Rott – Der Rotter Gemeinderat ist sauer: „Ich fühle mich verarscht“, „Da fehlt die Transparenz“, „Es ist eine Frechheit.“ Diese Sätze waren in der Sondersitzung am Donnerstag, 1. August, mehrfach zu hören. Der Grund für die Empörung: Die Erstaufnahmeeinrichtung am Eckfeld in Rott.
Lange war es ruhig geblieben rund um die Einrichtung, in öffentlicher Sitzung war in jüngster Zeit dazu nicht getagt worden. Doch vor einer Woche hatte Bürgermeister Daniel Wendrock (parteifrei) zu einer Sondersitzung zu diesem Thema einberufen. „Der Auslöser für diese Sitzung ist eine E-Mail vom Landratsamt Rosenheim, die vergangene Woche bei uns aufgeschlagen ist“, erklärte Wendrock und ließ durchblicken, dass ihn diese sehr erzürnt hatte.
Keine
Alternativstandorte
Der Grund für den Ärger: In dem Schriftstück, das in der Sondersitzung verlesen wurde, informierte das Landratsamt darüber, dass es wohl keine weiteren Verhandlungen über Alternativstandorte in Rott geben werde. Die monatlichen Kosten von etwaigen Leichtbauhallen würden die der Gewerbehalle im Eckfeld um ein „Vielfaches überschreiten“, darum werde die Behörde von der Errichtung von Alternativen absehen.
Bürgermeister Wendrock zeigte sich fassungslos: „Da frage ich mich schon, worüber wir in den vergangenen Wochen und Monaten verhandelt haben.“ Mit einer aufgeführten Zeitschiene machte er deutlich, wie lange die Verhandlungen schon andauern würden. Seit Januar würden die Gespräche laufen, in der Zwischenzeit habe Rott dem Landratsamt sieben Alternativstandorte genannt, zuletzt habe sich der Gemeinderat sogar dazu durchgerungen, 200 Geflüchtete, im Notfall sogar bis zu 250, in der Gemeinde zu beherbergen. Immer mit dem Ziel, die nach Meinung des Bürgermeisters und des Gemeinderats ungeeignete Unterbringung von 500 Personen in der Gewerbehalle zu vermeiden. Mit Erhalt dieser E-Mail sei die Arbeit von Monaten nun hinfällig.
Mit seinem Ärger war Wendrock nicht alleine. Der gesamte Gemeinderat pflichtete ihm bei. Zweiter Bürgermeister Alfred Zimpel (Bürger für Rott) sagte: „Ich bin maßlos enttäuscht darüber, wie das Landratsamt mit uns umspringt. Da frage ich mich schon: Wo ist diese viel besagte Transparenz, von der Landrat Otto Lederer gesprochen hat?“ Dritter Bürgermeister Christoph Sewald (SPD) attestierte dem ehemaligen Lehrer Lederer in Sachen Transparenz eine Sechs. Maximilian Gilg (CSU) sprach von einer „unglaublichen Frechheit“. Josef Riedl und Johann Gilg (beide Bürger für Rott) unterstellten dem Landratsamt, die Gemeinde „zu verarschen“. „Wir haben uns so reingehängt, Alternativstandorte zu suchen und jetzt wird das so lapidar abgetan“, sagte Riedl kopfschüttelnd.
Auch Max Zangerl (Bürger für Rott) betonte den guten Willen der Gemeinde: „Verbockt haben es der Landrat und die Behörde. Wir wären bereit gewesen, die Personen aus einer Turnhalle in Raubling oder Bruckmühl aufzunehmen.“
Aber nicht nur die E-Mail sorgte für Ärger im Gemeinderat, auch das jüngst bekannt gewordene Quecksilber-Gutachten erhitzte die Gemüter. Denn zumindest die Rotter Verwaltung ist der Überzeugung: Bei der Messung sei nicht alles richtig abgelaufen. Wie Bürgermeister Wendrock erklärte, habe man das Gutachten – über dessen Ergebnisse man übrigens auch nur am Rande einer Landtagssitzung erfahren habe und nicht in einem persönlichen Schreiben an die Gemeinde – von einer Fachfirma auf Plausibilität überprüfen lassen, aus der sich „zahlreiche fachliche Fragen und Ungereimtheiten“ ergeben hätten.
Geschäftsleiter Maximilian Brockhoff erklärte dies im Detail. „Vonseiten der Fachfirma wurde mir erklärt, dass es aus verschiedenen Gründen gar nicht möglich ist, das Ergebnis des Gutachtens auf Plausibilität zu prüfen“, so Brockhoff. Denn die Messung sei nicht sachgemäß durchgeführt worden. So sei bei der Prüfung zwar die Innenraumtemperatur gemessen worden, aber nicht die Temperatur der Wände, was die Ergebnisse verfälschen könnte.
Auch wurde laut dem Gutachten des Landratsamtes mit einem Luftvolumenstrom von 0,7 bis 1 Liter pro Minute gemessen, statt mit den üblichen 0,2 bis 0,4 Litern pro Minute, so Brockhoff. Ein höherer Luftvolumenstrom könne allerdings dazu führen, dass die Quecksilber-Partikel an den Messgeräten vorbeifliegen würden. Auch sei seitens des Fachbüros die Auswahl des Messgeräts angezweifelt worden. Mit diesem sei es nicht möglich, Schwefelverbindungen, die mit Quecksilber reagieren würden, zu messen.
Außerdem habe das Büro die Messpunkte als „sehr gering“ eingeschätzt, da es in den jeweiligen Räumen nur einen Messpunkt gab. Zudem sei unklar, wie intensiv in den Tagen vorher gelüftet wurde, erklärte Brockhoff das Schreiben der Fachfirma.
Einstimmig beschloss der Gemeinderat angesichts dessen, ein Zweitgutachten zu fordern. Bis dieses vorliegt, sollen die Verhandlungen mit dem Landratsamt und der Regierung von Oberbayern ruhen. Der Gemeinderat zeigte sich jedenfalls kampflustig.
„Dann gehen wir
halt vor Gericht“
„Wenn das Landratsamt meint, es will Krieg, dann kann es den auch haben. Wenn es darauf ankommt, gehen wir halt vor Gericht“, meinte Johann Gilg (Bürger für Rott). Bürgermeister Wendrock stimmte dem zu. „So wird es auch kommen“, sagte der Rathauschef.