Kühe für Alpenhain „gequält“?

von Redaktion

Hat ein Alpenhain-Milchlieferant seine Kühe gequält? Das behauptet zumindest die Tierrechtsorganisation Peta, die in einer Presseerklärung nicht nur den Betrieb im südlichen Landkreis Erding anklagt, sondern auch den Vertragspartner. So reagiert die Käserei Alpenhain aus Pfaffing auf die Vorwürfe.

Pfaffing – „Für Alpenhain festgebunden, gequält und ausgebeutet“ übertitelt Peta eine aktuelle Pressemitteilung. Damit ist klar: Die Tierrechtsorganisation, bekannt für ihre provokanten Aktionen, prangert nicht nur einen Hof an, der im Landkreis Ebersberg seine Tiere unter artwidrigen Bedingungen halten soll, sondern auch das Unternehmen, an den der Betrieb seine Milch liefert: die Alpenhain Käserei in Lehen (Pfaffing). Peta zugespieltes Bildmaterial zeige, wie die Tiere an kurzen Ketten fixiert worden seien, sich auf harten Betonböden nicht einmal umdrehen könnten.

Kühe liegen auf
Kotgittern

Die Kühe würden ihr Dasein an einem Platz fristen: dort, wo sie auch essen, schlafen, ruhen und ihren Kot hinterlassen sollten. Fußfesseln würden die Bewegungsfreiheit zusätzlich einschränken, so Peta. Die Rinder lägen mit ihrem hinteren Körperteil auf Kotgittern, was zu gesundheitlichen Beschwerden an Euter, Gelenken und Klauen führen könnte.

Das Ebersberger Veterinäramt bestätigt auf Anfrage der Ebersberger Zeitung (EZ) den Eingang der Beschwerde durch die Tierrechtsorganisation. Die Behörde habe den Betrieb, nach Erkenntnissen der EZ im südlichen Landkreis ansässig, sofort und unangemeldet kontrolliert. Dabei seien aber keine Mängel festgestellt worden, die strafrechtliche oder finanzielle Folgen bedeuten könnten. So lägen die Tiere, anders als von Peta vorgebracht, nicht auf nacktem Beton, sondern auf Gummimatten. An den Beinen gefesselt wie auf den Peta-Fotos sei keines der Tiere bei der Kontrolle gewesen, so das Veterinäramt gegenüber der EZ weiter. Prinzipiell sei eine solche Fesselung auch nicht erlaubt, aber in den zwei Wochen rund um die Geburt eines Kalbes möglich, um ein Auskeilen und Verletzungen des östrogenbedingt geschwächten Beckens zu verhindern. Im konkreten Fall sei kein Verstoß festzustellen gewesen.

Kleinere Mängel habe man bei dem betreffenden Betrieb festgestellt, aber nichts, was ein Einschreiten aus Tierschutzgründen erfordert hätte. Es handle sich um einen in der Region „üblichen Milchviehbetrieb mit Rinder-Anbindehaltung“, so Katrin Goller-Englberger, Leiterin des Ebersberger Veterinäramts, gegenüber der Ebersberger Zeitung. Peta hat laut Pressemitteilung auch bei der Staatsanwaltschaft München II Strafanzeige gestellt.

Doch neben der juristischen Beurteilung gibt es noch eine ethische, bei der Peta die Traditionskäserei Alpenhain öffentlichkeitswirksam ebenfalls in den Fokus rückt. Es geht um die von der Organisation scharf kritisierte Anbindehaltung. Sie soll verboten werden, ein Gesetz der Bundesregierung sieht vor, dass das ganzjährige Anbinden von Milchkühen im Stall in spätestens zehn Jahren (Ausnahmen für kleine Betriebe) nicht mehr erlaubt sein wird. Laut Bayerischem Bauernverband müssen sich etwa 13000 Höfe im Freistaat umstellen. Das dauert jedoch.

Die Anbindehaltung ist also nach wie vor erlaubt. Ist es im von Peta angeprangerten Betrieb zu artwidrigen Bedingungen gekommen? Alpenhain betont auf Anfrage, das Familienunternehmen habe umgehend Kontakt mit dem Milcherzeuger aufgenommen, die Situation vor Ort mit ihm besprochen und eine Stallbegehung durchgeführt. „Wir haben keine Verstöße gegen geltende Tierschutzbestimmungen festgestellt“, so das Fazit. Gebe es nachweislich Tierschutzverstöße, werde ein Betrieb bis auf Weiteres von der Milchabholung ausgeschlossen. Dies ist in dem Fall, auf den sich Peta bezieht, jedoch nicht so.

Grundsätzlich legt die Käserei bei ihren 220 Lieferanten, die aus einem Umkreis von bis zu 50 Kilometern rund um den Sitz in Lehen stammen, vertraglich fest, dass die tierschutzrechtlichen und gesetzlichen Anforderungen einzuhalten sind. Außerdem sei jeder Betrieb verpflichtet, sich gemäß dem QM-Milch-Standard zertifizieren zu lassen. Dieser umfasst laut dem Verband der Milcherzeuger Bayern Mindestanforderungen „für eine qualitätsorientierte und tiergerechte Milcherzeugung“. Wortwörtlich heißt es dazu: „Es werden eine hohe Anzahl nachprüfbarer Kriterien im Milchproduktionsprozess sowie Kontrollen der Milch und Futtermittel zugrunde gelegt. Aber nicht nur klassische Qualitätsaspekte, sondern auch eine tierwohlgerechte und nachhaltige Milcherzeugung stehen beim QM-Standard im Vordergrund. Das Anforderungsniveau an die Erzeugungsbedingungen wird regelmäßig überprüft und weiterentwickelt.“

Gesetzlich nach wie vor erlaubt ist die Anbindehaltung. Ein Branchenthema, bei dem sich Alpenhain als Berater für die Betriebe sehe und sie auf dem Weg zu Umbaumaßnahmen unterstütze, auch über einen Zuschlag, so das Unternehmen.

Ziel sei es nach Angaben der Pressestelle, „perspektivisch ohne die Anbindehaltung auszukommen“. Der Großteil der Milch, die Alpenhain verarbeite, stamme schon heute von Betrieben, in denen sich die Kühe im Stall oder im Laufhof frei bewegen könnten oder auf der Weide gehalten würden.

Anliegen des
Tierschutzes

Weg von der Anbindehaltung: Das ist vor allem ein tierschutzrechtliches Anliegen. Denn mit der Vermutung vieler Verbraucher, die Milch sich frei bewegender Kühe schmecke eventuell besser oder sei qualitativ wertvoller aus jene von Tieren, die angebunden sind, räumt Alpenhain auf: „Die Haltungsform der Milchkühe hat auf die Qualität der Milch keine Auswirkungen.“

Artikel 4 von 11