Die Luegbrücke wird von dem Moment an, da sie ihren Geist aufgibt, mehr als nur eine Brücke sein. Sie wird zum Symptom vieler Krisen. Der Krise der Wirtschaft beispielsweise, die mit der Sperrung der Brücke ins Stottern gerät. Der Krise der Umwelt, deren Überforderung in den Tälern am Brenner-Pass so deutlich sichtbar wird wie an wenigen anderen Orten. Auch über den Stand der Europäischen Union kann man am Brenner viel lernen. Österreich schafft sich das Problem von Blechlawinen und Abgasen so weit wie möglich vom Hals – auf Kosten Südtirols und Bayerns. Geht man so mit Nachbarn um?
Wir lernen auch viel über eine Politik, die fordernde Angelegenheiten vor sich herschiebt. Beispiel Bahn: Unter Mitwirkung von drei CSU-Verkehrsministern wurde so konsequent kaputtgespart, dass sie schon lange vor dem drohenden Kollaps am Brenner nichts mehr auf die Reihe brachte. Mehr Güter auf die Schiene? Derzeit ist die Bahn eher Teil des Problems. Nicht seine Lösung.
Zuletzt darf jeder über sich nachdenken. Kaufen wir alle so oft wie möglich Lebensmittel aus der Region? Muss man so oft schnell mal mit dem Auto zum Gardasee fahren? Der ganz normale Konsument ist Mitverursacher des Brenner-Debakels. Das Prinzip des Immer-Mehr: Am Brenner stößt es sicht- und fühlbar an seine Grenzen. Die Brücke wird bald abgebaut. Und doch verbindet sie weiter. Und zwar unterschiedlichste Probleme zu einem perfekten Sturm. Abbekommen werden den die Menschen im Inntal.