Kritik am Kopfgeld auf Füchse

von Redaktion

Landkreis will mit der Prämie Seuchen eindämmen – Tierschützer: „Panikmache“

Rosenheim – Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Kopfgeld. Wer an den Bauhöfen in Riedering, Bad Aibling oder Wasserburg ein totes Tier abgibt, wird belohnt – mit zehn Euro. Allerdings muss es sich dabei um einen Fuchs handeln. Was ein wenig skurril klingen mag, soll einen wichtigen Zweck haben: die Eindämmung von gefährlichen Seuchen im Landkreis Rosenheim. Daher wurde nun im Kreisausschuss entschieden, dass es die nicht ganz unumstrittene Fuchsprämie auch weiterhin geben soll.

Hilfe im Kampf
gegen die Tollwut

Eingeführt wurde die Prämie in der Region 2009, in Zusammenhang mit der Tollwut-Bekämpfung. „Hintergrund war die verpflichtende Testung einer gewissen Anzahl von Füchsen pro Jahr auf Tollwut“, teilt eine Sprecherin des Landratsamts Rosenheim mit. Die Fuchsprämie sollte einen finanziellen Anreiz setzen, erlegte Tiere zur fachgerechten Entsorgung bei den Bauhöfen abzugeben. Weil nur die „fachgerechte und vollständige Entsorgung von Fuchskadavern in einer Tierkörperbeseitigungsanstalt die Weiterverbreitung von Infektionskrankheiten erheblich eindämmen kann“, betont die Sprecherin.

Und obwohl Bayern und Deutschland seit Jahren als tollwutfrei gelten, können Füchse noch andere Krankheiten übertragen: die Staupe und die Fuchsräude. „Die Staupe ist eine hoch ansteckende Viruskrankheit, die vor allem wild lebende Tiere wie Füchse, Marder und Frettchen betrifft“, erklärt Dr. Roman Mikus, Tierarzt aus Rosenheim. Das Gefährliche daran seien „die schweren und oft tödlichen Auswirkungen auf mehrere Organsysteme“, insbesondere auf die Atemwege, den Magen-Darm-Trakt und das zentrale Nervensystem. Typische Symptome sind Fieber, Husten, Nasenausfluss, Atembeschwerden, Erbrechen, Gewichtsverlust und neurologische Auffälligkeiten. Verbreiten könne sich das Virus über Körperflüssigkeiten, direkten Kontakt mit infizierten Tieren – und über „kontaminierte Oberflächen“ wie zum Beispiel den Eingang zum Fuchsbau.

Da das Virus dort auch Hunde – für Katzen und Menschen besteht keine Gefahr – befallen kann, rät Mikus dringend zu einer Impfung der Vierbeiner. Mit dieser sei die Ansteckung bei Hunden mit Staupe deutlich zurückgegangen. „In meiner Praxis habe ich in 20 Jahren nur zwei Fälle gesehen“, berichtet der Tierarzt. Bei den Wildtieren sei das letzte positiv auf Staupe getestete Tier 2016 im Landkreis und 2021 in der Stadt Rosenheim gefunden worden, teilt das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) auf OVB-Anfrage mit.

Dennoch sollten Spaziergänger mit Hunden vorsichtig sein. Auch eine Ansteckung mit Fuchsräude, eine Hauterkrankung, bei der ein Parasit die Haut befällt, sei jederzeit möglich. „Hunde können sich leicht infizieren, wenn sie in der Nähe von Füchsen sind oder in den betroffenen Gebieten spazieren gehen“, warnt Mikus. Daher könne die Räude für Hunde sehr gefährlich werden, „insbesondere wenn sie nicht rechtzeitig erkannt wird“.

„Die Milben, die die Räude verursachen, befallen die Haut des Hundes und führen zu starkem Juckreiz und Hautveränderungen“, sagt der Tierarzt. Unbehandelt könne die Erkrankung erhebliche gesundheitliche Probleme verursachen.

Ein weiteres Problem ist der Fuchsbandwurm. „Dieser verursacht die sogenannte Alveoläre Echinokokkose“, sagt Mikus. Diese sei potenziell lebensbedrohlich. Sowohl für Hunde und Katzen, die sich über infizierten Fuchskot anstecken können, als auch für Menschen, wenn sie die Eier des Fuchsbandwurmes über kontaminierte Erde, Wasser oder andere Gegenstände aufnehmen. „Dies kann aber auch durch den Kontakt mit infizierten Haustieren geschehen, wenn die Hygiene nicht ausreichend ist“, betont der Tierarzt.

Die Gefahr, die vom Fuchsbandwurm ausgeht, kennt auch Jakob Hündl, Vorsitzender der Jägervereinigung Rosenheim. Seiner Einschätzung nach ist jeder dritte Fuchs in der Region damit infiziert. Daher sei es wichtig, dass der Fuchs-Bestand mit „Maß und Ziel“ überwacht wird, damit sich Tierseuchen nicht weiter ausbreiten und auch Haustiere geschützt werden.

Die zehn Euro, welche ausschließlich die Jäger oder Jagdpächter erhalten, seien auch ein „gerechtfertigter Obolus“ für die Arbeit der Jägerschaft, meint Hündl. Schließlich komme es neben dem „klassischen“ Bejagen auch vor, dass Jäger nach einem Verkehrsunfall mitten in der Nacht gerufen werden, den toten Fuchs verpacken und beschriften und dann selbst zur Tierkörperbeseitigungsanstalt bringen müssen. Insgesamt wurden daher 2023 rund 18700 Euro aus dem Haushalt des Landkreises an die Jäger ausbezahlt – bei 1868 abgegebenen Fuchskadavern.

Dennoch gibt es auch Kritik an der Fuchsprämie, insbesondere von Tierschutzorganisationen. Und das aus mehreren Gründen. „Eine Prämie für die Tötung von Füchsen ist völlig absurd und entbehrt aus wildbiologischer Sicht jeglicher Logik“, sagt Peter Höffken, Fachreferent für Jagd und Wildtiere bei Peta. Vor allem, wenn dabei Steuergelder involviert seien. „Zumal der größte Teil der bei der Jagd getöteten Füchse gesund ist und mit einer Prämie auch die Tötung von noch mehr gesunden Füchsen angeheizt wird“, kritisiert Höffken.

„Tötung verursacht
Reihe von Problemen“

Zudem die „Panikmache hinsichtlich der Krankheiten“ aus fachlicher Sich nicht nachvollziehbar ist, sagt der Fachreferent. Die durch den Fuchsbandwurm ausgelöste Erkrankung sei ihm zufolge eine der seltensten Parasiteninfektionen Europas. Eine Ansteckung sei daher äußerst selten. Räude und Staupe stellen dem Peta-Referenten zufolge mit „moderner Medizin kein Problem mehr dar“, sagt Höffken. Daher ist er überzeugt: „Die Tötung von Füchsen löst keine Probleme, sondern verursacht eine ganze Reihe von Problemen.“

Auch, weil Füchse die „Gesundheitspolizei“ des Waldes seien, indem sie schwache und kranke Tiere erbeuten und Krankheitsherde somit eliminieren. Daher könne er nur appellieren, die Fuchsprämie zu streichen.

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