Raubling – Siebeneinhalb Jahre: So lange vergeht im Durchschnitt vom Auftreten der ersten Symptome bis zur Stellung der Diagnose bei Endometriose-Patientinnen. Immer wieder kommt es zu Fehldiagnosen, wie die Endometriose-Vereinigung auf ihrer Website erklärt. Grund dafür sind besonders die enorme Vielfältigkeit der Symptome und die stark schwankende Ausprägung der Beschwerden.
Eine Krankheit mit –
und ohne Symptome
Während manche Frauen ganz ohne Symptome mit der Erkrankung leben, leiden andere wiederum unter starken, oft krampfartigen Schmerzen, Übelkeit und starken Menstruationsblutungen. Und das sind nur wenige von zahlreichen Symptomen, die auf Endometriose hindeuten können. Sogar Unfruchtbarkeit kann als Symptom auftreten.
Um das Thema mehr in das Bewusstsein der Bevölkerung zu bringen, findet jährlich der „Tag der Endometriose“, statt. Er wurde am gestrigen Sonntag begangen. Auch im Landkreis Rosenheim möchte man betroffene Frauen unterstützen. Durch die Förderkampagne „Frauen – sichtbar & gesund“ des Bayerischen Gesundheitsministeriums konnte in der Physiolounge Raubling ein kostenfreier Kurs ins Leben gerufen werden. Der Endometriose-Kurs unter Leitung von Alexandra Stolz soll Frauen helfen, den Umgang mit ihrer Erkrankung zu lernen.
Einen genauen Kursablauf kann Stolz allerdings noch nicht nennen. „Wir wollen es recht individuell handhaben“, erklärt die Physiotherapeutin im OVB-Gespräch. Geplant ist bisher ein kurzer Lehr-Anteil, indem noch einmal aufgeklärt werden soll, was Schmerz eigentlich ist und wie man damit umgehen kann. „Das Bild von Schmerzerkrankungen in der Gesellschaft ist tatsächlich etwas, was nicht ganz mit dem übereinstimmt, was eine Schmerzerkrankung wirklich ist“, sagt Stolz. Viele würden denken, dass Schmerz eine rein körperliche Erfahrung ist. Doch das sei so nicht richtig. „Es gibt gar keine Schmerzrezeptoren im Körper. Schmerz spielt sich hauptsächlich im Kopf ab.“ Im Kurs sollen die Betroffenen auch lernen, wie man „Einfluss auf das Schmerzerleben bei Endometriose nehmen kann“, sagt Stolz.
Die Physiotherapeutin weiß, wovon sie spricht. Sie ist selbst Endometriose-Betroffene. Aber wie funktioniert nun der „Einfluss auf das Schmerzerleben“? Besonders wichtig sei es laut Stolz, zu beobachten, was im Körper passiert, wenn man Schmerzen empfindet. Spanne ich an, halte ich den Atem an, oder kommen Gedanken, die nicht förderlich sind? All das sind Fragen, die man sich in solchen Momenten stellen sollte.
„Dann sollte man versuchen, an kleinen Stellschrauben zu drehen, um das Wohlbefinden zu steigern“, sagt Stolz. Oft sei es nämlich sinnvoll, nicht zu versuchen, den Schmerz loszuwerden, sondern zu überlegen, was man tun kann, um sich besser zu fühlen. Also beispielsweise weiter zu atmen oder die Muskeln zu entspannen. Viele Menschen hätten tatsächlich ein Problem damit, den Unterschied zwischen Anspannung und Entspannung der Muskeln zu spüren, erklärt Stolz. „Man glaubt gar nicht, wie viele Menschen nie gelernt haben, den Muskel loszulassen.“
Raum für
Austausch
Betroffenen rät Stolz, nicht an der Endometriose zu verzweifeln. „Bei vielen dauert es länger, bis man die optimale Therapieoption gefunden hat“, sagt sie. Sie wünscht sich auch, dass man sich nicht scheut darüber zu sprechen, um das Thema noch präsenter zu machen. Der Kurs in Raubling soll Betroffenen nicht nur im Umgang mit der Endometriose helfen, sondern ihnen auch einen Raum für den Austausch unter Betroffenen bieten. Die ersten beiden Endometriose-Kursblöcke in der Raublinger Physiolounge sind bereits ausgebucht. Im kommenden Jahr sind aber weitere Kurse geplant. Informationen unter https://physiolounge-raubling.de/.