Rosenheim – Mit der Einstellung eines hauptamtlichen Biberbeauftragten im Landratsamt wollen die Freien Wähler (FW) den Dauerstreit entschärfen, den es zunehmend wegen der von den Nagern verursachten Schäden im Landkreis Rosenheim gibt. Ihr Vorstoß findet bei den Kreistagsfraktionen kaum Gegenliebe.
CSU-Fraktionssprecher Felix Schwaller will den FW-Antrag erst einmal in seiner Fraktion diskutieren, ehe er ihn abschließend bewertet. „Ich bin kein absoluter Fachmann“, sagt er zu diesem Thema, dennoch hegt er bereits jetzt am Bedarf für die Stelle Zweifel. „Ich weiß nicht, ob das Unheil so groß ist, dass diese Einstellung gerechtfertigt wäre.“ Außerdem warnt er vor den hohen Kosten einer neuen Stelle. „Die wird ja nie mehr abgeschafft.“
Auch Vorschlag
zur Finanzierung
Die Freien Wähler hatten in ihrem Antrag vorgeschlagen, zur Finanzierung der Personalmehrung auf Mittel zurückzugreifen, die bisher für die Rosenheimer Verkehrsgesellschaft (RoVG) benötigt wurden. Schließlich werde diese nach dem Beitritt des Landkreises zum Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) aufgelöst.
Das Landratsamt verwies auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen darauf, dass die Personalkosten der RoVG nicht vom Landkreis getragen würden. Sie erhalte bisher von der Stadt und dem Landkreis Rosenheim jährlich einen Zuschuss in identischer Höhe, den die Gesellschaft zur Finanzierung des Angebots im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), für Sachkosten und das Personal verwende. 2024 lag diese Summe bei jeweils 2,8 Millionen Euro.
Die Landkreisverwaltung rechnet darüber hinaus nicht damit, dass eine Auflösung der RoVG noch in diesem Jahr rechtlich möglich sein wird, und verweist auf einen Beschluss des Kreistags. Der sieht vor, dass nach der Auflösung der RoVG das Ressort ÖPNV/Mobilität auf einen Mitarbeiter im Bereich Wirtschaftsförderung übertragen werden soll. Außerdem erfolge die Schaffung einer zusätzlichen Stelle „zur Koordination der Mobilität in Zusammenarbeit mit der Stadt Rosenheim und dem MVV“.
Vor diesem Hintergrund geht die Verwaltung „prognostisch“ davon aus, dass nach Auflösung der RoVG die frei werdenden Mittel nicht anderweitig zur Verfügung stehen. Sie würden für die „zielgerichtete Aufgabenübernahme durch die MVV GmbH sowie die weitere Förderung des ÖPNV“ verwendet werden. Landrat Otto Lederer (CSU) lehnte ein Statement zum Vorstoß der Freien Wähler mit dem Hinweis ab, er wolle sich dazu nicht vor der Behandlung des Themas in den zuständigen Gremien äußern.
Eindeutig gegen eine zusätzliche Stelle positioniert sich Georg Reinthaler, Fraktionssprecher von Bündnis 90/Die Grünen und zugleich Bürgermeister von Eiselfing. „Die bringt gar nichts.“ Den ehrenamtlich tätigen Biberberatern im Landkreis attestiert er „eine sehr gute Arbeit“. Er habe in seiner Gemeinde stets positive Erfahrungen mit dem Landratsamt gemacht, wenn es um die Lösung von Konflikten in Zusammenhang mit dem Bibervorkommen gegangen sei.
Reinthaler missfällt auch die Rhetorik der Freien Wähler. „Es wird Zeit, dass man bei den Emotionen einen Gang rausnimmt. Ständig populistisch draufzuhauen, das hilft nicht weiter.“ Überdacht werden sollte seiner Ansicht nach allerdings der strenge Schutzstatus, den der Biber in der EU genießt. „Ich würde mir wünschen, dass wir das EU-Recht vor Ort etwas flexibler als bisher auslegen könnten“, so das Gemeindeoberhaupt. Dann ließen sich manche Konflikte, für die der Biber sorge, leichter lösen.
Nicht zuletzt auch mit Hinweis auf den strengen Artenschutz des Tieres nach EU-Recht lehnt SPD-Fraktionssprecherin Alexandra Burgmaier die Schaffung einer neuen Stelle ab. „Daran ändert der Vorstoß nichts. Ich sehe keine Notwendigkeit und habe kein Verständnis für den Antrag“, sagt sie. Vor allem auch vor dem Hintergrund, dass sich bereits eine Angestellte der unteren Naturschutzbehörde mit dem Thema Biber befasse.
Auch die ehrenamtlichen Biberberater seien „engagierte und gewissenhafte Kümmerer“. Sie spreche da auch aus eigener Erfahrung, so die Fraktionsvorsitzende.
Dieter Kannengießer, Sprecher der Parteiunabhängigen/ÜWG im Kreistag, kann die Dimension der Biber-Problematik im Landkreis nach eigenen Angaben zwar nicht exakt beurteilen, gegen den Antrag der Freien Wähler positioniert er sich aber eindeutig.
„Das ist ganz klar eine Aufgabe des staatlichen Landratsamtes. Ich bin absolut dagegen, dass wir eine solche Stelle mit kommunalen Geldern finanzieren.“ Was den Finanzierungsvorschlag der Freien Wähler betrifft, schüttelt er den Kopf. „Das ist doch ein Schmarrn. Die Aufgaben der RoVG bestehen ja weiter.“ Insgesamt stuft er den FW-Antrag als „ein bisserl arg oberflächlich“ ein und ist überzeugt, dass es im Landkreis wichtigere Themen als die Biber-Problematik gebe.
EU-Recht: Winhart
für Änderungen
In Sachen Finanzierung befindet er sich auf einer Linie mit AfD-Fraktionssprecher Andreas Winhart, der eine neue Stelle ebenfalls strikt ablehnt. „Hierfür kommunale Gelder auszugeben, das ist allein schon wegen unserer prekären Finanzsituation nicht zu rechtfertigen.“ Außerdem wären einem hauptamtlichen Biberbeauftragten durch das EU-Recht, das den Schutz des Tieres festlege, die Hände gebunden.
Änderungen an der EU-Richtlinie wünscht sich Winhart, der auch Landtagsabgeordneter ist, durchaus. „Der Biberbestand hat sich sehr gut erholt. Gerade in unserem Landkreis ist er schon sehr, sehr heimisch“, sagt der Parlamentarier. Insbesondere in Fällen, in denen Eigentum oder der Hochwasserschutz gefährdet seien, würde er sich mehr Flexibilität bei der Entnahme oder Bejagung des Tieres wünschen.