Mehr Wärme in Begegnungen

von Redaktion

Zwischen Himmel und Erde

Unserer Großmutter war es wichtig, uns Kindern noch zu lernen, freundlich zu grüßen. Weil sie so sehr Wert darauf gelegt und uns immer wieder dazu aufgefordert hat, habe ich das daheim auf dem Dorf auch verinnerlicht. Man grüßt einfach, wenn man einem anderen Menschen begegnet. Das Gleiche habe ich naives Landkind dann auch beim Wechsel auf das Gymnasium in der Stadt getan. Allerdings nur ein paar Tage. Sehr schnell wurde mir klar, dass ich hier in überraschte Gesichter schaue und mein kindliches Grüßen gar nicht gefragt ist. Dabei sind die Menschen in der Stadt grundsätzlich nicht unfreundlicher, man kann nur in einer anonymen Menschenmenge tatsächlich nicht alle fünf Meter „Grüß Gott“ sagen. Allerdings hat das zur Folge, dass wir andere damit nicht mehr wahrnehmen, weil wir einander überhaupt nicht mehr ins Gesicht schauen. Auf dem Fußweg vom Münchener Hauptbahnhof zum Funkhaus des Bayerischen Rundfunks gehe ich jetzt regelmäßig an hunderten Menschen vorbei und begegne dabei de facto niemandem. „Viel Kälte ist unter den Menschen, weil wir es nicht mehr wagen, uns so freundlich zu zeigen, wie wir wirklich sind“, sagte der Arzt Albert Schweitzer. Freilich werde ich auch weiterhin in der Großstadt keine wildfremden Menschen grüßen. Aber ich weigere mich aufzuhören, den Menschen zumindest immer wieder ein Lächeln zu schenken. Oft kommt auch eines zurück und dann bekommt mein Tag im wahrsten Sinn des Worts ein anderes Gesicht. Der offensichtlichen Verrohung unserer Gesellschaft können wir damit allein nicht entgegenwirken, aber grundsätzlich liegt das Klima unter uns Menschen schon auch in unserer Hand.

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