Tosender Applaus für einen Kämpfer

von Redaktion

Mike Glemser appelliert im Kuko Rosenheim: „Kümmert euch um eure Vorsorge!“

Rosenheim – 16.57 Uhr: Vor den Türen des Kultur- und Kongresszentrums (Kuko) sammeln sich bereits einige Menschen. Viele tragen Trikots, Pullis und Jacken der Starbulls Rosenheim. Ein junger Mann trägt eine Fan-Weste mit Autogrammen und Aufnähern. Würde man nicht wissen, wer zu dieser Veranstaltung am vergangenen Montag als Ehrengast geladen ist, würden die vielen Eishockey-Fans vermutlich für Verwunderung sorgen.

Es soll an diesem Abend, organisiert durch das Landratsamt Rosenheim, um ein ernstes Thema gehen: Vollmacht und Patientenverfügung. Also vorsorgen für den Fall, wie ihn der ehemalige Starbulls-Spieler Mike Glemser erlebt hat.

„Manchmal geht
es schneller,
als man denkt“

Lange vor Vortragsbeginn positionieren sich die Starbulls-Fans in der ersten Reihe. Die Kamera wird ausgepackt, das Warten auf Mike Glemser beginnt. Währenddessen füllt sich der Saal. Trotz des eher trockenen und nicht wirklich spaßigen Themas sind an diesem Abend etliche Menschen gekommen.

Ob nun wegen Glemser, oder um sich zu informieren – am Ende hat zumindest jeder die wichtige Nachricht mit nach Hause genommen: Kümmert euch um eure Vorsorge!

Nach einer kurzen Anmoderation und der Begrüßung von Landrat Otto Lederer und dem Experten Stefan A. Scherer wird auch schon Mike Glemser angekündigt. Unter langem Applaus fährt er mit seinem elektrischen Rollstuhl auf die Bühne. Die Fans in der ersten Reihe halten die Kameras auf ihn. „Ich kann nur jedem empfehlen, sich frühzeitig darum zu kümmern“, appelliert Glemser direkt zu Beginn. „Ältere Personen denken vielleicht eher daran, aber gerade die jüngere Generation geht immer davon aus ‚Mir passiert das nicht‘.“ Auch er sei damals davon ausgegangen, dass es ihn nicht treffen wird. „Trotzdem habe ich erfahren müssen, dass es ganz schnell gehen kann.“ Allerdings muss man nicht unbedingt einen Risikosport betreiben, um in eine Lage zu gelangen, in der man eine Vollmacht oder eine Patientenverfügung benötigt.

„Ich habe im Krankenhaus und in der Reha Menschen kennengelernt, die bei ganz banalen Dingen verunglückt sind“, erzählt Glemser. „Der eine fällt die Treppe runter, der andere war Fahrradfahren und jemand reißt die Autotür auf… manchmal geht es doch schneller als man denkt.“ Dass es schneller geht, als man denkt, musste auch der Eishockeyprofi erfahren. Bei einem Spiel gegen den SC Riessersee am 3. Februar 2023 veränderte ein Zweikampf mit Gegenspieler Jan-Niklas Pietsch Glemsers Leben für immer. Der Eishockeyprofi krachte – wie berichtet – nach einem Check Kopf voraus in die Bande. Zwei Halswirbel brachen, der damals 25-Jährige war fortan querschnittsgelähmt.

„Ich war die ersten paar Tage nach meinem Unfall im Koma. Ich wurde beatmet und konnte nicht sprechen“, erzählt Glemser auf der Bühne. Da er nicht vorgesorgt hatte, war der weitere Weg schwierig. Niemand konnte für ihn Entscheidungen treffen. Daher musste er den notariellen Weg gehen – der zudem sehr kostenintensiv ist. „Man darf auch nicht vergessen, dass man in einer solchen Situation auch medikamentös eingestellt ist. Da ist man nicht so gut bei Bewusstsein“, merkt er an. Eigentlich sei es in einem solchen Fall besser, wenn man sich auf andere Dinge konzentrieren könnte. Zum Ende seines Auftritts spricht Glemser, der inzwischen in Pforzheim bei Stuttgart lebt, noch darüber, wie es ihm heute geht. Für den Umzug haben er und seine Freundin Lara sich entschieden, da dort führende Neuro- und Reha-Kliniken beheimatet sind.

Zudem ist Glemser ohnehin gebürtiger Stuttgarter und dadurch auch direkt näher an seiner Familie. „Es geht etwas voran, aber natürlich nicht so, wie man sich das wünscht“, sagt der 26-Jährige. „Aber man bleibt dran und versucht, das Beste, was der Körper hergibt, herauszuholen.“ Bevor er sich verabschiedet, erzählt der ehemalige Starbulls-Spieler noch, dass er am Tag zuvor das Spiel der Starbulls live im Stadion verfolgt hat.

„Es hat Spaß gemacht, mal wieder zuzuschauen“, sagt er. „Und die Jungs haben ja einen guten Job gemacht“, ergänzt er mit einem Schmunzeln und lobt damit den 3:2-Sieg gegen die Kassel Huskies.

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