Die Geschichte sichtbar machen – das Erbe erhalten

von Redaktion

Ausstellung „Die Sudetendeutschen“ im Landratsamt eröffnet – Zeitzeugen berichten am morgigen Dienstag über ihre Erlebnisse

Rosenheim – Was haben die Mendelsche Vererbungslehre, der Schiffspropeller und der Räuber Hotzenplotz gemeinsam? Diese Frage stellte Landrat Otto Lederer den drei Dutzend Besuchern bei der Eröffnung der Ausstellung „Die Sudetendeutschen – unsere Geschichte, unsere Kultur, unser Leben“ im Foyer des Landratsamts. Er gab auch gleich die Antwort. Alle drei seien den Sudetendeutschen zu verdanken, die auch Teil der familiären Geschichte vieler Bürger im Landkreis seien. Der Gefahr, dass dieser Teil der Geschichte „in Vergessenheit gerät“ würde mit der Ausstellung begegnet, wofür er der Vorsitzenden der Kreisgruppe der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Gabriele Schleich, besonders dankte. Wie groß die Zahl der Geflüchteten und Vertriebenen und ihr Beitrag zum Wiederaufbau und zur wirtschaftlichen Entwicklung war, belegte der Vizepräsident der Sudetendeutschen Stiftung, Alexander Klein, mit Zahlen. Nach Rosenheim kamen über 7000 Personen, sodass ihr Anteil an der Bevölkerung 23 Prozent ausmachte. Ihre Unterbringung habe ein Problem dargestellt, nicht aber die Integration der neuen Bürger. Aufgrund ihrer Flexibilität hätten die größtenteils gut ausgebildeten Handwerker, Facharbeiter und Händler schnell Arbeit gefunden. Zudem habe es zwischen 1947 und 1948 laut Stadtarchiv 50 Betriebsgründungen von sudetendeutschen Unternehmern gegeben. Außerdem seien 28 Prozent der bayerischen Volksschullehrer Vertriebene gewesen. In der am 5. August 1955 beschlossenen „Charta der Vertriebenen“ wird sogar explizit erwähnt, dass die Vertriebenen „durch harte, unermüdliche Arbeit“ am „Wiederaufbau Deutschlands und Europas“ teilnehmen werden.

In der Ausstellung wird über die Geschichte der Sudetendeutschen und die Vielfalt der Kultur in ihrem Siedlungsgebiet informiert, das neben den Randgebieten des heutigen Tschechien auch einige Sprachinseln im Landesinneren, wie etwa Iglau, umfasste. Gemäß dem Motto der Landsmannschaft „Erbe erhalten, Gegenwart und Zukunft mitgestalten“ werde das Kulturgut laut Schleich weiter gepflegt. In diesem Sinne übernahmen Mitglieder des „Iglauer Singkreises“ die musikalische Umrahmung der Veranstaltung. Die Ausstellung im Foyer des Landratsamts in der Wittelsbacherstraße 53 ist noch bis 17. Oktober zu den Öffnungszeiten des Amts (Montag bis Freitag von 7.30 bis 12 Uhr und Dienstag und Donnerstag von 13 bis 17 Uhr) zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Am morgigen Dienstag berichten ab 15 Uhr Zeitzeugen über ihre Erlebnisse während und nach der Vertreibung. Am Dienstag, 8. Oktober, führen Gabriele Schleich und Ingrid Kröff die Besucher ab 15 Uhr durch die Ausstellung. als

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