Inntal-Gemeinden vor schwerer Zeit

von Redaktion

Die Brennerautobahn ist weit weg von der Region Rosenheim und doch zu nah. Denn weil am wichtigsten Alpenübergang umfangreiche Sanierungsarbeiten anstehen, drohen dem Inntal Dauerstaus. Könnte Tirol helfen? Die Nachbarn machen wenig Hoffnung auf ein Entgegenkommen.

Rosenheim – Hoch über den verwitterten Häusern der Gemeinde Gries am Brenner ragt die Luegbrücke auf. Ein imposantes Bauwerk, das seinen Schatten hundert Kilometer weit in den Norden wirft – bis auf die bayerische Seite des Inntals. Denn weil die Luegbrücke ab 1. Januar 2025 für Sanierungsarbeiten teilgesperrt werden soll, drohen Dauerstaus von Kiefersfelden bis Raubling. Und wenn‘s blöd läuft, bis auf die A8 zum Irschenberg.

Tirol bleibt beim Nachtfahrverbot stur

Die Befürchtungen auf bayerischer Seite sind groß. Auch Bayerns Bau- und Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) hat sich eingeschaltet und die Tiroler aufgefordert, ihr striktes Verkehrsregiment zu lockern. Hoffnungen auf eine Aufweichung etwa des Nachtfahrverbots sollte man sich aber nicht machen.

Denn Tirols Verkehrslandesrat René Zumtobel erteilt Bayerns Ansinnen rundheraus eine Absage. „Langfristig absehbare Kapazitätseinschränkungen durch notwendige Infrastrukturmaßnahmen – nördlich wie südlich des Brenners – können nicht zwangsläufig eine Kapazitätserweiterung zur Folge haben“, sagte Zumtobel auf Anfrage des OVB.

Heißt: Nur weil an einer Stelle Türen zugehen, kann man nicht woanders Fenster aufmachen. „Eine Aufhebung des Tiroler Nachtfahrverbotes würde noch mehr Lkw-Verkehr anziehen, die Luftqualität in Tirol erheblich belasten und zu einer erhöhten Lärmbelastung für die Bevölkerung führen“, begründet Zumtobel denn auch die Haltung seines Bundeslandes. Zudem habe die EU die Luftgrenzwerte erst kürzlich gesenkt. Eine Aufhebung des Nachtfahrverbotes würde diese Entscheidung konterkarieren.

Zumindest in einem Punkt ist sich Zumtobel dann aber doch mit seinem bayerischen Kollegen einig. Die Einführung eines grenzüberschreitenden digitalen Lkw-Verkehrsmanagementsystems – auch bekannt als Slot-System – wäre auch für ihn eine Lösungsmöglichkeit.

„Die buchbare
Straße“ als Zukunft

„Mit dem zwischen Bayern, Südtirol und Tirol ausgearbeiteten Umsetzungsentwurf würde es für die Transportwirtschaft am gesamten Brennerkorridor auch während baustellenbedingter Einschränkungen mehr Planungssicherheit geben“, sagt Zumtobel. Was auf internationalen Flughäfen, auf der Schiene bei Zügen und in Häfen mit Schiffen und Lkw funktioniere, sollte doch auch beim Güterverkehr klappen. „Die buchbare Straße ist die Zukunft“, sagt der Tiroler Verkehrspolitiker.

Die Luegbrücke hat nach Aussage von Experten ihr Haltbarkeitsdatum erreicht. In den 60er-Jahren erbaut, wird sie nun Stück für Stück abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Die Bauarbeiten sollen im Frühjahr 2025 beginnen. Um das marode Bauwerk nicht über Gebühr zu belasten, wird der Verkehr auf jeweils eine Spur begrenzt. Damit steigt für die Nachbarn im Süden und Norden die Gefahr von großen Staus. Südtirol und Bayern drängen die Tiroler ohnehin seit geraumer Zeit, bei der Blockabfertigung und dem Nachtfahrverbot nachzugeben. Das Rufen nach einer Aufweichung der Dosierungsmaßnahmen ist seit Bekanntwerden der Luegbrücken-Pläne lauter geworden.

Tiroler gegen Nachgiebigkeit

Die Politik in Tirol gibt aber nicht nach. Wohl auch, weil der Druck der Tiroler Bevölkerung auf die Landespolitiker stark ist. Fritz Gurgiser, Obmann des Transitforums, ist vielleicht die schrillste Stimme. Sicher aber nicht die einzige, die sich dafür ausspricht, die Transitlast vor allem zu den Nachbarn zu schieben. Bayern und die Bundesregierung seien „grob säumig“ und hätten selber nie etwas getan, um des Verkehrschaos Herr zu werden, sagt er. Das Nachtfahrverbot sei auch keine Ideologie, sondern eine Tiroler „Schutzmaßnahme“ gegen Lärm und Abgase auch in der Nacht.

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