Oberaudorf – „Aufgrund der klimatischen Entwicklungen verändern sich auch die Verhältnisse in den Bergen und somit auch das Unfallgeschehen“, stellte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) auf der Veranstaltung „Mehr Sicherheit beim Bergsport“ fest. Konkrete Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im vergangenen Jahr kamen 41 Menschen in den Bergen ums Leben, heuer gab es bereits 33 Todesfälle. Ein Grund mehr für Klaus Stöttner, den Vorsitzenden des Bayerischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit, zum Informationsgespräch auf das Hocheck Oberaudorf einzuladen.
Zehn Tipps für
Sicherheit im Gebirge
Doch wie kann man trotzdem sicher im Gebirge unterwegs sein? Stefan Winter vom Deutschen Alpenverein hatte zehn Empfehlungen: „Misstrauen Sie alten Tourenbeschreibungen und Erfahrungen früherer Begehungen.“ Die Erwärmung lasse den Permafrost auftauen, was zu Steinschlag und Veränderungen der Begehbarkeit führen kann.
Der sorgfältigen Tourenplanung komme heute größere Bedeutung zu. Deshalb sein Rat: „Verwenden Sie unbedingt offizielle Warnapps des behördlichen Bevölkerungsschutzes.“
Besonders bei Hochtouren sei dies wichtig, da der innere Kitt des Berges – der Permafrost – schwächer wird. Stefan Winter machte den Vorschlag, Hochtouren besser vom Sommer ins Frühjahr oder den Winter zu verschieben. Generell sei aufgrund des Klimawandels mit einhergehender Hitze und Sonneneinstrahlung auf Sonnenschutzmittel und Sonnen- oder Gletscherbrillen zu achten. Winter: „Kopfbedeckung aufsetzen, viel trinken und im Hochsommer Südanstiege vermeiden.“ Überhaupt, so der Rat, sei mit früherem Aufbruch und zeitiger Rückkehr so manche Gefahr zu minimieren. „Anschließend ein kühler Biergarten oder ein Bad im See.“
Besondere Gefahren entwickelten sich in diesem Jahr mit dem plötzlichen Auftreten von Starkregen und einer enormen Schwüle. Hier sollte auf lokale Hinweise der Behörden unbedingt geachtet werden. Winter erinnerte aber auch an die Eigenverantwortung eines jeden Einzelnen: „Jedem ist zu raten, selbst wachsam und kritisch zu sein.“
Dr. Peter Paal, Präsident des österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit (ÖKAS), ging auf das wohl wichtigste Thema ein: die häufigen Unfälle aufgrund von Herz-Kreislauf-Problemen. „Das kommt zwar bei allen Sportarten vor,“ so Paal, „aber in den Bergen ist es die Todesursache Nummer 1, noch vor den Abstürzen.“
Paal stellte drei wegweisende Punkte heraus: An erster Stelle die persönliche Prävention unter dem Motto „Wie fit bin ich wirklich?“ und damit die richtige Einschätzung, was man sich zutrauen kann und eine daran angepasste Tourenplanung. Lebensrettend ist aber auch die schnelle Hilfe im Akutfall, im Ideal mit dem Defibrillator (AED). „Kommt die Hilfe, die jeder leisten kann und sollte, innerhalb von fünf Minuten, bestehen gute Chancen, den Herz-Kreislauf-Notfall ohne Folgeschäden zu überstehen“, versicherte der Arzt und Bergexperte.
Um zu zeigen, wie dies in der Praxis funktionieren könnte, demonstrierte Markus Schmid (Naturfreunde Deutschland) vor der Bergkulisse Oberaudorfs die Erstversorgung eines Verletzten und die Funktion der Rettungskette. Simuliert wurden der Notfall eines Wanderers und die Hilfemaßnahmen durch zufällig anwesende Wanderkameraden. Sie leisteten Erste Hilfe so, wie man sie von den Kursen zum Führerscheinerwerb kennt: Herz-Druckmassage, Beatmung und stabile Seitenlage, um Ersticken zu verhindern. Auch kam der AED zum Einsatz, der in den meisten Berghütten und an stark frequentierten Gipfelpositionen hinterlegt und leicht zu bedienen ist.
Professionelle
Erstmaßnahmen
Die herbeigerufene Bergwacht übernahm anschließend den Patienten und versorgte ihn mit professionellen Erstmaßnahmen.
Der Notarzt sorgte für Stabilisierung und Transportfähigkeit, durchgeführt von Spezialfahrzeugen der Bergwacht. Innenminister Joachim Herrmann war begeistert: „Die perfekte Verzahnung und Professionalität der meist ehrenamtlichen Rettungskräfte beeindruckt mich immer wieder.“