Traunstein – Wer den Song „L’amour toujours“ des italienischen DJs und Musikproduzenten Gigi D‘Agostino hört, denkt an Party und gute Laune. Eigentlich. Aber das Lied wurde in jüngster Zeit immer häufiger mit negativen Schlagzeilen in Verbindung gebracht, weil Personen es für die ausländerfeindliche Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ missbrauchen. So ging kürzlich etwa ein Video viral, das rassistische Gesänge zu dem Lied bei einer Feier auf Sylt zeigte.
In der Nacht auf vergangenen Samstag hat das Lied auch für einen Polizeieinsatz in Traunstein gesorgt. Wie die Bundespolizei Freilassing mitteilt, soll eine 13-köpfige Gruppe im Alter von 14 bis 29 Jahren in einem Zug zwischen Übersee und Traunstein den Song angestimmt und auch mit der ausländerfeindlichen Parole versehen haben.
Indischen Fahrgästen
Gewalt angedroht
Zudem sollen sich die Personen, die ihren Wohnsitz zum Großteil in Baden-Württemberg und Hessen haben, zwei Indern gegenüber aggressiv verhalten haben. Sogar Gewalt sollen sie ihnen laut Polizei angedroht haben. Zu körperlichen Auseinandersetzungen sei es nicht gekommen. Drei Deutsche zwischen 20 und 38 Jahren stellten sich der Gruppe entgegen, einer von ihnen betätigte die Notbremse des Zuges, der dann in Traunstein anhielt.
Die 13-köpfige Gruppe wurde im Weiteren von der Weiterfahrt ausgeschlossen und mit Platzverweisen belegt. Drei von ihnen sind laut Bundespolizei Freilassing bereits wegen Gewaltdelikten polizeilich bekannt. Die Staatsanwaltschaft Traunstein und die Bundespolizei ermitteln nun wegen des Verdachts der Volksverhetzung, Beleidigung und Bedrohung.
Welche Strafen bei solchen Vergehen drohen können, erklärt Oberstaatsanwalt Dr. Rainer Vietze, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Traunstein. Handelt es sich um eine Volksverhetzung nach Paragraf 130 Absatz 1 Strafgesetzbuch (StGB), ist eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren möglich. Unter bestimmten Voraussetzungen ist aber auch eine Geldstrafe von mindestens 90 Tagessätzen möglich. Der genannte Paragraf setzt jedoch voraus, dass zum Hass aufgestachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen aufgefordert wird.
„Alternativ könnte auch Paragraf 130 Absatz 1 Nummer 2 StGB erfüllt sein“, erklärt Vietze. Dieser Punkt setzt voraus, dass die Menschenwürde anderer angegriffen wird, dass sie beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden.
Richten sich fremdenfeindliche Parolen konkret gegen einzelne Personen, so können weitere Straftatbestände erfüllt sein, zum Beispiel eine Beleidigung nach Paragraf 185 StGB. Dieses Vergehen kann zu einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr führen oder zu einer Geldstrafe. Es sei aber immer der Einzelfall zu betrachten, denn unter Umständen könne es sich auch um Nötigung oder Bedrohung handeln, was mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden kann.
Ermittlungen stehen
noch am Anfang
Im Fall der 13-köpfigen Gruppe in Traunstein steht das Ermittlungsverfahren laut Oberstaatsanwalt Vietze noch am Anfang. „Gemäß Mitteilung des zuständigen Staatsanwalts sind bei uns die schriftlichen Unterlagen der Polizei noch nicht eingegangen. Nach deren Eingang werden diese tatsächlich und rechtlich umfassend geprüft werden, bevor über das weitere Vorgehen entschieden wird“, erklärte Vietze. Damit steht noch nicht fest, ob die Beschuldigten tatsächlich Straftaten begangen haben. Bisher wurde nur ein Anfangsverdacht bejaht. Manuel Hinmüller