Rosenheim – Ab 1. Januar 2025 wird es heftig. Dann wollen die Österreicher die Sanierung der Luegbrücke auf der Brenner-Autobahn in Angriff nehmen. Damit stockt der Verkehr an der wichtigsten Alpenverbindung. Der Verkehr aus Norden wie aus Süden hat dann nur noch eine Spur zur Verfügung. Und die Experten aus der Logistik- und Transportbranche wirken ebenso ratlos wie die IHK. „Alle Erfahrungswerte, mit denen wir arbeiten könnten, sind angesichts der Bedeutung der Route wertlos“, sagt Georg Dettendorfer, Spediteur aus Nußdorf am Inn, resigniert.
Disposition? Kann
man vergessen
Dettendorfer ist nicht nur Unternehmer, sondern auch Vorsitzender im Verkehrsausschuss der IHK München und Oberbayern. Einer, der sich unter seinen Kollegen umhört. Angesichts der absehbaren Einschränkungen auf der Luegbrücke schwant ihm Schlimmes. Er sehe „innerhalb unserer betrieblichen Möglichkeiten kaum einen Ansatzpunkt, wie wir Verkehre über den Brenner zuverlässig disponieren und durchführen können.“
Andreas Bensegger, IHK-Vorsitzender für die Region Rosenheim, befürchtet schwere Folgen für Warenströme, zumal auch am Tauerntunnel und in der Schweiz Einschränkungen drohen. Das Nadelöhr am Brenner strahle bis hinein in den Landkreis Rosenheim ab. Bensegger befürchtet eine starke Zunahme der Blockabfertigungstermine.
Die Baumaßnahme
ist überfällig
Die österreichische Autobahngesellschaft Asfinag hatte Ende Juni bekannt gegeben, dass auf der 1800 Meter langen Luegbrücke ab Januar 2025 der Verkehr nur noch einspurig passieren könne. Grund: Ohne Sperrung jeweils einer Spur belaste der Verkehr die marode Brücke übers Maß. Im Frühjahr dann sollen die Bauarbeiten beginnen.
Anders als beim Thema „Blockabfertigung“ argwöhnt auf bayerischer Seite niemand, dass es sich um österreichische Schikane handeln könne. Die Brücke ist über 50 Jahre alt, ihren „Lebenszyklus“ hat sie nach den Worten von Hochbauexperten tatsächlich hinter sich. In den vergangenen Jahren war sie bereits mit Stahlkonstruktionen unterfangen worden, um die Blechlawinen überhaupt noch schultern zu können.
So wird es also ab 2025 ein Nadelöhr kurz vor der Brenner-Passhöhe geben. Von einem „katastrophalen Szenario“ spricht Stephan Doppelhammer, Hauptgeschäftsführer beim Landesverband Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT). Die Katastrophe allerdings kommt nicht überraschend. Längst hätte man sich Konzepte überlegen können. Doch es hapert wohl auf beiden Seiten der Grenze.
Da sind zum einen die Österreicher, die weiterhin an Blockabfertigung und Nachtfahrtverboten festhalten. Schon seit Langem ist das ein Ärgernis für Transport-Profis wie Georg Dettendorfer feststellt. Sabine Lehmann, Geschäftsführerin des Landesverbands Bayerischer Spediteure, wird deutlich: „Das ist, als setzte man einem Flaschenhals noch den Pfropfen drauf.“
Da ist aber auch Unbeweglichkeit auf deutscher Seite. Dass beim Ausbau der Schiene, speziell des Brenner-Nordzulaufs, nichts vorangeht: bedenklich genug für die Transport- und Logistikbranche. Schon seit Jahren geht es ihnen zu langsam voran. Aber auch mit dem aktuellen Hauptverantwortlichen in Berlin ist man in Bayern nicht einverstanden. Von Volker Wissing (FDP) und seinem Verkehrsministerium würden „wir uns definitiv mehr Engagement wünschen“, sagt Sabine Lehmann. „Wir sind wohl einfach zu weit weg von Berlin“, mutmaßt hingegen Andreas Bensegger.
Die Kufsteiner
Erklärung verpufft
Bayern hatte im April 2023 werbewirksam zusammen mit Tirol und Südtirol die „Kufsteiner Erklärung“ verkündet. Die drei Nachbarn hatten sich darin für eine Slot-Lösung stark gemacht. Das heißt: Jeder Lastwagen bekäme ein Zeitfenster für den Transit zugewiesen. Das verlangt einerseits Präzision und etwas Glück bei der Anreise, andererseits aber auch Stellplätze für Lkw, die noch abwarten, bis sich ihr Zeitfenster öffnet.
Davon abgesehen fehlt die wichtigste Voraussetzung – die grundsätzliche Einigung zwischen Deutschland, Österreich und Italien in einem Staatsvertrag. Bayern allein könne nichts machen, klagt man im bayerischen Verkehrsministerium, da sei Berlin am Zuge. Aus dem Bundesverkehrsministerium habe man aber „leider schon länger nichts mehr gehört“, sagt ein Sprecher.