seinem Eintritt in den Wasserskiclub am Hödenauer See war er in der Vorstandschaft aktiv, organisierte die deutschen Meisterschaften 1976 an der heimischen Seilbahn, war bis 1978 drei Jahre lang Vorsitzender des Vereins und wurde im gleichen Jahr Seilbahnbeauftragter im Präsidium des Deutschen Wasserskiverbandes.
In wenigen Jahren machte Ludwig die Seilbahnwasserskiläufer von den belächelten „Kiesgrubenfahrern“ zu einem ernst zu nehmenden Bestandteil des DWSV (Deutsche Windsurfing Vereinigung) mit eigenem Ressort und gleichwertiger Finanzierung.
Von 1973 bis 1983 war er nicht nur sportlich in der Ü35-Klasse mit zahlreichen Meistertiteln im Slalom und Figurenlauf erfolgreich und gewann so manchen Seniorenpokal, er machte parallel dazu auch eine Schiedsrichterausbildung und legte die Prüfung zum internationalen Klasse-I-Schiedsrichter ab. Die bedeutende Phase seiner Aktivitäten begann 1982 mit der Übernahme der Seilbahnkommission im Europäischen Wasserskiverband, für die er die internationalen Wettkampfregeln ausarbeitete und turnusmäßige Europameisterschaften etablierte. Die ersten fanden 1985 in Langenfeld statt, bei denen Axel Müller vom heimischen Verein den EM-Titel im Slalom holte.
Mithilfe seiner guten Kontakte in aller Welt initiierte Ludwig 1998 die ersten Cable-World-Championships in St. Leon bei Heidelberg, die seitdem turnusmäßig alle zwei Jahre ausgetragen werden. Mit Stolz und Freude konnte er 2002 und 2008 den Titelgewinn seiner Kiefersfeldener Springer Thomas Bauer und Jochen Lüers mitfeiern.
Im DWSV war er von 1986 bis 1990 Vizepräsident, stellte das Amt aber zur Verfügung, weil er inzwischen im Technical Council des Internationalen Wasserskiverbandes tätig war, Schiedsrichterseminare ausrichtete und in zahllosen Panels bei Europa- und Weltmeisterschaften sowie bei den World Games 1989 in Karlsruhe als Assistent des Chefschiedsrichters fungierte.
Der absolute Höhepunkt seiner Schiedsrichtertätigkeit war 1997 die Berufung zum „Chief Judge“ der Weltmeisterschaften in Medellin, Kolumbien. Ludwig war damit bis heute der erste und einzige Deutsche, dem diese Aufgabe anvertraut wurde. Mit Unterstützung seines Sohnes Thomas, der ebenfalls nach seiner aktiven Läuferkarriere die Schiedsrichterlaufbahn eingeschlagen hatte, konnte er die gesamte Veranstaltung fehlerfrei und mit großem Bravour abwickeln. Dass Ludwig dann zum Ehrenmitglied des Internationalen Verbandes ernannt wurde, war die verdiente Anerkennung seiner Leistungen.
Nicht nur Sport und Regelwerk waren ihm wichtig, auch die soziale Komponente des Vereinslebens war ihm ein Anliegen. Als Vorsitzender organisierte er Faschingsveranstaltungen, Winterskitage, Vergleichswettbewerbe mit ausländischen Clubs in der Schweiz und in Spanien.
Seine Dienstagstrainingsrunde, die ihren Anfang 1977 mit einer spontanen Feier nach dem Training nahm, wurde über die Jahre zu einer festen Einrichtung. Ab 1987 wurden 25 Jahre lang mit bis zu zehn Mitgliedern jährliche Städtereisen unternommen. In der Saison von Mai bis September traf man sich am Walchsee zum Slalomfahren und weder ein künstliches Knie noch eine neue Herzklappe hinderten Ludwig daran, den Sprungstart hinter dem Motorboot zu wagen und die sechs Bojen zu umrunden. Sein Herz gehörte dem Wasserskisport. lüe