Traunstein – „Schnecken lieben einfach Feuchtigkeit“, erklärt Markus Breier. Der Fachmann für Gartenkultur und Landschaftspflege des Landratsamtes Traunstein bestätigt: „Dieses Jahr ist wirklich ein Schneckenjahr.“ Barfuß durch den Garten? Derzeit eher eine Mutprobe. Schleimspuren überziehen Gartenmöbel und Markisen. Unsere Gemüsegärten: vernichtet.
Viel Regen gibt
viele Schnecken
Eine Schnecke verursachte neulich sogar einen Kurzschluss im Verteilerkasten, in den sie gekrochen war und rief die Feuerwehr auf den Plan. Warum verbreiten sich Nacktschnecken dieses Jahr so massiv? „Wir hatten heuer nicht eine Woche ohne Regen“ – und das käme den Schnecken zugute.
Die vergangenen Jahre hingegen, so Markus Breier, seien eher trocken gewesen. Da seien wir bezüglich einer Schneckenplage vielleicht ein bisschen verwöhnt. Der viele Regen: gut für den Grundwasserspiegel und auch für das Pflanzenwachstum, aber eben auch für die Nacktschnecke.
„Wir haben Hunderte Schneckenarten, am häufigsten ist allerdings die sogenannte spanische Wegschnecke.“ Laut Breier habe sie aber mit Spanien nicht viel zu tun: Sie komme laut neuester DNA-Analysen eher aus Frankreich, wurde in Deutschland erstmals in den 1950ern nachgewiesen. Rotbraun bis dunkelbraun, bis zu 15 Zentimeter lang, ist sie mittlerweile deutschlandweit die verbreitetste Nacktschnecke. Sie sei, so Breier, sehr robust, bräuchte weniger Feuchtigkeit und würde sich so gegen andere Schneckenarten immer mehr durchsetzen.
Nicht nur robust, sondern auch hungrig sind sie, die ungewollten Mitbewohner in unseren Gärten. Sehr beliebt: Melonen- oder Kürbisgewächse.
Die Nacktschnecke ist aber nicht allzu wählerisch. Bei hoher Populationsdichte frisst sie eigentlich alles. Und was können wir dagegen tun?
Vorbeugen sei entscheidend, meint Markus Breier. Das beginne schon beim Anlegen eines Beetes: „Das Gemüsebeet am besten nicht direkt neben Hecken, diese sind beliebte Rückzugsorte für Schnecken.“ Lieber etwas Raum ums Beet lassen, den Boden drumherum offen und locker gestalten, damit er schnell abtrocknen kann. Auch Mulch könnte als Schneckenversteck dienen und deshalb rät Breier auch davon ab.
„Ich kann auch versuchen, dafür zu sorgen, dass natürliche Feinde der Nacktschnecke vorhanden sind.“ Leider, so Breier, würden aber Igel die Wegschnecke oft verschmähen. Laufkäfer hingegen wären ideal: Hier können Gärtner aktiv für den Lebensraum des Insekts sorgen: Mit Totholz biete man eine gute Umgebung für den fleißigen Schneckenjäger.
Zur Abwehr von Schnecken setzten manche auch auf Schneckenzäune. Halten sie, was sie versprechen? „Es gibt die Variante, die aussieht wie eine umgedrehte Regenrinne, die funktionieren schon.“ Aber, gibt Breier zu bedenken: Zum einen könne natürlich nur ein sehr begrenzter Bereich damit geschützt werden. Außerdem ist wichtig: Pflanzenblätter dürfen nicht über den Zaun hängen, sonst können die Tiere diese als Brücke benutzen und so doch wieder im Beet landen.
Wenn Schnecken überhandnehmen und nichts hilft, greifen verzweifelte Gärtner auch gern zum Schneckenkorn. Was hält Markus Breier davon? „Es gibt zweierlei Wirkstoffe. Wenn man schon Schneckenkorn verwenden will, dann bitte nur das mit Eisen-Wirkstoff, weil das für andere Tiere ungefährlicher ist. Grundsätzlich sollte das aber wirklich die letzte Wahl sein, weil alle Schnecken davon eingehen, auch zum Beispiel die geschützte Weinbergschnecke.“
Und dieses Jahr sei bezüglich Schneckenkorneinsatz „der Zug auch schon abgefahren“. Wenn überhaupt, dann sollte man damit im Frühjahr beginnen, wenn die Schnecken noch kleiner sind und so nicht Unmengen des Giftes fressen müssen, um dann auch tatsächlich zu sterben. Statt Schneckenkorn sei das Aufsammeln der Schnecken eine, die Natur schonende, und effektive Variante, zu der Breier rät: „Man kann zum Beispiel Rhabarberblätter stehen lassen, die Schnecken nutzen das als Rückzugsort und können so einfach aufgesammelt werden.“
Eine andere, recht bayerische Methode: Bierfallen. „Weißbier geht besser als Dunkles, es schmeckt besser.“ Ratsam laut Breier: Den Becher mit Bier nicht in die Mitte des Beetes stellen, sondern an den Rand: „Oder gleich zum Nachbarn“, scherzt der Fachberater für Gartenkultur.
Aber, Spaß beiseite, beim Aufsammeln der Schnecken könne, so Breier, ein kleiner Wettbewerb mit der Nachbarschaft tatsächlich nicht schaden, um die Motivation hochzuhalten: Wer schafft mehr Schnecken? Zur Belohnung gibt es dann womöglich auch den Rest vom Weißbier der Bierfalle? Aber, bevor wir uns mit den Nachbarn in den schneckenfreien Garten setzen können: Wohin denn jetzt mit den eingesammelten Schneckenbergen?
„Am humansten wäre, sie mit kochendem Wasser zu übergießen“, wenn man sie töten möchte. Natürlich, so Breier, könne man die Tiere auch woanders hinbringen und dort lebend aussetzen. Wichtig dabei: „Sehr weit weg, weil Schnecken verhältnismäßig schnell zurückkommen.“
Mit Salz überstreuen, zerschneiden? Nein, diese Methoden seien grausam und auch ineffektiv. Die Salz-Methode führe zu einem qualvollen, langsamen Tod der Tiere, die sich nicht vollständig zersetzen. Beim Zerschneiden blieben die Reste zurück: „Schnecken nutzen tote Artgenossen als Nahrung, somit füttert man nur neue Schnecken an.“
Kaum wirksame
Gegenmittel
Einsammeln, mit kochendem Wasser übergießen, das klingt alles nicht so verlockend: „Wer sich das ersparen will, kann Laufenten anschaffen.“ So hat es Markus Breier in seinem eigenen Garten gemacht: „Die legen dann sogar noch Eier, die man nutzen kann.“ Selbstverständlich ist das ein Mehraufwand, die Tiere müssen versorgt und gepflegt werden. Aber auch da könnte man sich ja eventuell, so Breier, mit dem Nachbarn zusammentun – im Kampf gegen die Schnecken Laufenten als neues, gemeinsames Hobby?