Wasserburg – Der Meggle-Gründerpreis wurde heuer zum zehnten Mal vergeben. Im historischen Rathaussaal der Stadt Wasserburg feierten 380 Gäste aus dem Wirtschaftsleben, aus Politik und Gesellschaft die drei Sieger-Unternehmen. Sie eint Mut und Innovationskraft sowie die Bereitschaft, eigene Ideen voranzubringen, betonte Moderator Alexander Mazza. Gastgeber war das Unternehmer-Ehepaar Marina und Toni Meggle, das den Preis 2012 aus Anlass des 125-jährigen Jubiläums der Meggle-Gruppe ins Leben gerufen hatte.
Heuer 75000 Euro
Preisgeld ausgelobt
Heuer gab es ein Preisgeld von insgesamt 75000 Euro, die höchste bisher ausgelobte Summe. Als Ehrengast begrüßte Marina Meggle den ehemaligen Spiegel-Chefredakteur und jetzigen Herausgeber der Tageszeitung „Die Welt“, Stefan Aust. Als Überraschungsgast kündigte sie außerdem den Ehemann von Olympia-Siegerin Jessica von Bredow-Werndl an.
Alle Gründerpreis-Gewinner kommen heuer aus dem Landkreis Rosenheim. Siegerin 2024 ist die maut1 GmbH aus Rosenheim. Das Unternehmen der beiden Gründer Julian Schmelzer und Simon Baumgartner beschäftigt sich seit 2020 erfolgreich mit der Vermietung elektronischer Mauterfassungsgeräte, kurz: Mautboxen. Dabei kann die Maut durch ein digitales Abrechnungssystem elektronisch und kontaktlos entrichtet werden. Zur Zielgruppe gehören Privat- und Geschäftsreisende. Die Gründerpreis-Jury belohnt diese Idee mit 35000 Euro.
Die zündende Idee
kam im Biergarten
„Überwältigend“, so umschrieb Julian Schmelzer das Gefühl, als er gemeinsam mit Simon Baumgartner den Scheck und die Trophäe aus den Händen von Marina Meggle und Geschäftsführer Matthias Oettel entgegennahm. Die beiden Gründer kommen aus derselben Branche, haben sich bereits gut gekannt, als sie sich entschlossen, ein gemeinsames Unternehmen ins Leben zu rufen. Die Idee entstand im Biergarten, wo Julian Schmelzer seinen Kumpel überzeugte, mit ihm die Maut1 GmbH zu gründen. Umsatz, Gewinn und Mitarbeiterzahl sind seit 2020 stark gestiegen, aus eigener Kraft habe das Start-up bereits Wirtschaftsdaten erreicht, die es zum Spitzenreiter der Gründerpreis-Gewinner macht, so die Jury.
„Wir sind ein
klasse Team“
Das liegt auch an einem starken Geschäftspartner: dem ADAC. In Südbayern vertreibt er an Spitzen-Reisetagen im Sommer 80 Geräte pro Tag an Autofahrer, die es satthaben, an den Mautstationen im Stau zu stehen. Der Meggle-Gründerpreis-Gewinner will sich zum Mobilitätsanbieter weiter entwickeln. Neues Produkt: automatisches Parken mit Kennzeichenerfassung.
Auf Platz zwei ist die ScaliRo GmbH. Für die Gründer Patrick Burkart, Florian Köster und Tim Nowak bedeutet dies ein Preisgeld in Höhe von 25000 Euro. Sie entwickeln eine herstellerunabhängige Softwarelösung für die Planung von fahrerlosen Transportsystemen (FTS) in Logistik- und Produktionsanlagen. Aufgrund der verstärkten Nutzung von automatisierten Logistiklösungen ergeben sich für das Rosenheimer Unternehmen große Wachstumschancen, hieß es in der Laudatio. Die Software-Lösung für Roboter und fahrerlose Transportsysteme gilt als einzigartig auf dem Markt. Über 100 Lizenzen sind nach Angaben des Unternehmens bereits verkauft worden, renommierte Geschäftspartner sitzen mit im Boot.
Die drei Gründer haben sich ebenfalls schon vor dem Start gekannt, sie wussten über die Fehler der gängigen Systeme und beschlossen: „Wir machen es besser und selber.“ Ihr Erfolgsgeheimnis: „Wir sind ein klasse Team.“ Auch sie kommen aus dem Gründerzentrum Stellwerk 18 in Rosenheim und arbeiten eng mit der Technischen Hochschule zusammen. „Wir sind stolz und dankbar“, brachte Tim Nowak die Gefühlslage der Zweitplatzierten bei der Preisverleihung durch Marina Meggle und Meggle-CEO Matthias Oettel auf den Punkt.
Richterin tüftelt ein
Erfolgsprodukt aus
Platz drei geht nach Stephanskirchen an die JaViAs GmbH. Im Jahr 2018 begannen Jacqueline und Vincent Aßbichler mit der Entwicklung des mechanischen Schutzkonzepts „buxit“. Durch das Netz mit Spikes wird die Eiablage des Buchsbaumzünslers verhindert, ganz ohne Begleitschäden bei anderen Insekten. Die Produktinnovation zeichnet die unabhängige Jury des Meggle-Gründerpreises mit 15000 Euro aus.
Die Preisverleihung war gleichzeitig eine große Überraschung: Denn Jacqueline Aßbichler ist ein bekannter Name, nicht in der regionalen Wirtschaft, sondern aus dem Gerichtswesen. Die Mitbegründerin ist Vorsitzende Richterin am Landgericht Traunstein. Eine Richterin als Tüftlerin? Sohn Vincent bestätigte, seine Mutter sei alles andere als eine gewöhnliche Richterin, sondern auch eine Frau, die „immer was verbessern muss“. Und die Ärgernisse wie den schädlichen Buchsbaum-Zünsler, der im heimischen Garten fast 100 Bäume zerfraß, nicht akzeptieren kann.
Gemeinsam mit ihrem Sohn tüftelte die Richterin das Schutznetz aus recycelbarem Kunststoff aus. Mutter und Sohn erwiesen sich außerdem als Marketing-Talente: Für das neue Produkt wirbt der „Kini“ auf Herrenchiemsee. Mit dem Preisgeld will das junge Start-up nun den Vertrieb weiter ausbauen. Jacqueline Aßbichler richtete Worte des Danks an das Ehepaar Meggle: „Mein Respekt an Sie, denn Sie denken auch in Zeiten, in denen sie ganz groß sind, an jene, die noch klein sind.“
Beim Festakt im Wasserburger Rathaussaal standen auch die allerersten Preisträger, Josef und Stefan Willkommer, Rede und Antwort. Mit ihrem Digitalunternehmen TechDivision erreichten sie bei der Gründerpreis-Premiere im Jahr 2012 Platz eins. Sie berichteten, welche positiven Auswirkungen die Auszeichnung auf den Geschäftsbetrieb hatte. Die dadurch erworbene Bekanntheit habe mit dazu beigetragen, dass TechDivision mittlerweile ein Global Player mit Zweigstellen in München, Hamburg, Zürich und Wien sowie Vertrieb in 50 Ländern der Welt sei.
Wie ein
„Oskar-Gewinn“
Zu den Kunden des Unternehmens, das Online-Shops und Webseiten entwickelt, gehört unter anderem die Marke Ritter Sport. Derzeit entwickelt TechDivision beispielsweise eine internationale Plattform für den digitalen Vertrieb der Deutz AG. Josef Willkommer betonte, der Meggle-Gründerpreis sei wie ein „Oskar-Gewinn“ gewesen: Bestätigung, Motivationsschub und Möglichkeit, Teil eines Unternehmens-Netzwerkes zu werden.
Auch die Preisträger 2023 haben sich positiv weiterentwickelt, zeigte der Festakt auf. „Bauchgfui“, ein Anbieter von „Slow Food“ aus Berchtesgaden, hat nach eigenen Angaben Umsatz und Gewinn im zweistelligen Bereich gesteigert. Die Familie Kraus hat das Preisgeld in eine eigene Gewürzmischung gesteckt. „TaTeeTaTa“, ein Tee-Vertrieb aus Inzell, ist ebenfalls auf Wachstumskurs, berichteten Christine und Thomas Paschen. Sie haben ihr Preisgeld in den Ausbau des Messestandes gesteckt, in neue Produkte und den Online-Shop. Die innFactory aus Rosenheim, die digitale Cloud-Lösungen für Mittelstand und Konzerne entwickelt, hat mittlerweile 30 Mitarbeiter. Sie habe die Kundenzahl vervierfacht, berichteten die Sieger von 2023, Maximilian Grassl, Anton Spöck und Tobias Jonas.
Lob von Söder: „Ein
inspirierender Preis“
Mit der diesjährigen Preisverleihung schüttete Meggle insgesamt Preisgelder in Höhe von über einer halben Million Euro (525000 Euro) aus. 26 der 27 Geehrten gibt es laut Alexander Mazza noch immer.
Ministerpräsident Markus Söder sprach in einer Video-Botschaft deshalb von einem „inspirierenden Preis“, der Bayern als Land der Start-ups vorangebracht habe und weiter voranbringe. „Wer braucht schon die Höhle der Löwen, wenn man den Meggle-Gründerpreis hat“, so Söders Anspielung auf die Vox-Gründershow. Ein weiterer Höhepunkt der Gala war ein Vortrag des Ehrengastes Stefan Aust.