Rosenheim – Raus aus Rosenheim, rein in die Metropole, und wieder zurück. Und das in einem so schnellen Takt, dass München und Rosenheim zusammenrücken. So könnte man sich das vorstellen, wenn Rosenheim dann irgendwann mal zum Endpunkt des Münchner S-Bahn-Netzes geworden sein wird.
Empfehlung
der Gutachter
Gedankenspiele dazu gibt es. Gutachter befürworten bereits die Aufnahme Rosenheims ins S-Bahn-Netz. Was Vertretern der Region beim „Dialogforum“ zum Programm „Bahnausbau Region München“ im bayerischen Verkehrsministerium mitgeteilt wurde. Zu den Maßnahmen, die von den Gutachtern für die Region südlich von München empfohlen werden, gehört die „Einbindung einer Regional-S-Bahn nach Rosenheim über Grafing“. Und zwar anstelle der Regio-Bahn.
Ein Beitrag zur Verkehrswende?
Das Programm „Bahnausbau“ hat der Freistaat auf den Weg gebracht. Ziel sei es, die Schieneninfrastruktur rund um München „fit für die Zukunft“ zu machen, wie es in einer Mitteilung des Verkehrsministeriums heißt. Der Personennahverkehr und insbesondere die S-Bahn sollen so attraktiver werden, mehr Menschen als bisher das Auto stehen lassen und in die Bahn umsteigen. So bestätigt es auch Bayerns Bau- und Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). „Nur so kann es gelingen, den Schienenpersonenverkehr bedarfsgerecht zu gestalten, damit noch mehr Bürgerinnen und Bürger das Auto in der Garage lassen können.“
Die Gutachter haben dazu bereits eine Rechnung aufgemacht. Bis zu 6900 Menschen mehr sollen die neue Verbindung nutzen – und zwar jeden Tag. Insgesamt soll die „Rosenheimer S-Bahn“ einen Nutzen von 368 Millionen Euro bringen. Doch wie teuer käme der Bau den Bund und den Freistaat? Berechnungen dazu liegen noch nicht vor; allerdings werde der Ausbau von Grafing nach Kufstein im Zuge des Brenner-Nordzulaufs ohnehin realisiert, heißt es in dem Papier. Sollten die Baukosten also tatsächlich unter dem zu erwartenden Nutzen bleiben, sei das Projekt zu empfehlen.
Landrat Otto Lederer (CSU) kann der Idee einiges abgewinnen. Der Landkreis Rosenheim fordere „bereits seit Jahren“ einen Halbstundentakt auf den Strecken München-Rosenheim-Salzburg, beziehungsweise München-Rosenheim-Innsbruck. „Vor diesem Hintergrund begrüßen wir die aktuellen Überlegungen zu einer Regional-S-Bahn, weil dadurch im Sinne unserer Forderung zumindest auf dem Streckenabschnitt ein Halbstundentakt umgesetzt werden könnte. Der Vorstoß ist also aus Sicht des Landkreises Rosenheim ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Lederer auf Anfrage des OVB.
Allerdings gibt es da auch ein großes „Aber“. Und das hat mit der Zeit zu tun. Wenn die nötigen Arbeiten in einem Zug mit dem Brenner-Nordzulauf erledigt werden sollen, dann ist mit baldigem Vollzug kaum zu rechnen. Findet auch Otto Lederer. Er bedauere das, sagte er dem OVB. „Mit dieser Einschränkung können wir uns nicht zufriedengeben.“ Deshalb werde er sich weiter für Verbesserungen einsetzen.
S-Bahn? „Erleben
wir nicht mehr!“
Auch Arnulf Schuchmann hört da nur ganz ferne Zukunftsmusik. „Ich glaube nicht, dass wir das noch erleben werden“, sagte der Geschäftsführer der Bayerischen Regiobahn auf OVB-Anfrage. Sein Unternehmen soll schließlich der S-Bahn weichen. Schuchmann äußert sich aber gelassen. „Aktuell laufen die Ausschreibungen für die Strecke von 2029 bis 2042.“ Er gehe daher davon aus, dass sich erst in den 2060er-Jahren etwas tun werde, sagte Schuchmann.
Was neben neuen Gleisen gebaut werden muss, welche Verbindungen der RBB bleiben: Das alles ist ähnlich unklar wie der Zeitplan. Beim Programm des Freistaats handelt es sich eher um eine Absichtserklärung. Denn die entscheidenden Worte haben andere zu reden. Etwa die Bahn und der Bund. Und der Bundestag: Frühestens im kommenden Jahr (2025) wird sich mit der „parlamentarischen Befassung“ herausstellen, ob und in welcher Form der Brenner-Nordzulauf gebaut wird.
Leere Kassen gefährden Projekte
Möglicherweise ist das Geld für ehrgeizigere Pläne künftig ohnehin zu knapp. Kürzlich war bekannt geworden, dass der Bahn für 2025 bis 2030 geplante Digitalisierungsvorhaben fast 17 Milliarden Euro fehlen. Solche Finanzlücken im chronisch unterfinanzierten Bahn-Konzern lassen Bayerns Vorhaben in weite Ferne rücken. Es gibt aber noch andere Gründe, warum Arnulf Schuchmann an eine lange Zukunft seiner Bahn glaubt. Regio biete mehr Reisekomfort, sagt er: „Die S-Bahn hat zum Beispiel keine Toiletten.“