Acht Moore sollen renaturiert werden

von Redaktion

Der Landkreis Rosenheim gibt Gas in Sachen Klimaschutz. Mit 6,5 Millionen Euro sollen acht Moore im Landkreis Rosenheim renaturiert werden. Doch ohne die Privatbesitzer geht es nicht.

Rosenheim/Landkreis – Der Landkreis Rosenheim will sich aus dem Klimaschutzprogramm „Bayern 2050“ langfristig Mittel sichern. Deshalb gibt er jetzt bei der „Renaturierung zentraler Rosenheimer Moore“ nochmal ordentlich Gas und reicht ein großflächiges Renaturierungsprojekt bei der Regierung von Oberbayern ein. Ziel ist es, in den kommenden vier Jahren Fördermittel in Höhe von 6,5 Millionen Euro abzurufen.

17845 Hektar
Moorfläche

Damit sollen weitere Bereiche in den Rosenheimer Stammbeckenmooren, im Halfinger Freimoos und Stucksdorfer Moos, in der Lienzinger Filze, Eisenbartlinger Filze, Ahamer Filze, Blindfilze und Riederfilze renaturiert werden. „Dabei handelt es sich vorrangig um Moorgebiete, in denen wir in den vergangenen Jahren schon aktiv waren und Teilbereiche renaturiert haben“, erläutert Moormanagerin Veronika Kloska vom Landratsamt.

Der Landkreis Rosenheim ist mit 17845 Hektar Moorfläche einer der moorreichsten Landkreise in Oberbayern. Schon seit 2005 werden großflächig Renaturierungen durchgeführt. So wurden allein in den Rosenheimer Stammbeckenmooren einige hundert Hektar wieder vernässt. Die neuen Projekte werden bis Ende des Jahres bei der Regierung von Oberbayern eingereicht. „Mit der Fördermittelzusage rechnen wir Anfang 2025“, so Kloska. Im Frühjahr sollen die Arbeiten beginnen. Mit Potenzialanalysen. Und mit Überzeugungsarbeit. Denn während der Landkreis und die Bayerischen Staatsforsten auf ihren Flächen seit Jahren aktiv sind, ist ein Großteil der nicht renaturierten Flächen im Privatbesitz. „Wir haben schon viele Gespräche geführt, aber die Ängste der Eigentümer sind groß“, informiert Kloska. Dabei gehe es nicht nur um „die Reaktion der Nachbarn“ auf die Renaturierung. Auch die Angst, dass landwirtschaftliche Flächen unter Wasser gesetzt werden und dann schwerer zu bewirtschaften sind, ist groß. In den Hochmooren ist – außer der Holzgewinnung – kaum eine landwirtschaftliche Nutzung möglich. „Oft wäre ein Verzicht auf Produktionsflächen oder die Umstellung der landwirtschaftlichen Nutzung erforderlich, um den wertvollen Lebensraum Moor mit seiner Biodiversität, seiner Bedeutung für das Klima und als Wasserretentionspotenzial wiederherzustellen“, macht Veronika Kloska klar.

Ziel ist es, den Wasserstand in den Mooren auf ein natürliches Niveau anzuheben. „Dies liegt etwa bei zehn Zentimetern unter Gelände. Große Wasserflächen sollen dabei also nicht entstehen“, erläutert die Moormanagerin. Dabei müsse aber sichergestellt werden, dass Grundeigentümer, die nicht einverstanden sind, nicht von der Renaturierung betroffen werden. „Mittlerweile gibt es aber auch Förderprogramme, wie das sogenannte Moorbauernprogramm, das den Landwirten einen Anreiz geben soll, auf eine moorverträglichere Nutzung umzustellen.“

Noch schwerer als die Ängste aber wiegen die Vorurteile: Wie sich erst jüngst im Umweltausschuss des Kreistages zeigte, hat sich in den Köpfen vieler Menschen der Irrglaube manifestiert, dass trockengelegte Moore das Wasser besser speichern als renaturierte Moore. Doch das ist falsch, wie Hydrologen seit Jahrzehnten immer wieder geduldig erklären: „Durch den Torfabbau zerstörte Hochmoore regenerieren sich nicht von selbst. Die Entwässerungsgräben von einst sind noch vorhanden und wirksam. Das bedeutet: In einem nicht renaturierten Moor schießt bei Starkregen das Wasser über diese Gräben ungebremst aus der Fläche heraus“, erläutert Veronika Kloska. Das bayerische Umweltministerium sagt es noch drastischer: „Im entwässerten Zustand können Moore Hochwassersituationen verschärfen.“ Sind die einstigen Entwässerungsgräben aber verschlossen, passiert das nicht. „Dann wird das Wasser auf der Fläche gehalten, der Abfluss verlangsamt und die Hochwasserspitze abgemildert“, so Kloska.

Dass es tatsächlich so ist, wollen viele mit einem Fingerzeig auf die Unwetterkatastrophe vom 3. Juni trotzdem nicht glauben. Doch da war die hydrologische Situation so extrem, dass es keine Rolle mehr spielte, ob ein Moor renaturiert ist oder nicht. „Tagelange Regenfälle hatten alle Oberflächen natürlich versiegelt. Die Speicherkapazität der Wiesen und Felder war erschöpft, die gesamte Landschaft gesättigt“, erklärt Dr. Hadumar Roch vom Wasserwirtschaftsamt. So ergoss sich der Starkregen als flächenhafter Oberflächenabfluss und Wildbachhochwasser wie eine Sturzflut aus den Bergen zum Inn über Landschaft und Infrastruktur.

Bei der jetzt geplanten Renaturierung der Moore geht es aber vor allem um den Klimaschutz. „Da haben intakte Moore eine essenzielle Bedeutung, denn sie fungieren als CO2-Speicher, nehmen Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf und binden das klimaschädliche Gas langfristig im Torf“, erläutert Veronika Kloska. Zudem bieten sie bedrohten Tier- und Pflanzenarten einen einzigartigen Lebensraum. „Natur-, Boden- und Hochwasserschutz sind zusätzliche positive Effekte, die wir mit den Projekten erreichen können.“

Die aktuelle „Förderkulisse“ umfasst ein Gebiet von circa 54000 Hektar, etwa 11000 Hektar davon sind Moore im Besitz des Landkreises, des Freistaates und von Privatpersonen. Die Bayerischen Staatsforsten wollen bis 2030 etwa 2700 Hektar Moor in ganz Bayern renaturieren. Dazu gehören beispielsweise etwa 135 Hektar in den Hochrunst- und Kollerfilzen im Bereich von Nicklheim. Dort sollen im kommenden Jahr rund 340 Torfdämme eingebaut und Bäume gefällt werden, die auf den vormals entwässerten Flächen angepflanzt wurden. In verschiedenen Bereichen des Geländes werden Kontrollpegel platziert, um die Entwicklung des Moorwasserspiegels im Gelände und Grenzbereich zu Wohnsiedlungen zu beobachten.

„Auch der Landkreis plant im Verbund aus Sterntaler und Raublinger Filze weitere Renaturierungsmaßnahme“, informiert Veronika Kloska. Hier befinden sich unter anderem Abgebrannte Filze, Aiblinger und Rohretfilze im Privatbesitz. Doch um im Förderprogramm auch private Moore renaturieren zu dürfen, braucht es das schriftliche Einverständnis der Besitzer: „Deshalb suchen wir das Gespräch mit den Eigentümern, bieten ihnen den Kauf ihrer Flächen an oder den Eintrag einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch oder eine auf 30 Jahre befristete Pacht ihrer Flächen“, erklärt die Moormanagerin.

Nur wenn sich eines der Modelle umsetzen lässt und Flächen für eine Moorrenaturierung zur Verfügung stehen, können konkrete Planungen, Renaturierung, Landschaftspflege und Monitoring beginnen.

Künftig drei
Moormanager

Um das Mammutprogramm der kommenden vier Jahre bewältigen zu können, soll das Team der Moormanager von derzeit 1,25 auf drei Stellen aufgestockt werden. Zudem werden die Arbeiten von erfahrenen Planungsbüros begleitet und von Landschaftspflegeunternehmen durchgeführt. „Das Gebiet ist riesig“, bleibt Veronika Kloska trotz des millionenschweren Klimaschutz-Aufwindes realistisch: „Jeder Hektar renaturierten Hochmoores spart jährlich rund 15 Tonnen CO2 ein. Wenn wir in vier Jahren also weitere 100 Hektar Moor renaturieren könnten, vermeiden wir langfristig 1500 Tonnen CO2 im Jahr.“

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