„Ich dachte, jetzt ist es vorbei“ – Versuchter Mord vor Gericht

von Redaktion

23-Jähriger vor dem Schwurgericht Traunstein – Massiver Angriff auf Ex-Lebensgefährtin – Angeblich keine Tötungsabsicht

Tuntenhausen/Traunstein – Um versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung dreht sich ein Prozess des Traunsteiner Schwurgerichts mit Vorsitzendem Richter Volker Ziegler gegen einen 23 Jahre alten Angeklagten. Er soll seine ein Jahr ältere frühere Lebensgefährtin in deren Wohnung in Tuntenhausen massiv verletzt und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt haben. Zwei Tage lang hatte das Schöffengericht am Amtsgericht Rosenheim im Februar über den Fall verhandelt und ihn dann an die höchste Strafkammer beim Landgericht Traunstein verwiesen.

Noch im Gerichtssaal wurde der Mann damals in Untersuchungshaft genommen. Die ursprüngliche Anklage von Staatsanwalt Wolfgang Fiedler auf gefährliche Körperverletzung und Hausfriedensbruch wurde entsprechend der Einschätzung des Schöffengerichts erweitert um Verdacht auf einen „versuchten Mord“.

Das Familiengericht am Amtsgericht Rosenheim hatte dem inzwischen 23-Jährigen aufgrund verschiedener Vorfälle Mitte Februar 2023 untersagt, mit der früheren Partnerin in Kontakt zu treten. Vier Wochen später, am 17. März 2023, klingelte der Angeklagte mittags an der Wohnungstür der Geschädigten. Als die Frau öffnete und ihn nicht reinlassen wollte, stemmte sich der Ex gegen die Tür, betrat gegen den Willen der 24-Jährigen die Räume, packte sie im Gesicht und am Hals. Er brachte sie zu Boden, umfasste den Hals mit beiden Händen und drückte „mindestens 30 Sekunden kräftig zu“, wie es in der Anklage heißt. Durch den Würgevorgang wurde das Opfer kurzfristig bewusstlos. Erst als Nachbarn an der Wohnungstüre klopften, ließ der Angreifer von der Geschädigten ab. Eine Nachbarin sorgte per Notruf für rasche Hilfe für die Verletzte.

Der Angeklagte, verteidigt von Rechtsanwältin Gabriele Sachse aus Rosenheim, räumte gestern den Sachverhalt ein, beteuerte allerdings, er habe die Geschädigte nicht töten wollen. Einen Verletzungsvorsatz bestritt er nicht. Seine psychische Verfassung bei der Tat wird der psychiatrische Gutachter, Dr. Josef Eberl vom Bezirksklinikum in Gabersee, noch beleuchten.

Die 24-Jährige erlitt bei der Attacke deutlich sichtbare, blutunterlaufene Würgemale beidseits am Hals, Kratzwunden im Gesicht, dazu Prellungen und Prellmarken an der Lendenwirbelsäule sowie Einblutungen an der Brustwirbelsäule. Gemäß Anklage befand sich das Opfer mit Nebenklagevertreter Raphael Stanke aus Bad Aibling an der Seite damals in „abstrakter Lebensgefahr“.

Die Frau schilderte im Zeugenstand, sie habe versucht, sich gegen den körperlich überlegenen Eindringling zu wehren. Der Kampf habe sich vom Flur in das Gäste-WC verlagert. Dort sei sie zu Boden gegangen. Das Opfer wörtlich: „Ich hatte langsam keine Kraft mehr. Ich dachte, jetzt ist es vorbei.“ Bei dem Würgen sei ihr „schwindlig, sehr schwindlig, dann schwarz vor Augen“ geworden. Danach wisse sie nichts mehr. Als sie wieder zu Bewusstsein gekommen sei, habe sie der Angeklagte an beiden Armen geschüttelt und ihren Namen gerufen. Sie habe seine Hände weggeschlagen und sei geflohen. Neben Hals- und Kopfschmerzen habe sie drei bis vier Wochen lang Schluckbeschwerden gehabt, so die Geschädigte gestern.

Der Sachverständige Dr. Florian Fischer vom Rechtsmedizinischen Institut an der Uni München erläuterte anhand von Fotos zum Beispiel die Kraftübertragung bei den einzelnen Handlungen. Die Verfärbungen im Gesicht seien viele kleine Punktblutungen oder „Einklemmungen“ – entstanden durch fehlenden Abtransport des Blutes wegen blockierter Blutgefäße.

Die Hauptverhandlung wird am 9. und 13. Juli sowie am 5. August jeweils um 9 Uhr fortgesetzt. kd

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