Hauptamtlich dem Biber auf der Spur

von Redaktion

Kreistagsfraktion der Freien Wähler will wegen Dauerzoff neue Stelle im Landratsamt

Rosenheim – Etwa 25000 Biber leben nach Schätzungen des Bayerischen Umweltministeriums derzeit im Freistaat. Die von den Nagetieren angerichteten Schäden bergen auch im Landkreis Rosenheim erhebliches Konfliktpotenzial. Das wollen die Freien Wähler (FW) jetzt mit einem politischen Vorstoß entschärfen.

Die Kreistagsfraktion der Partei plädiert für die Einstellung eines hauptamtlichen Biberbeauftragten im Landratsamt, der den fünf Biberberatern übergeordnet ist, die sich bisher ehrenamtlich um das Konfliktmanagement kümmern. In der Begründung ihres Antrags sprechen die FW unter anderem „von einer nicht mehr angepassten Biberpopulation in vielen Bereichen des Landkreises“.

Kritik an
verspäteter Reaktion

Außerdem kritisieren sie, dass die im Landratsamt angesiedelte zuständige Untere Naturschutzbehörde oftmals verspätet reagiere, wenn sie von Problemen mit einem Biber erfahre. Die Behörde begründe diesen Umstand damit, dass fünf ehrenamtliche Biberberater zu wenig seien, um sich der Anliegen von Geschädigten schneller anzunehmen. Dies führe zur Verschlimmerung der Situation und weiteren Schäden an Grundstücken, öffentlichen Einrichtungen und in der Natur, heißt es in dem Papier der Antragsteller. „Durch diesen zeitlichen Verzug werden auch illegale Entnahmen und die verbotswidrige Zerstörung von Biberdämmen provoziert“, nennen die FW ein weiteres Argument, das aus ihrer Sicht die geplante Einstellung rechtfertigt.

FW-Landtagsabgeordneter Sepp Lausch, zugleich Fraktionssprecher seiner Partei im Kreistag, verweist in diesem Zusammenhang auf die Landkreise Freising und Garmisch-Partenkirchen, in denen bereits ein hauptamtlicher Biberbeauftragter im Einsatz ist. „Wenn ich die Größe und die Einwohnerzahlen dieser Kreise mit unserem Landkreis vergleiche, dann stelle ich fest, dass wir bei den Biberentnahmen eher am unteren Ende der Skala sind“, sagt Lausch.

Im Vorjahr 55
Schadensmeldungen

55 Biberschäden, davon zehn unterhalb der Bagatellgrenze von 50 Euro, wurden dem Rosenheimer Landratsamt im Vorjahr gemeldet. Der Gesamtschaden, der letztlich aus einem mit jährlich 660000 Euro bestückten Fonds der Staatsregierung beglichen wird, belief sich auf 28115,18 Euro und war damit mehr als doppelt so hoch als 2022. Damals wurden 46 Biberschäden aktenkundig, die mit 13973,69 Euro ausgeglichen wurden. Hinzu kamen 15 Bagatellschäden.

Beide Summen beinhalten die kleinen Schäden nicht, die der Landkreis freiwillig über seinen Haushalt finanziert. Im Jahr 2022 bezahlte er hierfür 1233,44 Euro, 2023 waren es 1148 Euro. Heuer wurden neben fünf Bagatellfällen bereits 17 Biberschäden gemeldet, die bisher Kosten von 12455,99 Euro verursacht haben.

Im Landkreis Freising wurden 2023 zur Regulierung von 14 Schadensfällen 4870 Euro ausbezahlt, 2022 waren es 3698 Euro bei zehn Fällen. Niedriger als in Rosenheim sind auch die Schäden in Garmisch-Partenkirchen. Das dortige Landratsamt registrierte 2022 elf Schadensfälle, die Kosten in Höhe von 7052,87 verursachten. 2023 waren es acht Fälle. Kostenpunkt: 11639,46 Euro.

Was die Arbeit der hauptamtlichen Biberbeauftragten betrifft, kommen aus beiden Kreisen positive Rückmeldungen. Der Mensch könne mit dem Biber gut zusammenleben, aber man müsse ihn „managen“, sagt Gerdon Zimny, stellvertretender Leiter der Unteren Naturschutzbehörde im Landkreis Freising. Um den Lebensraum des Tieres zu erhalten und betroffenen Geschädigten zu helfen, „braucht es ein kluges Vorgehen und kompetente Ansprechpartner vor Ort“, so Zimny. Diese Arbeit könne eine hauptamtliche Kraft zusammen mit den ehrenamtlichen Biberberatern leisten.

„Der Erfolg unserer Biberberaterin liegt vermutlich auch an ihrer Persönlichkeit. Hohes Engagement, spürbare soziale Kompetenz und gleichzeitig sehr gute Fachkunde sind hier vereint“, sagt der Garmischer Landrat Anton Speer. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen in der Unteren Naturschutzbehörde funktioniere reibungslos. „Wenn man jemand mit diesen Qualifikationen finden kann, ist das Modell sicher sehr nachahmenswert“, so Speers Überzeugung.

Sepp Lausch weiß aus der Praxis, dass der Unmut in der Bevölkerung wegen der Biberschäden und des hohen Bürokratie-Aufwands bei der Erstellung von Entschädigungsanträgen gewaltig ist. „Viele Landwirte sind deshalb schon so verzagt, dass sie ihre Schäden gar nicht mehr melden“, sagt der Abgeordnete.

Gravierende Fälle
im Landkreis

Aus der Liste der Zerstörungen, die auf das Werk der Nager zurückzuführen sind, kann der FW-Politiker aus dem Stegreif einige besonders gravierende Fälle im Landkreis aufführen. Im Bereich Babensham musste sogar die Feuerwehr ausrücken, weil der Biber eine Gemeindestraße untergraben hatte; in der Aiblinger Au stieg in einigen Bereichen wegen Biberbauten der Grundwasserspiegel und sorgte für Wasser in Kellern; im Bereich Eggstätt wurden Moorgebiete unterhöhlt; der Rinser See verlandet zunehmend, weil aufgrund von Biberbauten der Wasserzulauf vom Hofstätter See aus beeinträchtigt wird. „Geschädigte Bäume fallen zum Teil regelrecht um“, sagt Lausch. Das habe auch zur Folge, dass nicht mehr so viele ökologische Ausgleichsflächen zur Verfügung stünden, deren Vorhandensein insbesondere bei größeren Baumaßnahmen eine wichtige Rolle spiele. „Wenn der Biber immer öfter die Ursache für Hochwasserschäden und Zerstörung von Privatbesitz ist, dann besteht aus unserer Sicht ein klarer Handlungsbedarf“, begründet er den FW-Vorstoß.

„Niemand will das Tier ausrotten, aber wir brauchen eine vernünftige Regelung, die im Bedarfsfall auch eine Reduzierung der Population umfasst. Die ist mittlerweile so hoch, dass sich die Tiere schon gegenseitig aus ihren Revieren wegbeißen“, berichtet Lausch. Er kann sich eine Vorgabe vorstellen, die sich an den Festlegungen des Rotwildbestandes orientiert, um die heimischen Wälder vor übermäßigen Verbissschäden zu schützen. Eine solche Regelung sei trotz des strengen Artenschutzes möglich, den der Biber nach EU-Recht genieße.

Da das Töten von Tieren als letztes Mittel nicht ausgeschlossen sein dürfe, plädieren die Freien Wähler dafür, bei der Stellenausschreibung darauf zu achten, dass von den Bewerbern auch eine gültige Jagdberechtigung verlangt wird.

Wie die Stelle finanziert werden soll, auch dazu findet sich ein Vorschlag in ihrem Antrag: aus Mitteln der Rosenheimer Verkehrsgesellschaft, deren Auflösung nach dem erfolgten Beitritt des Landkreises zum Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) geplant ist.

So bewerten Fachverbände den Vorstoß

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