Rosenheim – Mit etwa 17845 Hektar Moorflächen ist der Landkreis Rosenheim einer der moorreichsten in ganz Oberbayern. Gegen zwei Stimmen hat der Umweltausschuss in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, aus Klimaschutzgründen die Renaturierung zentraler Moore im Landkreis weiter voranzutreiben. In den kommenden vier Jahren sollen deshalb maximal weitere 11000 Hektar aufgewertet werden. „Nur noch ein geringer Anteil der Moorflächen befindet sich in einem natürlichen, hydrologisch und ökologisch guten Zustand“, wird in einer Stellungnahme der Verwaltung die Notwendigkeit der Maßnahme befürwortet.
Landkreis übernimmt
die Vorfinanzierung
Landrat Otto Lederer (CSU) wies in der Sitzung auf einen großen Vorteil des Projektes hin. „Das kostet uns nichts. Die Förderung des Freistaates Bayern beträgt 100 Prozent.“ Lediglich die Vorfinanzierung der anfallenden Kosten müsse der Landkreis übernehmen.
Rund 6,35 Millionen Euro stellt das Land aktuell für solche Maßnahmen zur Verfügung, eine Kofinanzierung aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) wird angestrebt. Die Koordination des Projektes erfolgt durch sogenannte Moormanager, die möglichst eng mit dem Landschaftspflegeverband Rosenheim zusammenarbeiten sollen. Im Projektzeitraum ist nicht nur die Vernässung möglichst vieler Moorflächen innerhalb eines ausgewählten Kerngebiets vorgesehen, sondern auch die Sicherung weiterer Areale für eine Renaturierung zu einem späteren Zeitpunkt. Aktuell geht es um „acht prioritäre Moorgebiete“ vorwiegend im südlichen und westlichen Landkreis, die eine besonders hohe naturschutzfachliche Bedeutung oder großes Renaturierungspotenzial aufweisen“. In der Debatte äußerten vor allem Kreisräte aus den Reihen der Landwirtschaft die Befürchtung, das Projekt könne Bauern zum Nachteil gereichen, die in der Nähe dieser Renaturierungsgebiete Flächen für ihre Betriebe nutzen. „Wir dürfen für diese angrenzenden Gebiete keine Schäden heraufbeschwören“, forderte Kreisbäuerin Katharina Kern (CSU). Ihr Fraktionskollege Josef Paul plädierte dafür, „dass auf jeden Fall eine einvernehmliche Lösung mit betroffenen Landwirten gesucht wird“.
Dieses Versprechen gab Kornelia Walter, die für Naturschutz zuständige Sachgebietsleiterin im Landratsamt. Weil man Lösungen im Konsens anstrebe, könne sie derzeit noch nicht sagen, wie viele Hektar letztlich renaturiert würden. „Wir müssen die erforderlichen Gespräche ja erst führen und werden nichts über den Kopf der Landwirte hinweg machen“, so Walter.
Aus Sicht von Rainer Auer (Parteiunabhängige/ÜWG), zugleich Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz, ist die Befürchtung leicht zu entkräften, dass mit der Maßnahme „beste landwirtschaftliche Gründe“ verlorengehen könnten. „In der Regel handelt es sich um Filzengebiet, das vernässt wird. Damit kann man mit einer geringen Veränderung sehr viel Gutes bewirken“, begrüßte er die vorgesehene Renaturierung.
Der Landrat verwies unter anderem darauf, dass der Großteil der Rosenheimer Moore nach jahrhundertelanger Nutzung und der damit verbundenen Entwässerung „degradiert“ sei. „Durch die Trockenlegung werden erhebliche Mengen des im Torf gespeicherten Kohlendioxids (CO2) freigelegt“, so Lederer. Sie seien somit klimaschädlich. Intakte Moore hingegen entzögen der Atmosphäre CO2 und seien deshalb für den Klimaschutz wichtig.
Besonders ins Blickfeld rückte bei der Debatte die Gemeinde Raubling – vor allem wegen der großen Schäden, die hier nach Starkregenereignissen im Sommer dieses Jahres zu verzeichnen waren. Nicht wenige Betroffene sahen einen Zusammenhang zwischen Schadensbilanz und der Renaturierung der zum Gemeindegebiet gehörenden Nicklheimer Filze. Die zuständige Sachgebietsleiterin im Landratsamt gab auch in diesem Punkt Entwarnung. „Diese Schäden haben wir im Blick. Deshalb planen wir hier eine Kombination aus Renaturierung und Hochwasserschutz“, so Cornelia Walter. Die vorgesehenen Maßnahmen müssten von einem Hydrologen überprüft werden, auch das Wasserwirtschaftsamt werde eingebunden, versicherte sie.
Restlos überzeugt hatte sie die Skeptiker im Gremium mit diesen Auskünften nicht. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein abgesoffenes Moor Hochwasserschutz bietet. Das Wasser macht an der Grundstücksgrenze nicht Halt. Ich tue mir mit der Zustimmung hart“, sagte beispielsweise Christian Rinser (CSU). Auch Kreisbäuerin Katharina Kern legte nochmals nach. „Trockengelegte Moore sind bei Starkregen wie Schwämme, die Wasser aufsaugen können und Schutz vor Überschwemmungen bieten. Wir müssen auf jeden Fall mit Augenmaß an das Projekt herantreten.“
Bergmüller sagt:
„Politischer Fehler“
Eine Vorgehensweise, die Kornelia Walter zusicherte. „Gerade wegen des Hochwasserschutzes wollen wir die Staukapazität nicht voll ausnutzen.“ Franz Bergmüller (AfD) konnte sie auch mit dieser Zusage nicht zu einer Zustimmung bewegen. Ihm sind die Mittel insgesamt zu hoch, die der Freistaat für die Renaturierung von Mooren ausgeben will. „Ich halte das für einen politischen Fehler. In Zeiten knapper Kassen müssten wir andere Prioritäten setzen“, begründete er seine grundsätzliche Ablehnung.