Fauler Fisch für Gefangene?

von Redaktion

Warum in der Justizvollzugsanstalt Bernau scheinbar abgelaufenes Essen ausgegeben wurde

Bernau – „Aufgrund der zu befürchtenden Repressalien müssen unsere Quellen geschützt bleiben.“ In der Nacht des 31. Juli wurden an das OVB und an das Landratsamt Rosenheim anonyme Informationen weitergegeben, die der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bernau vorwerfen, in grober Fahrlässigkeit die Gesundheit der Insassen gefährdet zu haben. Abgelaufene und teils sichtbar verdorbene Fischzubereitungen sollen laut anonymer Quelle als Abendkostausgabe herausgegeben worden sein. Dabei werden konkrete Produkte einer Firma genannt. „Die JVA Bernau hat im Rahmen der Versorgung der hier inhaftierten Männer keine ‚verdorbenen Lebensmittel‘ der besagten Firma ausgegeben“, sagt Jürgen Burghardt, Anstaltsleiter der Justizvollzugsanstalt Bernau. Burghardt bestätigt allerdings, dass kürzlich ein Fischprodukt an Häftlinge ausgegeben wurde. Der erhobene Vorwurf müsse sich „auf das Produkt ‚Ostseefisch Brathering in würzigem Aufguss‘ in Form eines Glasgebindes von 500g beziehen, das vor Kurzem im Rahmen der Abendkost verteilt wurde“, führt der Anstaltsleiter aus.

Die Quelle gibt an, dass das Produkt laut Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) bereits seit 29.04.2024 abgelaufen war. Die Herstellerfirma habe das MHD als Herstellungsdatum ausgegeben. Die Ware wurde aufgrund dessen umetikettiert und ein neues MHD aufgeklebt. Es wurden dem OVB Bilder vorgelegt, die bei dem besagten Produkt ein maschinell aufgedrucktes MHD mit dem Datum 29.04.2024 zeigen und ein einfaches Etikett am Deckel, auf dem 29.10.2024 steht.

„Bei der üblichen Kontrolle der eingehenden Ware durch die Justizvollzugsanstalt wurde festgestellt, dass laut Aufdruck das Mindesthaltbarkeitsdatum dieses Produktes auf den 29.04.2024 datiert“, bestätigt Jürgen Burghardt. Eine Nachfrage bei der Firma habe ergeben, dass die dortige Etikettierungsmaschine fälschlicherweise das Produktionsdatum als Mindesthaltbarkeitsdatum auswies. „Das Produkt wurde also am 29.04.2024 hergestellt, das Mindesthaltbarkeitsdatum datierte nach Mitteilung der Firma auf den 29.10.2024“, führt Jürgen Burghardt aus. Ein Verzehr sei daher laut Anstaltsleiter „aufgrund dieser Angaben unproblematisch möglich“. Zusätzlich seien den Inhaftierten diese Informationen zugänglich gemacht worden. Die betroffene Firma äußerte sich auf Nachfrage des OVB bis Redaktionsschluss nicht, wie ein solcher Fehler passieren kann und welche Qualitätskontrollen bei der Firma durchgeführt werden.

Aufgrund der anonymen E-Mail vom 31. Juli wurden vom OVB umgehend Recherchen angestellt. Jetzt teilte das Landratsamt Rosenheim mit, dass der Betrieb am Mittwoch, 31. Juli, umgehend bezüglich der zur Rede stehenden Produkte kontrolliert wurde. „Dabei wurde die komplette noch vorhandene Ware versiegelt und vorübergehend sichergestellt.“

Ein Teil der Ware sei dabei als amtliche Probe genommen worden und an das Bayerische Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Gesundheit geschickt worden.

„Sobald die Ergebnisse vorliegen, kann darüber entschieden werden, welche weiteren Maßnahmen vonseiten der Lebensmittelkontrolle des Landratsamtes Rosenheim eventuell notwendig sind“, sagt Sibylle Gaßner-Nickl, Sprecherin des Landratsamtes. Weitere Kontrollen bei der JVA Bernau seien aktuell nicht vorgesehen. „Wie die Qualität der Lebensmittel der Essensausgabe kontrolliert wird, liegt – wie bei jedem Betrieb – ebenfalls in der Verantwortung der JVA Bernau“, führt Gaßner-Nickl an. Aktuell (Stand: 31. Juli) sind laut JVA Bernau 688 Gefangene in der Justizvollzugsanstalt.

Michael Bartel

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