Rütteln am Märchenimage Bergbauer

von Redaktion

„Echt gut? Festgebunden und ausgebeutet für Berchtesgadener Land“, heißt es in der Beschreibung eines Videos von Animal Rights Watch, das seit wenigen Tagen im Netz kursiert. Adressat der kritischen Botschaft: die bekannte Molkerei mit Sitz in Piding.

Piding – Schon fast 10000 Likes innerhalb von wenigen Tagen: Mit einer „Undercover-Recherche“ hat die Tierrechtsorganisation Animal Rights Watch für Aufsehen gesorgt. Dieses Mal geht es um die Molkerei Berchtesgadener Land. Diese stand bereits vor einigen Wochen im Zentrum von Vorwürfen der Organisation PETA, was Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber dazu veranlasste, in einer Stellungnahme entschieden gegen die Kritik an der Milchwirtschaft vorzugehen.

Nun veröffentlichte Animal Rights Watch ein Video, in dem angeblich die Haltungsbedingungen von Rindern in vier Betrieben gezeigt werden. Diese, so wird darin behauptet, würden nachweislich für die Molkerei produzieren.

Biokühe in
„Dreckslöchern“

Eine Frau berichtet in dem Beitrag davon, dass die Aktivisten einem Lkw der Molkerei zu mehreren Bauernhöfen hinterhergefahren seien. Vor Ort fanden sie „verdreckte Kühe, angebunden im Stall, sogar teilweise die Schwänze hinten angebunden“ und „illegal angebundene, neugeborene Kälbchen“. Auch ein „Naturland“-Betrieb, der an die Molkerei liefern würde, sei entdeckt worden. „Als würde es nicht noch schlimmer gehen“, sagt die Aktivistin. „Selbst Biokühe stehen zum Teil angekettet in solchen Dreckslöchern. Und wofür? Für ein Glas Milch?“, endet das Video.

Animal Rights Watch kritisiert in der Beschreibung des Beitrags, dass die Molkerei auf ihrer Website „Kuhkomfort für gesunde Kühe“ und „natürlich ganz viel Tierwohl“ verspreche. „Längst überfällig, dieses Märchen-Image endlich zu brechen – unsere Recherche zeigt, was wirklich hinter der Bergbauern-Milch steckt: eine ziemlich dicke Lüge.“

Das Unternehmen gab auf Anfrage an, „dass die Tierschutzorganisation mit uns bisher keinen Kontakt gesucht hat“. Sowohl für die Molkerei als auch ihre Genossenschaftsmitglieder – insgesamt rund 1600 Landwirte – sei Tierwohl eines der wichtigsten Anliegen, betonte die Molkerei. „Deshalb waren wir von den von Animal Rights Watch aufgenommenen Videos ebenfalls überrascht“, teilte eine Sprecherin mit.

Molkerei
überprüft Betriebe

Das Videomaterial sei nach der Veröffentlichung umgehend geprüft und mehrere Maßnahmen auf den betreffenden vier Höfen ergriffen worden. Drei der Betriebe seien konventionelle, einer sei ein ökologisch wirtschaftender Betrieb. Es handle sich um kleine bäuerliche Familienbetriebe mit 15 bis 28 Kühen „mit sehr engem Mensch-Tier-Kontakt“, die Kombinationshaltung in der Alpenregion betreiben.

Alle vier Betriebe haben nach Angaben der Molkerei bereits mit dem Weidebetrieb begonnen, teilweise würden die Tiere den Sommer auf der Alm verbringen.

„Bei einer Vor-Ort-Begehung der konventionellen Betriebe am 28. Mai durch unsere Hofberater fanden wir sehr saubere Ställe vor. Die Tiere waren ebenfalls in einem sehr guten und sauberen Zustand“, schildert die Sprecherin. Der „Naturland“-Betrieb sei erst am Mittwoch identifiziert worden, weshalb dort noch keine Eindrücke gesammelt worden seien.

Wie die Molkerei mitteilt, befinden sich zwei der konventionellen Betriebe und der Bio-Betrieb in der Planungsphase für einen neuen Stall. „Die Bänder zur Schwanzfixierung in den betroffenen Betrieben sind zwischenzeitlich entfernt. Im kommenden monatlichen Erzeuger-Rundschreiben geben wir an unsere Betriebe die dringende Empfehlung, von dieser Maßnahme zukünftig abzusehen.“

Zu dem Vorwurf, neugeborene Kälbchen illegal angebunden zu haben, erklärt die Sprecherin von Berchtesgadener Land, dass ein konventioneller Betrieb während der Reinigung der Kälberboxen die Kälber für kurze Zeit angebunden habe. Auch hier sollen bei einem Rundschreiben die Mitglieder nochmals darüber informiert werden, „dass eine Kälber-Fixierung – auch nur für kurze Zeit – verboten ist.“ Die artgerechte Haltung von Kälbern sei Teil der Qualitätskontrolle auf den Höfen, die über ein externes Zertifizierungs-Unternehmen regelmäßig überwacht werde. Der betroffene Bio-Betrieb wirtschafte nach den „Naturland“-Richtlinien, die ebenfalls freie Bewegung für die Tiere vorschreiben – entweder im Laufstall oder in der Kombinationshaltung. „Weide im Sommer ist auch hier für die Laufstallbetriebe vorgeschrieben.“ Generell betonte die Molkerei, Milch aus ganzjähriger Anbindehaltung nicht zu verarbeiten.

Verweis auf
Seminare

„In der extensiven Berglandwirtschaft wird von jeher traditionell Kombinationshaltung betrieben. Dabei sind die Kühe im Winter im Stall angebunden und von Mai bis Oktober an mindestens 120 Tagen auf der Weide. „Dafür erhalten die konventionellen Betriebe Bewegungsprämien zusätzlich zum Milch-Grundpreis“, so die Sprecherin. Darüber hinaus verweist sie auf weitere Maßnahmen der Molkerei zur Verbesserung des Tierwohls – darunter Laufstall-Bauseminare und Informationsfahrten zu „guten Stallbaulösungen“.

Anzahl der Milchkühe und Betriebe

Artikel 9 von 11