Endlose Weite

von Redaktion

Zwischen Himmel und Erde

Vom heiligen Augustinus wird eine Legende erzählt, die mich schon lange beschäftigt: Auf einem Spaziergang am Strand lachte Augustinus über ein Kind, das mit einer Muschel das Meer in eine Sandgrube umschöpfen wollte. Da antwortete ihm das Kind, dass dies aber immer noch einfacher sei, als das Geheimnis Gottes je ganz zu erfassen.

Wenn ich jetzt im Urlaub am Meer sitze, holt mich diese Geschichte wieder ein. Das Meer ist zumindest für meinen Horizont endlos weit. Nicht anders geht es mir mit offenen Lebensfragen, auf die mir Gott keine schnelle Lösung präsentiert wie in einem Frage-Antwort-Spiel. Das ist seit jeher so. Das Evangelium vom Sonntag erzählt, dass die Menschen in Scharen zu Jesus kommen, „wie Schafe, die keinen Hirten haben.“ Auch wenn das alte Bild vom Hirten nicht mehr in unsere Zeit zu passen scheint, nehme ich die Sehnsucht der Menschen genau so wahr: Wo ist jemand, der uns wirklich einen Weg zeigen kann, der Halt und Orientierung gibt? Das blinde Vertrauen in die Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Kirche ist bei vielen jedenfalls verloren gegangen. Das Bild von einem guten Hirten ist deshalb so aktuell, weil es über diese Welt hinaus geht. Es entlässt den Einzelnen auch nicht aus der Verantwortung eigener Entscheidungen. Die allumfassende Liebe Gottes ist wie die unerschöpfliche Weite des Meeres. Sie lässt sich nicht in der kleinen Sandgrube unseres Lebens fassen und hat Größeres für uns bereit, als wir uns vorstellen können. Vielleicht sind die Urlaubstage am Meer für viele eine gute Gelegenheit, dem einmal nachzuspüren.

Artikel 1 von 11