Flintsbach – „Unsere schlimmsten Befürchtungen haben sich plötzlich alle auf einmal erfüllt.“ So beschreibt der Flintsbacher Bürgermeister Stefan Lederwascher die Notlage, in der sich die Gemeinde Flintsbach innerhalb von wenigen Stunden befand.
Am Montagabend kam der Hang zum Petersberg und Berggasthof Hohe Asten ins Rutschen und hinterließ eine tiefe Schneise aus Schutt und Geröll.
Hang rutscht durch die Burgmauern
Die schieren Wassermassen, die laut Feuerwehr gegen 18 Uhr auf Flintsbach niederprasselten, waren so stark, dass sie auch nicht vor der historischen Burg Falkenstein haltmachten. Mitten durch das Burggelände rutschte der Hang ab und riss einen Teil der Mauer mit sich.
„Wir haben schnell reagiert und die Anwohner bis hinunter zur Kufsteiner Straße evakuiert“, berichtet der Flintsbacher Feuerwehrkommandant Jörg Benkel. Innerhalb kürzester Zeit informierten die Einsatzkräfte die Bewohner von Falkensteinstraße, Schloßbergweg und Anton-Rauscher-Weg, um alle in Sicherheit zu bringen. Die Folge: „Niemand wurde verletzt“, sagt Benkel, der wie seine Kollegen bis zwei Uhr morgens mit dem Kampf gegen das Unwetter beschäftigt war. Denn nicht nur rund um die Burg sah es zwischenzeitlich dramatisch aus. Auch im Bereich von Tiefenbach, nahe der Autobahnausfahrt Brannenburg, mussten die Feuerwehrler die Menschen aus ihren Häusern holen. „Auch hier drohte eine Überschwemmung, allerdings hat der Damm gehalten“, sagt Benkel. Dementsprechend konnten dort schon am Dienstagmorgen alle Anwohner zurückkehren.
Verheerender ist die Lage unter der Burgruine. „Dort prüft das Rosenheimer Landratsamt die Statik und klärt, inwieweit noch die Gefahr eines weiteren Hangrutsches besteht“, sagt
Lederwascher. Solange dürfen die Bewohner noch nicht wieder in ihre Häuser einziehen.
Eine von ihnen ist Eva
Bishop, die nach der Evakuierung bei ihrer Schwester in Rosenheim unterkam. „Das war ein surreales Erlebnis, als plötzlich zwei Männer von der Feuerwehr bei uns geklingelt haben“, berichtet die Flintsbacherin. Doch die Helfer seien alle sehr freundlich gewesen und haben sie zusammen mit ihrem Mann und ihrem Labrador zur Sammelstelle zum Gasthof Falkenstein gebracht.
Dort staunte der Gastwirt Markus Schwaiger nicht schlecht, als plötzlich „ein Haufen Leute“ vor seiner Tür stand. „Eigentlich hatten wir Ruhetag. Ich war unterwegs und habe davon zunächst gar nichts gewusst“, sagt Schwaiger. Doch zusammen mit den anderen Helfern sorgte er dafür, dass alle für die Nacht ein Dach über dem Kopf hatten. Zumal auch nicht jeder bei Bekannten oder Verwandten unterkam. „Rund 15 Leute haben bei uns übernachtet“, sagt der Gastwirt. Komplett von der Außenwelt abgeschnitten ist der Berggasthof Hohe Asten. „Der Weg nach unten existiert quasi nicht mehr“, berichtet die Betreiberin Christa Astl. Zwei Muren seien hinter dem Haus heruntergekommen und hätten sowohl Garten als auch Keller mit Lehm, Morast und Gestein gefüllt. „Auch hier wurde niemand verletzt“, sagt Astl. Alle sechs Familienmitglieder und auch die Tiere seien glimpflich davongekommen. Nun versuche man, über die Straße Richtung Sudelfeld wieder einen Zugang ins Tal zu finden.
Genauer Schaden noch nicht absehbar
Die meisten Flintsbacher sind aktuell damit beschäftigt, eine Bestandsaufnahme zu machen. „Wir kümmern uns um einige Keller, die vollgelaufen sind“, sagt Feuerwehrkommandant Benkel. Der genaue Schaden sei allerdings noch nicht zu überblicken.
Immerhin hat sich das Wetter stabilisiert und so wirkt es fast schon unwirklich, dass die Gesteinsbrocken am Dienstag bei strahlendem Sonnenstein von den Straßen entfernt werden. Selbst das große Jubiläumsfest der Feuerwehr, das am Donnerstag mit dem Bieranstich im Festzelt beginnen soll, hat der Kommandant noch nicht abgeschrieben. „Dass diese Woche stressig werden wird, haben wir eigentlich alle erwartet“, sagte der Kommandant. „Allerdings nicht so!“