Urkunde für viele wichtige Siege

von Redaktion

Sie kämpften sich durch Krankheiten, Schicksalsschläge und Armut: Jetzt wurden 40 Leute, die mit der Ausbildung fertig sind, in Rosenheim mit der „Mutmacher“-Urkunde ausgezeichnet. Eine davon ist Verena Hauser. Wie sie trotz Hindernissen für ihren Traumberuf kämpft.

Rosenheim/Tuntenhausen – Heute kann Verena Hauser (20) endlich wieder lachen. Doch das war nicht immer so. Denn Hauser leidet an Depressionen. „Es ist immer noch ein Kampf“, sagt die Ostermünchnerin. Doch an diesem Tag hat sie einen von vielen wichtigen Siegen errungen: Hauser hat ihre Ausbildung zur Werkerin im Gartenbau bestanden. „Das ist quasi ein Gartenbau-Assistent“, sagt sie.

Zwei Schritte vor,
einer zurück

Hauser bekommt eine ganz spezielle Urkunde: die „Mutmacher“-Urkunde. Diese wird an alle verliehen, die einen schweren Weg zum Ausbildungsabschluss hatten. So wie der Weg von Hauser. Die an diesem Tag fröhlich wirkende Frau aus Tuntenhausen klingt bedrückt, als sie von ihrer Vergangenheit erzählt. Von ihrer traumatischen Kindheit, von Hoffnungslosigkeit, Ängsten und Selbsthass.

„Ich war damals, etwa 2018, sehr kraftlos, selbst der Weg zur Tür erschien mir zu lang“, sagt sie. Ihr Zustand verschlimmerte sich. Hauser wurde immer schwächer, schaffte es schließlich nicht mehr aus dem Bett. Essen konnte sie irgendwann auch nicht mehr. Es kostete zu viel Kraft. Sie entwickelte Ängste, fürchtete, fremde Menschen würden ihr etwas antun wollen. „Irgendwann fühlte ich mich so leer. Als ob es meinen Körper nicht mehr gäbe“, sagt sie. Sie fing an, sich selbst zu verletzen. Ihre Mutter brachte Hauser schließlich in die Psychiatrie. Dort blieb die junge Frau für zweieinhalb Monate. Doch verschwunden ist die Krankheit nicht. Ihre Ausbildung zur Zahnarzthelferin musste Hauser aufgrund der Depressionen abbrechen. Auch eine Ausbildung zur Gärtnerin musste sie vorerst aufgeben. „Ich mache immer Schritte zurück und Schritte nach vorn“, sagt Hauser. Deshalb beschloss sie, erst die sechsmonatige Ausbildung zur Gartenbau-Werkerin anzufangen. Und diese bestand sie mit Bravour: „Ich habe einen Notenschnitt von 1,5“, sagt sie.

Geklappt habe das nur durch die Unterstützung ihres Umfelds. Sie habe Rückhalt von ihrer Familie, Freunden, dem Partner und den Sozialpädagogen von „Junge Arbeit“. Einer der Sozialpädagogen ist Magdalena Praßl. „Verena ist eine sehr fleißige Schülerin, ihr größtes Hindernis war sie selbst“, sagt Praßl. Hauser habe stets Angst gehabt, etwas falsch zu machen oder abgelehnt zu werden. Sie habe öfter den Betrieb wechseln müssen, da sie von ihren Kollegen „heruntergeputzt“ worden sei. Doch das sei nun Vergangenheit. „Sie hat einen Betrieb gefunden, in dem die Kollegen wertschätzend mit ihr umgehen“, sagt Praßl. Seitdem habe Hauser viel an Selbstbewusstsein gewonnen. „Ich wusste, sie kriegt das hin“, sagt Praßl.

Mit ihrer Geschichte ist Hauser eine der insgesamt 43 „Mutmacher“, die in diesem Jahr ihre Ausbildung bestanden haben. „Ihr seid Mutmacher, weil ihr Mut bewiesen habt und anderen in eurer Situation Mut gebt“, sagt Nicole Kujaj von der Agentur für Arbeit. Die Absolventen seien Vorbilder für alle, deren Abschluss noch vor ihnen liegt.

Es braucht
Optimismus

„Erfolg ist kein Zufall“, sagt Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März. Ein Abschluss sei mühsam und verlange viel Durchhaltevermögen. Man sehe nur die Urkunden, nicht die vermutlich zahlreichen Kämpfe dahinter. Auch Landrat Otto Lederer zeigt sich beeindruckt von der Leistung der Absolventen. „Man braucht viel Optimismus, um sich bei solch schwierigen Startbedingungen durchzubeißen“, sagt er.

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