Kontroverse um gewaltiges Kostenplus

von Redaktion

Hickhack im Kreisausschuss um den Umbau des Beruflichen Schulzentrums Wasserburg

Wasserburg/Rosenheim – Die Planungen für die Generalsanierung und Erweiterung der Beruflichen Oberschule sowie der Fach- beziehungsweise der Berufsoberschule (FOS/BOS) in Wasserburg können im kommenden Jahr beginnen. Eine erste Grobschätzung geht von Kosten in Höhe von 69 Millionen Euro aus, die sich jedoch deutlich erhöhen dürften. Im Kreisausschuss gab es jetzt ein kräftiges Hickhack wegen der Finanzierung. Was das Bauprojekt an sich betrifft, orientierte sich das Gremium in seiner jüngsten Sitzung im Rosenheimer Landratsamt am einstimmigen Empfehlungsbeschluss des Schulausschusses. Er sieht im Kern den Abriss aller sanierungsbedürftigen Gebäudeteile vor. Um den Campus-Charakter des Areals zu betonen, soll in der Mitte des Grundstücks laut Beschlussvorlage ein „verbindendes Zentrum“ für den gesamten Komplex entstehen.

Seit 2023
Schulzentrum

Die Unterrichtsstätten wurden bereits 2023 vom Kultusministerium in ein Schulzentrum umgewidmet. Landrat Otto Lederer (CSU) betonte, dass die vom Schulausschuss beschlossene Variante die sinnvollste sei. Hätte er sich nur zu einem Teilabriss durchgerungen, wäre in einem Fall das erforderliche Raumprogramm sogar um 500 Quadratmeter unterschritten worden. Mit der jetzigen Planung ergäben sich Synergieeffekte, die bei den Raumprogrammen eine Ersparnis von rund 1000 Quadratmetern ergäben.

„Etwas Gescheites, das man bauen soll“, nannte Sepp Hofer (Freie Wähler) die befürwortete Variante. Dennoch warf er in den Raum, das Projekt wegen der angespannten Haushaltssituation des Landkreises vorerst zu verschieben und einstweilen nur die Planung voranzutreiben. Hofer, der auch seit vielen Jahren im Bezirkstag sitzt, begründete seinen Vorstoß unter anderem damit, dass die Bezirksumlage, die der Landkreis zu entrichten habe, im kommenden Jahr kräftig steigen werde. „Wir müssen auf Sicht fahren“, sagte er.

Der Vorschlag war nicht nach dem Geschmack des Landrats. „In der Regel ist es dann so, dass die Maßnahme teurer wird“, sagte Lederer und verwies darauf, dass mit einem Baubeginn frühestens 2026 zu rechnen sei. Von Martina Thalmayr und Eduard Huber (Bündnis 90/Die Grünen) sowie Josef Fortner (ÖDP) wurde vor allem an der Tatsache Kritik geübt, dass dem Gremium keine Aussagen zur Klimarelevanz der einzelnen Varianten vorlägen.

„Auch wenn sich Investitionen in die Bildung lohnen, wir müssen die CO2-Bilanz von Baumaßnahmen künftig stärker im Blick haben“, forderte Thalmayr. Raublings Bürgermeister Olaf Kalsperger (CSU) konnte dieser Forderung im konkreten Einzelfall nichts abgewinnen. „Was soll denn bei der Klimabilanz rauskommen, wenn wir beispielsweise bei einer Sanierungsvariante 500 Quadratmeter Räumlichkeiten weniger haben? Natürlich ist die dann besser, aber wir brauchen eine zukunftsweisende Entscheidung. Deshalb ist ein Neubau sinnvoller, auch wenn die Sanierung auf dem Papier besser für das Klima wäre.“

Forderung nach
fairem Ausgleich

Im Wesentlichen drehte sich die Diskussion dann um die Frage, wann wie viel Geld im Haushalt für die Maßnahme bereitgestellt werden soll. Der Landrat verwies darauf, dass in der mittelfristigen Finanzplanung in den kommenden drei Jahren hierfür bereits 31 Millionen Euro vorgesehen seien und der Kreistag im Rahmen der Haushaltsdebatte eh das letzte Wort zu dem Projekt habe.

Dem Samerberger Bürgermeister Georg Huber (FWG/Parteiunabhängige) war wichtig, dass nicht die Gemeinden die Gesamtbelastung der Maßnahme über die Kreisumlage schultern müssen. Auch sein Bruckmühler Amtskollege Richard Richter (CSU) forderte einen „fairen Lastenausgleich“ zwischen Landkreis und Gemeinden, hielt aber von einer Verschiebung des Baubeginns wenig. „Wir haben einfach Handlungsbedarf. Die Neubau-Variante stärkt den Standort und hat die wenigsten Nachteile“, sagte er.

SPD-Fraktionssprecherin Alexandra Burgmaier nannte die Neubau-Variante eine „geniale Vorplanung“, zu der es ihrer Auffassung nach keine Alternative gibt. „Wenn wir uns für eine Lösung entscheiden, die nicht einmal das geforderte Raumprogramm einhält, das wäre ein Schildbürgerstreich“, so Burgmaier. Der Landrat ergänzte, bei den anderen Varianten, die den vorübergehenden Erhalt sanierungsbedürftiger Gebäudeteile vorsähen, kämen auf den Kreis mit Sicherheit zu einem späteren Zeitpunkt weitere Kosten zu. „Deshalb ist die Neubau-Variante die wirtschaftlich vernünftigste“, stimmte er mit der SPD-Kreisrätin überein.

CSU-Fraktionssprecher Felix Schwaller ging mit Richter konform, der prognostizierte, aufgrund der üblichen Preissteigerungen werde das Projekt am Ende rund 90 Millionen Euro verschlingen. Vor der Finanzierung durch den Landkreis ist Schwaller dennoch nicht bang. Knapp die Hälfte der Summe erhalte der Kreis an Fördermitteln, 50 Prozent des Restbetrages könne er dauerhaft aus Gastschulbeiträgen finanzieren. Sie fallen für Schüler aus Nachbarlandkreisen an, die in Wasserburg unterrichtet werden. „Da ist der Schmerz nur halb so groß“, konstatierte Schwaller. Er sieht den Eigenanteil, den der Landkreis stemmen muss, bei etwa 20 Millionen Euro.

Als sich zwar eine breite Zustimmung im Gremium zum Neubau abzeichnete, sich die Diskussion aber im Klein-Klein von Finanzierungsfragen zu verheddern drohte, erwies sich ein Geschäftsordnungsantrag von Franz Bergmüller (AfD) als Ausweg. Er sah die Zustimmung des Gremiums zur Planung der Neubau-Variante vor, beinhaltete im Gegensatz zur Beschlussvorlage der Verwaltung aber kein Votum des Kreisausschusses zur Finanzierung, über die eh der Kreistag final entscheiden muss.

„Vorbehaltlich der Zustimmung des Kreistags“ hatte es allerdings auch in der Beschlussvorlage geheißen. Ob es des Vorstoßes von Bergmüller deshalb überhaupt bedurft hätte, diese Frage wurde im Gremium zwar noch aufgegriffen, aber angesichts der fortgeschrittenen Zeit nicht mehr vertieft erörtert. Die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt zog sich etwa eineinhalb Stunden hin.

Mehrheit für
Antrag der AfD

SPD und Bündnis 90/Die Grünen wollten zwar den Neubau nicht blockieren, stimmten aber dennoch gegen die Mehrheit der Kreisräte, die sich mit dem AfD-Vorschlag einverstanden zeigte. Der Landrat versprach, dass die Verwaltung bis zur Haushaltsdebatte auch Ausführungen zur Klimarelevanz der einzelnen Planungsvarianten vorlege. Eine kleine Einschränkung machte er jedoch. „Wir müssen sehen, inwieweit sich zum jetzigen Zeitpunkt bereits seriöse Aussagen treffen lassen. Eine solche Berechnung in diesem frühen Stadium ist nach Auskunft der Fachleute nicht ganz einfach.“

Artikel 4 von 11